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Ekel

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Ekel Kritik

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Ekel Kritik
0 Kommentare - 03.03.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Ekel" ist.

Bewertung: 4 / 5

Die junge Belgierin Carole Ledoux (Catherine Deneuve) lebt zusammen mit ihrer Schwester Hélène (Yvonne Furneaux) in London. Sie arbeitet als Maniküre in einem Salon. Sie selber ist schüchtern und introvertiert und es wirkt so, als lebe sie in ihrer eigenen Welt. Besonders Männern gegenüber ist sie abweisend und hasserfüllt. Annäherungsversuche ihres Verehrers Colin (John Fraser) und ihres Schwagers Michael (Ian Hendry) empfindet sie mehr als nur unangenehm. Als sie bald zwei Wochen alleine in ihrer Wohnung ist, verliert sie nach und nach den Kontakt zur Realität und träumt von männlichen Schreckensgestalten.

Psychopathologisch auf Filme zu blicken ist eigentlich eine Tugend, die relativ quatschig anmutet. Wenngleich man bei so einigen Regisseuren schon mal die Meta-Ebene zurate ziehen möchte, ist es aber dann wiederum etwas, was vom eigentlichen Kern einer Geschichte ablenkt. Also lassen wir es doch als anfängliche Anekdote im Raum, wenn wir über Ekel sprechen. Ein Film über den Horror der Banalität, das Leiden einer Frau und das ausgerechnet von keinem geringeren Roman Polański. Nun ist Ekel mit Sicherheit ein unglaublich komplexes Werk. Das wird schon deutlich, wenn man die ersten Minuten hinter sich gebracht hat. Eine junge Frau, beziehungsunfähig und dennoch in den 1960er Jahren irgendwo abhängig von Männern, die immer tiefer in einen surrealen Albtraum versinkt. Ekel ist eine Metapher und vielleicht nicht nur eine spezifische Metapher. Nun ist klar, daß der Film dabei recht unzugänglich bleibt, zumindest wenn man nicht auf einer Meta-Ebene denkt. Denn hier beobachtet man eigentlich Banales, daß immer mehr ins Absurde abdriftet, wenn man keine Lust hat, den Film zu analysieren. Wie man Ekel also empfindet, ist ganz spezifisch intellekt- und tagesformabhängig. Denn ein einfacher Film ist das sicherlich nicht.

Nun handelt der Film also von einer recht naiven Frau, die die Blicke und das Verlangen von Männern auf sich zieht. Auch der verarbeitete Freund ihrer Schwester hat ein Auge auf sie geworfen. Ebenso wie der fast trostlose Colin, der mit Avancen versucht, das Herz der Frau für sich zu gewinnen. Doch so ganz stimmt das eigentlich auch nicht, denn wann immer im Ekel von Beziehungsmodellen gesprochen wird, sind diese eher oberflächlicher Natur. Es geht hier nicht darum, die große Liebe zu finden, sondern eher einen Fick für zwischendurch. Ekel erweist sich damit als einer der wohl frühesten Vertreter des Rape-and-Revenge, das vor allem im Exploitation-Film Hochkonjunktur erfahren sollte. Auch wieder eine Andeutung, wieder verwirrende Bilder und es ist klar, daß der Zugang, den Polański zu seiner Hauptfigur findet – besser gesagt den der Film findet – nicht so konventionell gerät. Immer weiter taucht der Film dabei in den Schrecken des Alltags ab. Etwas, was Polański spätestens mit Rosemaries Baby (1968) perfektionieren sollte. Hier hingegen ist alles noch recht einfach gedacht und der politische Tiefschlag ist vielleicht auch nicht so hart, weil man immerhin eine unverheiratete Frau in den Fokus stellt, nicht aber Eheleute. Natürlich ist Ekel damit alles andere als konservativ. Doch die Heiligtümer des Werteverständnisses greift der Film dann etwas seichter an. Und es ist auffallend traurig und brillant zugleich, daß ein Film wie Ekel heute immer noch einen Tabubruch darstellt.

