Bewertung: 5 / 5
Stell dir vor: Du wirst unverschuldet aus deinem Leben gerissen. Du bist nicht gestorben. Aber dein Leben so wie du es kennst, ist vorbei. Du lebst zwar, aber hast keinen eigenen Willen. Deine Familie und Freunde sind zudem kein Teil deines Lebens mehr. Stattdessen bist du nun ein willenloses Wesen, das für ein dubioses Unternehmen handeln muss. Das ist die Geschichte von RoboCop. Ein Cyborg. Welcher einst der junge Cop und Familienvater Alex Murphy war.
Die wahre Härte von RoboCop war für mich nie die durch ED-209 zerfetzenden Körper oder wenn ein durch Säure verunstalteter Körper durch den Aufprall mit einem PKW zerfetzt wird. Es sind die seelischen Strapazen, welche Alex Murphy nach einer brutalen Hinrichtung durchleben muss. Ihm wird alles genommen. Er wird nicht vor die Wahl gestellt, ob er dieses „neue“ Leben führen möchte. Ihm wird auch keine Gelegenheit gegeben, dieses unfassbare Verbrechen an ihn selbst zu verarbeiten. Ein Mensch wird plötzlich eine Maschine, ein Ding ohne Seele. Und genau so angesehen und behandelt. Das diese jedoch in ihm steckt, wird durch kleine, dem Innenleben spiegelnde Szenen gezeigt. Die stärkste dieser Szene ist unbestritten, wenn RoboCop sein ehemaliges zu Hause aufsucht und ihm dadurch bewusst wird: ich bin Alex Murphy. Das war mein Leben. Obwohl nur sein Mund und nicht die volle Mimik zu sehen ist, wird dem Zuschauer ebenso bewusst, was für Gefühle von Wut, Trauer und Verzweiflung sich in dieser Situation vermischen.
Peter Weller verbringt in diesem Film eine Meisterleistung. Vom überschwänglichen Jungcop zum gebrochenen Cyborg, der sich seine Menschlichkeit wieder erkämpfen will. Wenn RoboCop am Ende auf die Frage „What´s your name, Son?“ mit einem euphorischen „Murphy“ antwortet wird klar: Dieser Mann hat die Hölle überwunden und sich wieder zu sich selbst erkämpft.
Und obwohl ich die Fortsetzung für die Inszenierung und den spannenden Gegenspieler mag ist es immer wieder traurig zu sehen, dass dieser Aspekt nicht weiter verfolgt wurde. Ganz im Gegenteil sogar: Alex Murphy wird dazu gezwungen, seiner Frau sagen, dass er nicht mehr als eine Maschine sei. Leute… Genau das wollte keiner der Zuschauer sehen. Weswegen der Film auch heute noch als eine eher misslungene Fortsetzung gilt. Paul Verhoeven hatte es erfolgreich geschafft, eine sympathisches Person zu zeichnen, deren Schicksal uns berührt. Ähnlich wie es David Cronenberg mit Seth Brundle in „Die Fliege“ schaffte. Gerade weil der Hauptcharakter so menschlich und sympathisch gezeichnet wurde, reißen deren nicht umkehrbare Transformationen so mit. Wir wünschen uns als Zuschauer, dass es ihnen besser geht. Da „Die Fliege“ ein Horrorfilm ist, war dieses harte Ende nur konsequent. Aber Alex Murphy hätte eine etwas menschlichere Entwicklung durchaus verdient.
Somit ist Paul Verhoeven mit RoboCop ein Meisterstück gelungen. Welcher leider viel zu häufiger nur aufgrund des hohen Gewaltgrades bekannt ist. Für mich ist es ein Werk über den unverschuldeten Niedergang und der anschließenden Wiederauferstehung. Eine echte Kämpfergeschichte. Vielleicht sogar stärker als Rocky, da ihm kein Mickey beratend zur Seite steht, ihm auch keine Fans und Zuschauer im Ring anfeuern und er schon gar keine ihn liebende Adrian hat, die ihm sagt "Ich glaube an dich und halte zu dir". Alex muss seinen Kampf mt den inneren und äußeren Dämonen selbst austragen. Und wenn die letzte Einstellung ihn mit einem leichten Lächeln zeigt, ist das kein typisches Hollywood Happy End: Es zeigt den Triumph eines Menschen über sein eigenes Sein.