Bewertung: 2 / 5
Nachdem Superman hopsgegangen ist, machen sich die bösen Bewohner von Apokolips auf, die Erde zu erobern, um die Anti-Life Equation zu finden, eine mathematische Formel, die voll böse ist (wen wundert, dass in einem Franchise, das so sehr in christlicher Symbolik verhaftet ist, Mathe der letzte Bösewicht ist?) und dem Fieswatz Darkseid zum absoluten Sieg verhelfen soll. Sein in Ungunst geratener Scherge Steppenwolf macht sich deswegen auf die Erde, um dort die drei Mother Boxes zu finden, magische Dinger, die magische Dinge machen, weil Magie. Batman versucht indes zusammen mit Wonder Woman die Metawesen der Welt zu vereinen, denn irgendwer muss ja die Invasoren aufhalten. Einer von denen kann mit Fischen reden, weil das ein Film für Erwachsene ist. Deswegen macht der Joker auch einen Witz darüber, wie er Batman einen runterh... oh, Spoiler.
Um die Produktion von „Justice League“ gibt es mehr Mythen, als ich hier aufzählen könnte. Was wirklich geschehen ist, wer den Karren letztendlich vor die Wand gefahren hat und warum wir jetzt eine neue Version schauen, das wird eine Frage sein, die wir hier nicht umfasend und abschließend beantworten wollen. Konzentrieren wir uns aufs Wesentliche: nach der schrecklichen Rezeption von Zack Snyders „Batman v Superman: A serious movie on serious Earth“ schickte sich die Produktion seines Nachfolgers an, ein Clusterfuck allererster Kajüte zu werden. Irgendwann engagierte man Joss Whedon, um das Drehbuch von Oscarpreisträger Chris Terrio zu überarbeiten – während man bereits drehte. Tatsächlich ging zu der Zeit schon das Gerücht um, der „Avengers“-Regisseur solle das DC-Flagschiff in Wirklichkeit Ghost Directen. Doch erst nach einer persönlichen Tragödie im Leben Snyders verließ dieser die Produktion offiziell und Whedon übernahm das Ruder. Einige Nachdrehs und eine digitale Oberlippe später erblickte dann die erste Version der „Justice League“ das Licht der Welt... und stellte ausnahmslos niemanden zufrieden (doch, mich, aber ich mag auch „Venom“, also go figure...). Das Resultat war nämlich ein Frankenstein-Cut, der versuchte, Snyders ausladenden Film auf zwei Stunden zu trimmen UND diesen auch noch mit Whedon`schen Manierismen zu vereinen. Die Fans waren sich sicher, Snyders Origianlfassung muss wesentlich besser sein und so startete eine eifrige Kampagne, um diese veröffentlicht zu sehen. Anscheinend hatte von denen niemand „Sucker Punch“ gesehen...
Trailer zu Zack Snyder’s Justice League
Dank Covid und dem Launch des hauseigenen Streamingservices HBOmax kredenzt Warner (jaja, eigentlich deren Mutterkonzern, aber ich hab schon so viel Einleitung, ich will langsam mal zum Punkt kommen) uns nun Snyders ganz eigene Schnittfassung. Und so dürfen wir uns jetzt fragen: reiht sich „Zack Snyders Justice League“ gleich neben „Es war einmal in Amerika“, „Brazil“ und „Blade Runner“ ein? Ist uns damals ein Meisterwerk im Kino entgangen? Die kurze Antwort: Nein. Gewiss, Snyders Fassung erscheint auf den ersten Blick „runder“, weil nicht mehr von Plotpunkt zu Plotpunkt gehetzt wird. Statt dem zwei Stunden Mandat der Kinofassung, haben die Leute hinter HBOmax Snyder keine Einschränkungen bezüglich der Laufzeit gemacht. Wer sich am Stück durch den Film kämpft, hat hinterher einen Hintern wie ein stillsitzender Elefant. (Ich weiß, die Schnittmenge zwischen den Leuten, die Snyder Cut Reviews lesen und den Joke verstehen, ist denkbar gering, besonders witzig ist der auch nicht, aber ganz im Geiste Snyders wird hier kein bisschen Material rausgekürzt. Egal, wie schlecht oder grammatikalisch fragwürdig es ist.). Aber mehr ist nicht immer gleich „Mehrwert“.
