Bewertung: 3.5 / 5
Gerade hat es das MCU nicht sonderlich leicht bei mir: seit Endgame gab es gefühlt keinen einzig guten Film, eine Gurke jagte die nächste. Black Widow (zu spät und Hauptdarsteller zum Nebendarsteler im eigenen Film degradiert, von wegen Staffelübergabe), Shang Chi (Fantasy-Asien mit Plüscheffekten und Verhunzung vom Mandarin aufs Übelste), Eternals (langeweile vor dem Herren und schlechte Motivation aller Akteure, von Venom (tatsächlich besser als gedacht) und Morbius sprechen wir lieber erst gar nicht. Einzig Spider-Man konnte die Fackel hoch halten. Und der war ja von Sony. Also keine sonderlich guten Vorzeichen.
Gehen wir noch einen weiteren Schritt zurück, nebenher hat das MCU mit Disney+ auch noch einen Haussender, wo es gewisse Konzepte versendet, die schon sehr wichtig für die Filmlandschaft sind, aber irgendwie wird das immer schön klein geredet. Alleien das Konzept des Multiversums geht nun schon gefühlt ins 20. Produkt ein, bzw. gerade spielt gefühlt jedes MCU-Produkt mit dem Konzept des Multiversums, sei es Loki (Serie), Spider-Man (Sony) oder halt nun Dr Strange. Und irgendwie bauen sehr viele Elemente aufeinander auf. Wenn man da nicht alles schön mitverfolgt, ist man mal ratzfatz auf verlorenem Posten.
Trailer zu Doctor Strange in the Multiverse of Madness
A Propos man muss alles mitverfolgen: Es ist sehr wichtig für diesen Film vorher die Serie Wandavision gesehen zu haben, im Grunde genommen setzt dieser Film genau dort an, wo Wandavision endete. Und ganz ehrlich, das ist wirklich sehr sehr ärgerlich. Gefühlt ist jeder Film, jede Serie mittlerweile nur ein Teaser für irgendein anderes Produkt und bekommt gar keine Auflösung mehr spendiert, es geht immer weiter, ohne Unterlass, ohne jegliche Orientierung, da es mittlerweile in alle Richtungen streut (Mature Content mit Moon Knight, Witchcraft mit Wandavison und Dr Strange, Kinderquatsch mit Ms Marvel, demnächst Horror mit Blade, Asiaten mit Shang Chi, Dunkelhäutige mit Black Panther, die Old School Fans mit Cap und Winter Soldier usw usf), das fühlt sich fast wie ein Krebsgeschwür an, dass einfach alles attackiert, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.
Also mit diesem genervten Unterbau habe ich mir nun den neuen Dr Strange angeschaut, von dem ich übrigens nur etwas erwartet habe, weil ein gewisser Raimi als Ersatzregisseur eingesprungen war. Dessen Vorgänger, der gerade überall abgefeiert wird, halte ich für einen Blender und war daher auch recht zuversichtlich, dass da schon was interessantes bei rum kommen könnte.
Fangen wir mal beim Offensichtlcihen an, der oberflächlichen Geschichte: Die Fortsetzung von Wandavision und der Game of Thrones Effekt: Wanda macht urplötzlich einen auf Daenerys und die Leute finden diese charakterliche Entwicklung passt einfach mal so gar nicht, und verteufeln daher ihre Entwicklung in Dr Strange. Ja, kann man machen, ist probat. Aber ich würde da lieber einen Schritt zurück gehen und mir das Ende von Wandavision nochmal zur Gemüte führen. Wanda hat da unvorstellbar Schlimmer getan und kommt mit einem: Sie hat getrauert, ist ok, Achselzucken davon? Really? Wieso ist da so viel Goodwill? Wieso läuft sie davon und es sieht so aus, als wäre alles ok. Nur die After-Credit-Szene alleine als Indiz ist ehrlich gesagt zu wenig. Da hätte bei so vielen Folgen durchaus mehr Unterbau her gemusst. Dass das jetzt so abrupt wirkt, dafür kann das MCU durchaus was, aber ganz sicher nicht der vorliegende Film, sondern die Serie, die sich eben um Wanda kümmerte. Dieser Film ist ein Dr Strange Film.
Und das ist er trotz der Fülle an Handlung, die ohnehin schon drin ist, ohne Probleme und zum Bersten voll, denn hier wird tatsächlich dem Charakter Dr Strange mehr Raum zugestanden als es in den zweiten Filmen der alten Recken jemals der Fall war, so viel Introspektive hatten wir noch bei keinem zweiten Teil eines MCU Helden, und vor allem passt hier einfach jedes Rad ins nächste, Dr Strange wird domestiziert und kommt über etwas hinweg, er wird glücklich. Und er kommt mit sich selbst ins Reine. Das ist etwas, was man dem Film sehr hoch anrechnen muss.
Die Darsteller machen allesamt ihre Sache gut, selbst die andernorts viel kritisierte Darstellerin des Macguffins, sicherlich wird sie nochmal irgendwie wichtig werden, mal schauen. Tatsächlich passen auch die Cameos perfekt, übriegens ALLe Cameos aus allen Multiversen selbst aus dem Evil Dead Universe.
Die Inszenierung ist wie man es von Raimi erwarten kann in solch einem Blockbuster, immer ein bichen trashig mit seine typischen inszenatorischen Markenzeichen, welche auch ein bißchen auf seine Horror-Herkunft hinweisen. Das einzige was wirklich schlecht ist, ist die Musik, aber gut, man kann ja nun mal nicht alles haben.
Was aber diesen Strange über die Norm hebt ist die Erkenntnis, dass die Helden allesamt eben kein Happy End haben werden, das einzige Ende, dass es für diese Figuren gibt, ist Verdammnis und Tod. "Der Held bekommt nicht die Prinzessin". Die einzige Ausnahme war Cap in Endgame, aber sonst ist keinem ein Happy End vergönnt. Und das ist schon eine melancholische Erkenntnis für einen selbsternannten Superheldenblockbuster.
Alles in allem versöhnt mich auch der Fakt, dass wir hier endlich wieder einen vollständigen Film mit Anfang und Ende haben mit abgeschlossener Handlung. Ja die alten MCU Phasen waren auch immer abstrakt aber sie hatten zumindest abgeschlossene Filme, und zumindest das wäre schön, wenn wir wieder dort ankommen könnten.
Alles in allem ein wirklich brauchbarer Film, der Dr Strange sympathis werden lässt, sich mit sich selbst ins Reine bringt, eine wirklich gute Antagonistin hat, die auch ein nachvollziehbares Motiv hat, also alles paletti für die nächsten Abenteuer des good old Dottore