Bewertung: 5 / 5
Der zehnte Film der Reihe mit dem märchenhaften Titel Der Spion, der mich liebte ist der beste Bond-Film der Welt. Ich wähle diese Worte bewusst, da sie subjektiver und gleichermaßen größenwahnsinniger nicht sein könnten.
Aber zunächst ein paar erklärende Worte über meine Person: Anders, als mein Avatar-Name annehmen lässt, bin ich kein Mega-Bond-Superfan. Der Name entstand ganz spontan, da er (neben anderen coolen Namen, wie DocFoster) in früherer Zeit oftmals als Name bei sogenannten "Netzwerk-Sessions" (heute: LAN-Parties etc.) diente. Die Bewertung von Bond-Filmen im Allgemeinen ist ja sowieso eine recht subjektive, aber fragt man den Durchschnitts-Bond-Fan, welcher der beste Bond-Darsteller war, bekommt man wahrscheinlich die Antwort Sean Connery. Auf die Frage, welcher Bond der Romanvorlage am nächsten kommt, wird vermutlich der Name Daniel Craig fallen. Für mich ist und bleibt der beste aller Bond-Darsteller immer noch Roger Moore.
Ich merke bewusst an, dass ich weder die Bücher gelesen habe, noch irgendeiner Definition folge, wie James Bond auszusehen, oder sich zu benehmen hat. Vielleicht liegt es am Erscheinungsjahr 1977, das neben dem besten Bond-Film auch den besten Science-Fantasy-Film der Welt hervorgebracht hatte und nicht zuletzt mein Geburtsjahr ist. Wie dem auch sei, die Inkarnation des James Bonds, wie ich ihn mir vorstelle ist immer in Anzug und Fliege unterwegs, wird dabei nie schmutzig, glänzt durch seine Oneliner und ist in einer fast schon absurd überdrehten Welt unterwegs, weitab von Realismus. Gerade die aktuellen Bond-Filme mit Daniel Craig können diesem Anspruch überhaupt nicht mehr gerecht werden und sind in meiner Welt gute Actionfilme, die aber auch jeden anderen Titel tragen könnten.
Ebenfalls uninteressant für mich (was aber offenbar den guten Bond-Fan immer am brennendsten interessiert), sind die Fragen: "Wer singt das Titellied" und "Wer spielt das Bond-Girl". Es hat mich noch nie sonderlich interessiert, welcher Charts-Star das Titellied sang, oder welches hübsche Mädel als Bond-Girl engagiert wurde... nichtsdestotrotz gehört Nobody Does It Better von Carly Simon doch zu den schönsten Beiträgen in der Geschichte der Bond-Lieder und ich höre es mir immer wieder gerne an. Dem Film selbst gibt es den letzten Schliff und macht ihn rund.
Warum ist Der Spion, der mich liebte der beste Bond-Film der Welt?
Wie gesagt, hier geht es einfach nur um die subjektive Wahrnehmung meinerseits. Jeder legt die Schwerpunkte für die Bewertung eines James Bond Films unterschiedlich. Hier sind meine Schwerpunkte:
1. Roger Moore ist James Bond
Wie ich oben bereits ausführte, ist Roger Moore für mein "Bond-Bild" der Prototyp. Kein anderer konnte dies bisher toppen. Der "Gentleman", der aber auch nicht davor zurückschreckt, den bösen Jungs in den Rücken zu schießen und das Ganze mit einem lässigen Oneliner zu kommentieren, verkörpert diese total übertriebene Version des knallharten, aber sympathischen Geheimagenten.
2. Verrückte Gadgets für Spione
Ein roter Faden durch sämtliche Bond-Filme sind natürlich die schönen Spielereien, die Bond stets vom Erfinder Q zur Seite gestellt werden. Was aus heutiger Sicht natürlich zum Schmunzeln anregt, ist Bonds Armbanduhr, mit dem eingebauten Nachrichtenticker. Was mein Herz aber noch heute höherschlagen lässt, ist der Lotus Esprit, der sich in ein Mini-U-Boot transformieren kann. So absurd dieses Fahrzeug auch sein mag, so viel Spaß macht es dennoch.
3. Atemberaubende Ski-Verfolgungsjagden
Der ehemalige deutsche Skirennfahrer Willy Bogner hat gleich für vier James Bond Filme die Ski-Verfolgungsjagden beigesteuert, Im Geheimdienst Ihrer Majestät (1969), Der Spion, der mich liebte (1977), In tödlicher Mission (1981) und Im Angesicht des Todes (1985). Diese spektakulären Aufnahmen haben mich schon immer sehr beeindruckt und in keinem anderen Film wurden Ski-Verfolgungen so zelebriert, wie in Bond-Filmen. Zwar war die "Ski-Episode" innerhalb von Der Spion, der mich liebte relativ kurz, aber sie war da und somit ein Teil, das zum Gesamtpaket beiträgt.
4. Ein übermenschlicher Handlanger des Bösewichts
Von allen Handlangern, die ich bisher erleben durfte, war doch der gefühlt 2,80m große Richard Kiel alias Beißer das Beste, was Bond jemals in einem seiner Filme entgegengeworfen wurde. Dieser unzerstörbare Hüne mit dem martialischen, alles zerfetzenden Metallgebiss (das ihm im Original übrigens den Namen Jaws (=Kiefer) einbrachte) war ebenfalls so extrem over the top, dass er ein weiterer Teil war, dem perfekten Bond-Film ein Stück näherzukommen. Vor dem Typen hatte man einfach Respekt und er erzeugte eine ähnliche Aura, wie der Terminator in gleichnamigem Film. Näherte sich sein Gebiss, dann war praktisch kein Entkommen möglich, oder wie Damon Killian in Running Man sagen würde: "Er schneidet Muskeln, Sehnen, Knochen und wenn es sein muss… Stahl!"