War „Batman v Superman“ noch ein Film, wie ein LKW mit zerbrochener Hinterachse (vollkommen überladen), regiert in der Neufassung der Gerechtigkeitsliga die Ideenarmut. Themen- und konsequenzlose Subplots werden endlos in die Breite erzählt, jede noch so kleine Idee wird ausgewalzt, bis wirklich jedes Quentchen aus der denkbar dünnen Plotte gequetscht ist. Wer sich wundert, warum DC direkt mit „Justice League“ ins Team Up Game starten wollte, weiß nach dem Snyder Cut Bescheid: weil der halt schon zwei Solofilme im Schnellformat enthält. Die tragen aber wirklich nichts zur Handlung bei, erhellende Offenbarungen, Charaktertiefe oder gar eine irgendwie in sich stimmige Psychologie der Figuren sucht man vergebens. Vielmehr werden die Superhelden actionfigurartig zu Stichwortgebern degradiert, die ein minimales Innenleben haben. Gerade in der ersten Hälfte hätte man konsquent die Schere ansetzen können – nur vielleicht nicht ganz so konsequent wie in der Kinofassung. Viele Charaktere, wenig Charakter.
„Justice League“ straft diejenigen Fans, die Snyder gerne als Visionären sehen wollen, ziemlich Lügen, denn hier wird in Wirklichkeit nur kalter Kaffee neu aufgekocht. Snyder bedient sich so sehr bei den mittlerweile zum Klischee gewordenen Topoi (daddy issues galore) des Superheldenkinos, dass man fasst meinen möchte, es handele sich um ein postmodernes Zitatespiel, aber nie kommt die erwarete ironische Brechung. Snyder meint das Ernst, er hält sich für Wagner und die „Justice League“ für seinen „Ring der Nibelungen“, da helfen auch die Sprenkler Humor nicht, die an Barry Allen kleben bleiben wie ein besonders hartnäckiger Haufen am Laufschuh. Es gibt keinen doppelten Boden, dieser Film ist nur hohl. Man wünscht sich Joel Schumacher zurück, dessen DC-Filme waren vielleicht auch nicht gut, aber wenigstens waren sie sich ihrer inhärenten Albernheit bewusst.
Wer ein Sinnbild für Snyders Ästhetik sucht, der wird bei Böswatz Steppenwolf fündig. Dessen dornenhafte CGI-Rüstung verdeutlicht sie nämlich ganz gut: all Edge, no Substance. Dieser Film ist in ungefähr so erwachsen, wie ein „Spawn“-Heftchen – dh, er ist genau das, was ein Dreizehnjähriger für erwachsen hält. Da spritzt mal ein bisschen CGI-Blut, wenn eine Axt irgendwen trifft, Batman darf ein böses Wort sagen und alle gucken, als hätten sie seit drei Wochen Verstopfung und der Caterer serviert heute schon wieder Bohnen. In vier Stunden Laufzeit ist natürlich nicht alles schlecht, aber die unterhaltsamen Teile liegen dann doch ein bisschen zu weit auseinander. Wenn sich irgendein fleißiger Fan dranmacht und alle Szenen mit Jeremy Irons zusammenschneidet, er kann sich meiner ewigen Dankbarkeit erfreuen.
„Zack Snyders Justice League“ ist viel Lärm um Nichts (Billy Shakes-Referenz, total deep), der die beinharten Fans bestimmt zufriedenstellt, aber alle anderen vor eine Geduldsprobe sondergleichen stellt. Wäre ich nicht Komplettist, ich hätte nach der ersten Stunde abgestellt.