Bewertung: 4 / 5
Mit Black Widow meldet sich das MCU eindrucksvoll zurück. Der Film ist toll. Er unterhält gut, liefert hier und da die marveltypischen Elemente. Dennoch ist der emotionale Kern dieses Films teils stärker als in anderen MCU-Werken ausgeprägt. Schuld und Wiedergutmachung ist ein großes Thema und sollte dies tatsächlich der letzte Auftritt von Scarlett Johansson als Black Widow sein, so verabschiedet sie sich auf einem Höhepunkt. Doch Marvel wäre nicht Marvel, wenn nicht die ein oder andere Tür doch noch aufgestoßen wird...
Black Widow-Kritik
Auch wenn Black Widow (Scarlet Johansson) sich heldenhaft in Avengers - Endgame opferte, so darf sie in ihrem neuen Abenteuer noch einmal groß auftrumpfen. Angesiedelt unmittelbar nach den Ereignissen von The First Avenger - Civil War, bzw. kurz vor dessen Ende, dient der Film als nachgereichte Originstory für Natascha. Mitten in den laufenden Wirrungen muss sich Natasha endgültig ihrer Vergangenheit stellen und eine Verschwörung aufdecken, die nicht nur sie in Gefahr beringt.
Trailer zu Black Widow
Die erste Frage, die einem bei Black Widow in den Sinn kommt, ist, warum es diesen Film nicht schon viel früher gegeben hat. Wer jetzt Corona ruft, hat die Frage nicht verstanden und darf sich mit einer Sechs setzen. Black Widow ist der Film, den Scarlett Johansson schon vor Jahren verdient gehabt hätte, gehört sie doch mit zu den am längsten im MCU aktiven Figuren, seit sie 2010 in Iron Man 2 eingeführt wurde. Ob Marvel sich nicht sicher war, ob der Charakter Natasha Romanoff einen Film alleine tragen kann, ist spekulativ. Fakt ist: Sie kann es! Und während andere Figuren und Gruppen mehrteilige Reihen bekamen, war Black Widow bis heute nur Beiwerk.
Doch zum Glück hat man sich bei Marvel letztlich dazu entschlossen, doch noch einen Film wie Black Widow zu machen. Fern ab von Magie, dem Weltraum oder Überwesen, wird hier ganz klassisch eine Spionagegeschichte erzählt, die das MCU um eine neue Facette erweitert. Black Widow wirkt in seinen besten Momenten wie ein Mix aus Daniel Craigs James Bond (Plot), Mission: Impossible (bodenständig abgehoben) und den Jason Bourne-Filmen (Kämpfe). Dies gemixt mit den MCU ergibt eine wahrlich launige Mischung.
Auch optisch weiß Black Widow zu gefallen, es gibt tolle Aufnahmen und Einstellungen, und dazu tragen vor allem die echten Drehorte bei, und auch wenn die Liste der Spezialeffektfirmen am Ende lang ist, wirkt der Film immer sehr authentisch. Die Dreharbeiten in Norwegen, Marokko und Budapest haben sich auf jeden Fall ausgezahlt und bereichern den Film. Und in all diesen Szenen darf Johansson glänzen. Sonst immer nur zur Nebendarstellerin verdonnert, nutzt sie hier die Möglichkeit als Hauptdarstellerin zu überzeugen vollkommen aus. Dabei wird der Film auch durch die anderen Figuren bereichert, vor allem da Black Widow die Chance nutzt, teils neue Gegner und Verbündete einzuführen. Zwar ist es schade, dass William Hurt nicht stärker im Film involviert wird und vor allem zur zeitlichen Einordnung genutzt wird, dafür können David Harbour, Ray Winstone oder Rachel Weisz umso mehr überzeugen. Dabei zeigt sich wieder einmal, wie geschickt es Marvel schafft, seine Comicverfilmungen mit bekannten und teils oscarprämierten Schauspielern aufzuwerten.
Natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt, so hat die Story schon ab und zu seine WTF-Momente und obwohl Natasha die meiste Zeit auf der Fluch ist und nach ihr sogar im TV gefahndet wird, bewegt sie sich einen Großteil des Films unter Menschen. Aber dies sind die kleinen Stolpersteine, mit denen MCU-Filme immer mal wieder zu kämpfen haben, genauso wie mit dem Problem, dass Schurken und Oberbösewichte immer nur so stark sein dürfen, wie es die Situation gerade erlaubt. Glücklicherweise sind dies bei Black Widow nur kleine Ecken und Kanten, über die wir gern hinweggesehen haben, da der Film eine überraschend runde Sache geworden ist. Vieles erinnert an The Return of the First Avenger, der trotz niedriger Erwartungshaltung seinerzeit zu einer positiven Überraschung wurde.
Black Widow ist aber auch ein gutes Beispiel für eine aktuell immer wieder geführte Diskussion, die vor allem auch bei James Bond - Keine Zeit zu sterben einsetzte. Immer wieder gibt es Gerüchte und Diskussionen, männliche Figuren durch weibliche zu ersetzen, mit zu erwartetenden Grundsatzdebatten. Wie unnötig dies ist, zeigt dieser Film. Wenn Hollywood will, gibt es sehr wohl starke Rollen für Frauen, ohne das man bekannte Figuren einer Geschlechtsumwandlung unterziehen muss. Dies hatten Frauen noch nie nötig und diese taffen Mädels gab es schon immer, nur muss Hollywood ihnen in mehr Filmen eine Chance geben. Dann fühlt sich dies auch natürlich an!