5. Der übergeschnappte Schurke, der die Weltherrschaft an sich reißen will
Karl Stromberg großartig gespielt von Curd Jürgens. Wenn schon Schurke, dann aber bitteschön richtig. In der ursprünglichen Fassung des Films wurde Stromberg sogar noch mit Schwimmhäuten versehen (der Grund, warum er seinen Besuchern nicht gerne die Hand gab), was seine Affinität zum Meer und dessen Unterwasserwelt erklärt. Letztlich fielen die Schwimmhaut-Szenen wohl der Schere zum Opfer, da man sich zwar sowieso auf einem Scheideweg zum Märchen bewegte, aber dies den endgültigen Todesstoß für ein "realistisches Setting" dargestellt hätte.
Dennoch ist eben diese Weltherrschaftsfantasie eines einzelnen Mannes ein großes Puzzleteil, das für mich zu einem Bond-Film gehört – und zurecht schon mehrfach in anderen Filmen persifliert wurde. Was für eine kranke und trotzdem brillante Idee, eine Unterwasserstadt zu bauen, die auf- und abtauchen kann, um somit den Folgen eines nuklearen Fallouts zu entgehen. Die einzige Alternative wäre der Weltraum, der ja dann im folgenden Film Moonraker – Streng geheim erobert werden sollte.
6. Verrückte Gadgets für Schurken
Wenn Spione verrückte Gadgets haben, müssen - der Fairness halber – auch die Schurken Gadgets kriegen. Und Herr Stromberg hat richtig tolles Spielzeug. Damit meine ich jetzt nicht diese tollen Spezialanfertigungen in seiner Unterwasserstadt, wie Aufzüge mit Falltüren, die einen rücklings in ein Haibecken purzeln lassen, oder kleine rote Knöpfe, die Helikopter explodieren lassen, nein, am genialsten ist natürlich der Supertanker, der den Bug öffnen kann, um, wie ein riesiges Monster, Atom-U-Boote einfangen zu können. Ich liebe diesen Kahn und bin noch heute beeindruckt, wie realistisch diese Szenen inszeniert wurden – ganz ohne Computeranimationen. Dafür aber mit einem 18m langen Miniatur-Tanker (der Original-Tanker, den die Firma Shell offenbar zur Verfügung stellen wollte, konnte aufgrund Sicherheitsrisiken und der hohen Versicherungssumme nicht verwendet werden).
7. Eine wunderbar übertriebene Story mit vielen Locations und tollen Stunts
Seiner Zeit weit voraus war Der Spion, der mich liebte durch die Zusammenarbeit des Britischen Geheimagenten James Bond mit der Russin Major Anya Amasova (Barbara Bach) alias Triple-X (das hatte mir btw. schon seit jeher missfallen, dass Vin Diesels Triple X offenbar nach jenem Spion Kürzel benannt war) und das wohlgemerkt mitten im realen kalten Krieg. Barbara Bach spielte die toughe Russenspionin einfach nur perfekt: sympathisch, clever und gefährlich – nicht zuletzt für Bond selbst. So richtig vertrauen konnte man ihr nie und Bond hatte nun mal ihren Geliebten auf dem Gewissen, was früher oder später ihre Rache bedeuten sollte. Somit ist bereits der Zwist zwischen den "Guten" aktiviert. Gemeinsam müssen sie diese Probleme aber hintenanstellen, bei ihrer wilden verwegenen Jagd nach dem Schurken quer durch die Welt, bei der sie selbst zu Gejagten werden. Effekte waren 1977 noch handgemacht, bzw. Helikopter waren echt, Autos waren echt und die Stunts waren echt. Lediglich die Rückprojektionen, die für Bonds Ski-Verfolgung eingeflochten wurden (damit man auch mal Moores Gesicht zu sehen bekam) sind leider sehr schlecht gealtert, täuschen jedoch nicht über die sonstigen realen und mit atemberaubendem Tempo gefilmten Ski-Szenen hinweg.
Fazit:
Der Spion, der mich liebte ist für mich quasi die eierlegende Wollmilchsau unter den Bond-Filmen bzw. eine Schablone für den guten Bond-Film ansich, da er all das miteinander verbindet, was für mich ein Bond-Film definiert. Dabei darf der Film und seine Handlung ruhig total übertrieben und an den Haaren herbeigezogen sein. Ich will da gar keinen Realismus, sondern einfach nur Spaß mit der Frage: Was wäre wenn?
Ich las vor einiger Zeit, dass Ian Fleming, der Erfinder von James Bond, mit seinem Buch Der Spion, der mich liebte so unzufrieden war, dass er für den Film lediglich die Rechte am Titel verkaufte, nicht jedoch vom Inhalt des Buches selbst. Das bedeutet, dass der Film ausschließlich den Titel mit dem Roman gemein hat. Ich habe, wie gesagt, das Buch nicht gelesen, aber vielleicht war die "neue Handlung" das Beste, was dem Film passieren konnte…