Bewertung: 1 / 5
Mark Kermode von BBC5 sagte einmal, die Qualifikation eines Filmkritikers hänge nicht davon ab, wie viele gute Filme er gesehen habe, sondern wie viele schlechte. Denn mit seinen Worten „every idiot can watch a good movie“. Der gute Mark kann auch live mal “less of a gentleman“ sein.
Nach dem Genuss von Wish Upon, einer stümperhaft konstruierten Komödie von einem Horrorfilm, fühle ich mich zumindest deutlich professioneller. Ein Blick in die Vita von John R. Leonetti offenbart, dass sich sein Talent für unfreiwillige Komödien schon früh offenbarte, nämlich mit der Regie des unterirdischen Mortal Kombat: Annihilation exakt 20 Jahre vor diesem Film. Vielleicht sollte er mit Tommy Wiseau kollaborieren, dass Ergebnis kann nur sehenswert sein.
Trailer zu Wish Upon
Aber vielleicht ein paar Sätze zur Handlung, wo ich schon im vollen Lästermodus bin. Die 17-jährige Claire (Joey King) wird in der Schule gehänselt und hat es nicht leicht, noch dazu kommt sie aus armen Verhältnissen was mit der visuellen Grammatik des Films diskret damit andeutet wird, dass ihr Vater, Ryan Phillippe, sogar vor ihrer Schule im Müll wühlt. Noch dazu hat sie eine tragische Hintergrundgeschichte, denn ihre Mutter hat sich vor ihren Augen als Kind umgebracht (dieser Plot Point kommt erst am Ende des Filmes, ohne jeglichen Spannungsaufbau, wieder ins Spiel, und macht etwa so viel Sinn wie ein chinesischer Glückskeks). Ryan Phillippe findet vor einem alten Haus mit ominöser chinesischer Statue eine seltsame Holzschatulle, die er seiner Tochter schenkt damit die Handlung ins Rollen kommt. Claire kann zumindest auf der Box entziffern, dass sie sieben Wünsche frei hat, und wünscht testweise einer Mitschülerin die Pest an den Hals. Die weitere Handlung legt nahe, dass sie sich lieber gewünscht hätte, eins und eins zusammen zählen zu können, aber so witzig das Verhalten aller Schauspieler in diesem Film, die krampfhaft versuchen so was wie menschliche Wesen zu imitieren, ist… so etwas kann ich in einem Horrorfilm sogar vergeben.
Es ist relativ schwer, an einem roten Faden abzuarbeiten, was genau in diesem Streifen schief läuft, denn im Grunde beinhaltet es so ziemlich alle Aspekte die wichtig sind, außer dass die Bilder im Fokus sind. Hauptproblem aber sind die Charaktere, ihre Verhaltensweisen und Dialoge sowie die Konstruktion der Handlung, vor allem durch den Schnitt. Der Film degeneriert ohne Vorwarnung in unfreiwillig komisches Gelände. Kaum ist unsere Protagonistin auf dem Fahrrad, wird sie fast durch die Clique der arroganten, rücksichtslosen High Society Gören über den Haufen gefahren. Während sie mit dem Gesicht voran gegen eine Mülltonne fliegt werden die Gören durch hölzerne Zeilen wie „Out of the way, I’m trying to drive here“ inklusive gehässigem Lachen charakterisiert. Claire’s Onkel (glaube ich) steht tatenlos daneben, fragt sie ob sie ok ist, was sie mit einem „It’s Monday…“ abtut. Schnitt zu der Schule, wo Ryan Phillippe freudig vor allem Schülern im Müll wühlt. Und es war an diesem Punkt dass ich wusste, dieser Film könnte ein neuer „So bad it’s good“ Triumph werden. Glücklicherweise, ich wurde nicht enttäuscht…
Die Klischees sind reichlich, und nicht subtil: Der Hund knurrt die Holzbox an, und ist das erste Opfer, und die Flamme an der Schule, natürlich mit einem Mädel aus der Gören-Clique liiert, wird im Klassenraum angeschmachtet. Aber wenn es darum geht, warum man bei diesem Film einfach mitlachen muss, dann sind es die durch den Schnitt fast mit perfektem Comedy-Timing erzählten Handlungspunkte. So vergehen etwa nur wenige Minuten bis Claire sich wünscht dass eine der Gören einfach vergammelt. Schnitt zu dieser am Morgen, natürlich haben alle ihre Görenfreunde zufällig gerade einen „Sleep-over“ bei ihr gemacht. Sie geht ins Bad (Spoiler, vermute ich), sieht was passiert, und ihre Freunde, die sich wirklich anstrengen schockiert zu spielen, machen ein Foto von ihr. Schnitt zur Schule, in der sich Claire und ihre Freunde öffentlich darüber freuen was passiert (Claire hat natürlich keinen Schimmer was passiert). Dann kommt die Gören Fraktion, um Spenden für ihre Freundin zu sammeln, allen Ernstes zu ihnen (die beiden Cliquen sind spinnefeind), was zu einer brüsken Abfuhr führt. Ich weiß nicht ob ich mit Worten gut ausdrücken kann, wie bizarr, hektisch und sinnlos diese Szenen im Film sind. Man hat das Gefühl, gar keine richtigen Menschen auf der Leinwand zu haben.
