Bewertung: 0.5 / 5
Suicide Squad ist die Sorte Fiasko, bei dem der Teufel zumindest teilweise im Detail liegt. Ich teilte nach dem „Genuss“ das Gefühl der meisten Kinobesucher: leichte Irritation, ein ungenau definiertes Desinteresse an der Handlung und den Charakteren, ein frustrierendes Gefühl der Verwirrung. Es brauchte tatsächlich etwas Zeit und die Lektüre eines Beitrages von Dan Olson („Folding Ideas“ auf Youtube) um tatsächlich zu verstehen, was genau diesen Film so schlecht macht.
Es ist fast unmöglich, das fertige Ergebnis zu beurteilen, ohne die Hintergrundgeschichte anzusprechen. Bekannt ist, dass Regisseur David Ayer (End of Watch) scheinbar lediglich sechs Wochen hatte, um das Drehbuch zu schreiben. Daraufhin filmte er exzessiv viel Material, scheinbar Stunden länger als der eigentliche Film, und versuchte quasi den Film in diesem Material zu finden. Unzufrieden mit dem ersten Schnitt heuerte das Studio ein weiteres Schnittstudio, Trailer Park genannt, an, welches eine alternative Schnittvariante und einen – Überraschung - Trailer produzierten. Beide Schnitte fielen scheinbar bei Testpubliken durch, was zu weiteren Re-Shoots führte, mit deren Hilfe der „fertige“ Film geschnitten wurde. Und ich kann das Wort „fertige“ hier ausdrücklich nur mit einer Prise Zynismus benutzen. Jeder der sich bei dieser Geschichte denkt „hoppla, das hört sich nach einem Rezept für ein Desaster an“, liegt zur Überraschung von absolut niemandem vollkommen richtig.
Trailer zu Suicide Squad
Der erste fatale Fehler des Films sind die Charaktere und die Handlung an sich, sprich das Drehbuch. Dementsprechend gilt ab jetzt eine Spoiler Warnung, aber da der Film inzwischen schon wieder im kollektiven Vergessen verschwunden ist könnte ich diese auch sein lassen.
Hier ist das erste Problem: Die Idee, eine Suicide Squad aus anti-sozialen Kriminellen/Mutanten/Whatever zu erstellen ist idiotisch. Die Idee wird im Film so formuliert: Was ist, wenn der nächste Superman ein Super-bad-man ist? Good question, so glad you asked. Gegenfrage: Was soll ein Typ mit einem Bumerang gegen ein übermächtiges Alien von Krypton machen? Was soll ein großer Typ mit Krokodilshaut und Zähnen ausrichten? Was soll Harley Quinn mit ihrem Baseballschläger machen? Sie ist komplett gestört, sollte es nicht allen klar sein dass ihre Einbeziehung den Joker, und damit ein potenzielles Debakel, auf den Plan ruft? Diese Typen sind hochkriminell und/oder geisteskrank UND wurden im Gefängnis, wie der Film klar etabliert, misshandelt. Hört sich das evtl. nach einem Plan an, der direkt nach hinten losgehen könnte?
Wo wir beim Thema sind, und weshalb dieser Plan doppelt idiotisch ist: Zur Überraschung von, wieder, absolut niemandem geht der Plan nach hinten los. Die „Enchantress“ hintergeht bei der ersten Gelegenheit ihren Auftraggeber und wird zum Hauptantagonisten des Filmes, wonach der Film in triviales „wir müssten den Bösewicht stoppen, der einen großen Laser in den Himmel schießt“ Gelände abdriftet.
Womit wir bei den Charakteren sind. Amanda Waller (Viola Davis) soll als bösartige Strippenzieherin etabliert werden, wird vom Drehbuch aber als absolute Idiotin präsentiert und ist letztendlich für das Debakel verantwortlich, wie oben erläutert. Captain Boomerang ist eine absolute Verschwendung von Raum und Zeit, ebenso wie Killer Croc, Harley Quinn (Sorry Margot Robbie, du bist in fast allen Rollen gut, auch in dieser, auch wenn sie nutzlos ist) und dem stereotypen Militär-Hansel, ich meine Rick Flagg. Achso, und der Joker wird sinnloserweise in den Film gepresst, um absolut keinen Einfluss auf die zentrale Handlung zu haben. Außerdem sinnlos in den Film genötigt: Batman und der Flash, weil ein Marketing-Komitee entschieden hat, dass diese für das neue „DC extended Universe“ mit von der Partie sein müssen.
