Bewertung: 3 / 5
2016 stehen Alieninvasionen ganz hoch im Kurs. Nicht nur Roland Emmerich wird in diesem Jahr mit Independence Day 2 - Wiederkehr zu seinen Wurzeln zurückkehren und die Erde erneut in Schutt und Asche legen wollen, die Fortsetzung Beyond Skyline steckt in den Startlöchern und wer das alles etwas kleiner und emotionaler möchte, für den steht in der Romanadaption Die 5. Welle von Rick Yancey die Menschheit kurz vor ihrer Auslöschung.
Für Cassie (Chloë Grace Moretz) war der letzte normale Tag auf dieser Welt ein ganz gewöhnlicher Schultag. Dann kamen die Invasoren und mit ihnen die ersten vier Wellen. Jede Welle stellte einen spezifischen Angriff auf die Menschheit dar: Zuerst wurden alle elektronischen Geräte außer Gefecht gesetzt, dann wurden Küsterregionen gesäubert und anschließend folgten Seuchen, bei denen ein Großteil der Menschen starb. Aus Cassie, der Schülerin, wurde Cassie, die Kämpferin, der es, getrennt von ihrer Familie, allein obliegt, ihren Bruder in all dem Chaos wiederzufinden. Längst ist nicht mehr klar, wem man trauen kann und für Cassie läuft die Zeit davon, denn die fünfte und letzte Welle steht kurz bevor...
Trailer zu Die 5. Welle
Die 5. Welle Filmkritik
Gleich vorweg, wir hatten von Die 5. Welle wenig erwartet im Vorfeld. Die Trailer überzeugten uns nicht in Gänze und ein Kinostart im Januar ist alles andere als ein gutes Zeichen, denn die ersten beiden Monate des Jahres sind bei bestimmten Genres wie der Science Fiction und Horrorfilmen eher die Resterampe. Umso überraschter waren wir von dem gelungenen Auftakt und vielen starken Momenten, die Die 5. Welle in den ersten 30-40 Minuten Laufzeit bietet.
Wie im Roman wird auch der Film aus der zentralen Perspektive von Cassie erzählt, toll gespielt von Chloë Grace Moretz. Auf ihren Schultern lastet ein Großteil des Films und sie schafft es erneut, den Zuschauer für sich zu gewinnen. Der Auftakt und Aufbau der gesamten Rahmenhandlung wirken rund und vor allem Regisseur J Blakeson ist es zu verdanken, dass die Invasionsstory nicht schon wieder mit Trickeffekten ertränkt wird und sich auf einige wenige, dafür nachhaltige Momente der Zerstörung konzentriert wird, bei denen die Figuren im Mittelpunkt stehen. Das Resultat sind gerade zu Beginn viele Momente, die trotz der FSK-12-Freigabe erstaunlich brutal auf den Zuschauer einwirken, teils in der Darstellung, teils in ihrer emotionalen Wucht. Die erste Hälfte ist es, die Die 5. Welle zu einem sehr gelungenen Kinofilm macht, dessen Qualität mit zunehmender Laufzeit dann aber abnimmt.
Schuld tragen die zweite Hälfte und deren Wahrnehmung, die stark von der persönlichen Filmerfahrung abhängt. Während der erste Part mit vielen kreativen Ideen daherkommt, wirkt die zweite Hälfte wie eine Vermischung vieler Motive aus anderen Filmen und Romanen. Der Zuschauer spürt deutlich, wie sich Rick Yancey in seinem Roman von anderen Werken inspirieren ließ und alles einbaute, was seiner Meinung nach gerade passt oder sogar hip genug ist, sich gut vermarkten zu lassen. Wie wäre es mit ein paar Kindersoldaten, die Krieg spielen? Weckt prompt Erinnerungen an Die Tribute von Panem. Wie wäre es mit einer unglaublich aufgesetzten Liebesgeschichte mit Fremdschämpotential im Seelen-Format? Dazu ein wenig dystopische Wanderstimmung wie in The Road und das alles mit noch vielen weiteren Werken mal mehr mal weniger gemixt. Während sich jüngere Zuschauer nicht daran stören und von daher eher einen guten Kinofilm erleben dürften, werden ältere Zuschauer durch die Vorhersehbarkeit immer wieder herausgerissen, zu offensichtlich sind die einzelnen Elemente.
Unverzeihlich bleibt hingegen der "Wohlfühlfaktor", der sich in der zweiten Hälfte breitmacht. Überrascht Die 5. Welle zu Beginn immer wieder mit einzelnen Szenen der Gewalt, gibt es in der zweiten Hälfte keinen Schmutz mehr. Tagelange Märsche durch Wälder und zerstörte Städte haben keinen Einfluss auf die Protagonisten: Staub, Blut, Dreck, Schweiß in den Gesichtern und auf der Kleidung sind nicht zu entdecken, denn wir lernen, ein Gewaltmarsch während der Apokalypse kann zwar anstrengend sein, liefert aber keinen Grund, auf einen strahlend schönen Teint verzichten zu müssen.
Sony Pictures hat sich beim Versuch, den nächsten großen Wurf bei Jugendbuchadaptionen hinzubekommen, auf die Romanreihe von Rick Yancey eingeschossen. Die Intention, die Reihe im Kino abzuschließen, erkennen wir aber noch nicht. Zwar steht Die 5. Welle in einem gewissen Umfang für sich selbst, aber viele offene Fragen bleiben und wir haben so unsere berechtigten Zweifel, ob wir im Kino jemals einen Abschluss der Reihe erleben werden - die Vorahnung einer weiteren begonnen, aber nicht vollendeten Adaption lastet schwer auf diesem Film. Und so könnte sich Die 5. Welle neben Percy Jackson - Diebe im Olymp, Ich bin Nummer 4 und Eragon - Das Vermächtnis der Drachenreiter nahtlos einreihen.
Die 5. Welle Bewertung
Die 5. Welle ist besser geworden als wir erwartet haben und schafft es dennoch nicht, vollends zu überzeugen. Viele starke Momente und tolle Schauspieler stehen einer Reihe von Szenen gegenüber, die unnötig sind und dem versierten Filmfan Kopfschmerzen bereiten. Wäre Die 5. Welle ein leckeres Gericht, dann wäre der Film am besten mit der klassischen Pampe zu vergleichen: Ein schön vermatschter Haufen all jener Speisen, die vorher auf dem Teller nett angerichtet waren. Das Ergebnis sieht nicht besonders lecker aus und man würde es niemandem direkt vorsetzen, aber schmecken tut es dennoch, solange nichts mit reingerührt wurde, was einfach nicht passt.