Ein weiteres Beispiel: wenn Claire endlich verstanden hat, dass es mit der Wunschbox doch irgendwie nicht ganz geheuer zugeht, steht plötzlich ihr Ex in ihrem Zimmer. Claire weiß dass sie sich gewünscht hat, dass dieser „wahnsinnig“ in sie verliebt ist. Sogar ohne dieses Vorwissen, wenn jemand wie er zitternd nachts im Schlafzimmer steht, mit dem Messer in der Hand, und sagt er „wolle nicht ohne sie leben, oder dass sie ohne ihn lebt“… und dann nochmal ausdrücklich fragt, ob es vorbei ist… Dann ist die richtige Reaktion auf jeden Fall wortwörtlich JEDE andere Option als einfach „Ja“ zu sagen.
…Schnitt zu ihrem Ex im Krankenwagen. Ich hoffe ich kann verständlich kommunizieren, warum ich mich vor Lachen manchmal kaum halten konnte.
Die Geschwindigkeit der Handlung ist viel zu schnell, und lässt keinerlei Raum um Spannung aufzubauen. Es wird früh etabliert, dass für jeden Wunsch etwas schlimmes passiert, aber diese Tode sind zu zufällig, die Charaktere zu unbekannt, und gleichzeitig komplett vorhersehbar und nicht originell, dass man sich fast wünscht man würde eine von diesen „Final Destination“ Gurken sehen. Sogar die Tode selbst werden zur Lachnummer, so fällt Claire’s Onkel in die Badewanne, nur um sich noch einmal aufzuraffen und sich in bester Wile E. Coyote Manier den Kopf nochmal am Wasserhahn zu stoßen. Alles was fehlte wäre so ein „Doing-Doing-Doing“ Soundeffekt gewesen. Die hektischen, sinnlosen Schnitte brechen zudem jede mögliche düstere Stimmung wieder auf, und machen aus stilistisch wenig sinn.
Die witzigste Szene ist dabei fast die, in der die Charaktere, die den ganzen Film damit verbringen, aggressiv ignorant gegenüber allem um sie herum zu sein, sich quasi selber überführen. Als Claire ihre Freundinnen einweiht, wohlgesagt mit einer Vielzahl an „Beweisen“, tun diese alles als Zufälle ab… Nur um Claire direkt danach zu beschuldigen, eine Egoistin zu sein, weil sie bei fünf Wünschen kein Mal an sie gedacht hat. Als Claire dies zurückwirft, ihre Freundinnen würden doch eh nicht an die Wunschbox glauben, wirkt das wie die Erkenntnis der Charaktere, dass ihre interne Logik, und ihr Handeln, vorne und hinten keinen Sinn machen. Sogar die Horrorszenen scheinen diesem „Horrorfilm“ peinlich zu sein: wenn eine Bekannte aufgespießt von Ki Hong Lee (der sich wirklich bemüht) entdeckt wird weicht die Kamera dem Opfer aggressiv aus. Es ist fast so als wäre der Film sich selber unangenehm.
So, Wish Upon. Es ist nicht Troll 2, es ist nicht The Room. Aber mit seiner sinnlos zusammen geschibbelten Aneinanderreihung an Unglaubwürdigkeit kommt er sehr nahe dran. Und ja, das war eine Empfehlung.