Dabei fällt ebenso auf, wie schnell sich die Meinung zu Ekel schon während des Schauens und auch kurz danach immer weiter verbessert. Nun mag es geschulten Augen sicherlich leicht fallen, etwaige Allegorien, Metaphern und Vergleiche in Ekel schnell zu analysieren. Dafür ist das Werk auch ehrlich gesagt zu gut konstruiert und verliert sich eben nicht in den Belanglosigkeiten modernerer Skripte. Die Angst vor dem Alltag mausert sich dann im weiteren Verlauf zum Kern von Ekel. Denn wenn Carole Ledoux nach und nach immer weiter in die grauenhafte Psyche versinkt, fürchtet sie sich ebenso vor sozialen Gepflogenheiten und Umgängen mit anderen Menschen. Es ist klar, daß die Wohnung das Zentrum ihres Universums werden soll. Und dann bleibt ja die Frage über, warum dem so ist. Nun ist das eine Frage, die vielleicht gar nicht so einfach zu beantworten ist und für manchen wohl auch nicht von Relevanz scheint. Aber wenn man darauf blickt, was der Film zeigt, dann ist der Rückzug ins eigene Heim eben auch nur einfach das: Ein Rückzug. Polański taucht immer weiter eine verzehrte Realität ab und offenbart auch eine wahrhaftige, fast schon zynische Ironie im häuslichen Leben. Denn der Ort der Angst ist die Außenwelt. Doch die Angst kommt dennoch nach innen und verfolgt diese Figur. Gleichsam zeigt der Regisseur damit auch auf, was vielen, die an klassische Rollenmuster glauben und das leben, eben nicht so klar zu sein scheint. Denn es gibt hier kaum etwas Gruseligeres, als ein Leben in Gefangenschaft. Und genau das ist der Albtraum.

Zumindest einer von ihnen. Denn was man auch klar erkennen kann, ist der Wert der Frau. Carole Ledoux ist eine migrierte Französin in der Großstadt. Ob ihre Nationalität eine so wichtige Rolle spielt, wie die Tatsache, daß sie weit vom eigentlichen Zuhause entfernt ist, sei mal dahingestellt. Tatsächlich ist ihre Beziehung zu Männern aber dann doch interessant. Denn diese werden von Carole reihenweise abgewiesen und jede körperliche Berührung oder Nähe sorgt dafür, daß sich die junge Frau eben waschen oder reinigen muss. Je nachdem, welchen Terminus man da präferiert. Ekel erklärt sich schon im Titel und erweist sich damit fast schon zur Antithese der sexuellen Revolution. Zumindest oberflächlich betrachtet. Denn es ist durchaus ungewöhnlich für einen progressiven und fortschrittlichen Filmemacher, besonders in den 1960ern Sexualität etwas Negatives abzugewinnen. Doch das wiederum ist vielleicht auch gar nicht so, sondern viel eher einfacher gedacht. Es geht in Ekel eher darum, daß man als Frau scheinbar keine Kontrolle über das eigene Dasein und damit den eigenen Körper in den 1960er Jahren hatte. Und wenn man mal jüngere Skandale berücksichtigt, dann zeigt sich, daß das keine weit hergeholte These ist. Also ist Sex hier nur stellvertretend und ebenso metaphorisch der wahre Ekel. Viel eher sind es Übergriffigkeiten und sexueller Missbrauch. Der hier im Falle der Figur zum Ende hin auch angedeutet wird.

Die große Kunst in Ekel liegt darin, die Banalität des Alltags, Rollenbilder und Erwartungen als gruselig zu empfinden. Vielleicht ist der Film etwas zu künstlerisch und damit unzugänglich, dennoch gelingt es Polański einen leider sehr zeitlosen Film zu kreieren, der mit den Jahren nichts an Aktualität verloren hat.

Ekel Bewertung
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810

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