„Oh, warte mal eine Sekunde, dass hört sich nach ziemlich vielen Charakteren an, die gescheit etabliert und vorgestellt werden müssen!“
Guter Punkt. Und der Film versaut es in grandioser Weise. Die Mitglieder der Squad werden alle via Flashback, inklusive sehr offensichtlicher Soundtracks sowie einer flippigen Charakterkarte vorgestellt. Der Film braucht geschätzte 20 Minuten, um uns schwerfällig durch alle Hintergrundgeschichten zu manövrieren, ohne uns den Charakteren wirklich näher zu bringen. Zudem kollidiert der flippige, quietschbunte Stil mit dem finsteren, grünlich-grauen Grundton des Rests des Filmes, aber damit sind wir wieder beim Thema „zu viele Köche verderben den Brei“, wie bereits angesprochen.
Womit wir beim zweiten zentralen Problem sind, dem Schnitt und dem Handlungsfluss. Und das ist auch der Punkt den ich ohne fremde Hilfe nicht verstanden hätte, da ich niemals Schnitt oder Film studiert habe.
Starten wir damit, wie der Film gleich seine allererste Szene, essentiell bei jedem Film um Stimmung und Orientierung zu etablieren, nicht hinbekommt. Wir starten mit einer Helikopteraufnahme, die Kamera bewegt sich über ein Moor auf Gebäude zu. Das Auge fokussiert auf die Gebäude, das Zentrum der Bewegung, als rechts unten in schwarzer Schrift erklärt wird, wo wir sind. Wenn wir anfangen zu lesen, gleitet die Schrift auf den dunkelgrünen, bewegenden Hintergrund des Moorastes. Und bevor wir die Chance haben weiter zu lesen schneidet der Film zu einer Aufnahme einer Mauer mit einem Graffiti, mutmaßlich die Wand der Gebäude. Da Auge fokussiert sich auf den Schädel in der Mitte, und gerade als wir anfangen wollen die Schrift darum zu lesen fährt ein LKW durch das Bild. Ist dieser weg laufen Soldaten durch das Bild und gerade als wir beginnen, von der unleserlichen Schrift frustriert zu werden, folgt ein weiterer Schnitt der in einen Raum mit Überwachungskameras führt.
20-30 Sekunden in den Film und wir sind bereits irritiert und orientierungslos, genau das Gegenteil was eine erste Szene erreichen will. Und das ist erst der Anfang.
Ich möchte noch an zwei Beispielen erklären, wie der Film es schafft, seinen eigenen Handlungsfluss zu sabotieren. Der Film etabliert kristallklar, dass der Schwachpunkt der Enchantress ihr Herz ist. Amanda Waller erklärt dies, später demonstriert die dies gleich zwei Mal. Rick Flagg erklärt es dann NOCHMALS um die Strategie der Squad gegen die Enchantress darzulegen. Wenn also Harley das Herz der Enchantress herausreißt sollte klar sein, was passiert, und die Action sollte freien Lauf haben.
Nur dass der Film es wieder komplett verhunzt: Schnitt zu Rick Flagg, der Will Smith wieder erklärt, dass das Herz der Schwachpunkt ist und sie jetzt handeln können. Gefolgt von chaotischer Handlung, in der sowohl Herz als auch Enchantress kurz einfach verschwinden, und wir einfach akzeptieren müssen, dass Killer Croc wohl einen Sprengsatz in den Laser wirft (oder so ähnlich). Der Fluss der Action wir einfach verkrüppelt, gefolgt von undechiffrierbarem Chaos (Das Herz, zentraler Teil der Handlung, liegt am Ende unter einer Treppe oder so).
Das Andere Beispiel ist der Betrug durch die Enchantress. Rick Flagg ist mit Cara Delevingne (noch nicht Enchantress) in der Metro, sie sollen den bösen Bruder der Enchantress stoppen. Das ist der zentrale Handlungspunkt der gesamten Geschichte, der Verrat. Alles Weitere baut hierauf auf. Also was passiert? Schnitt zu Amanda Waller in ihrem Hauptquartier, wo Rick Flagg ihr am Telefon erklärt dass die Enchantress durchgegangen ist. Der zentrale Punkt der Handlung steht da wie ein Handlungsloch, ich lasse das mal kommentarlos.
Ich könnte noch weitermachen mit den schlechten Entscheidungen die in diesem Film getroffen werden, wie z.B. die Szene in der Waller ihren ganzen Stab erschießt und man sich als Zuschauer nur fragt „Warum….? Wenn diese Leute alle nicht die Freigabe für diese Mission hatten, was machen Sie dann in deinem HQ?“.
Aber ich denke, die Kernprobleme des Film sind klar, aber es sind die Art Probleme die einen als Besucher irritieren ohne dass man wirklich erklären kann, woran es liegt.
Suicide Squad ist ein Debakel… Aber wer Interesse an der Struktur und Schnitt von Filmen hat sollte gerne mal seine eigene Autopsie vornehmen.