Bewertung: 3.5 / 5
Viel ist schon geschrieben worden über die Versuche von Warner, mit seinem DC-Universum dem Primus MCU nachzueifern. Finanziell ist das bislang eindeutig nicht gelungen, im Hinblick auf die Qualität scheiden sich die Fanlager, aber in einem Bereich ist DC dem Konkurrenten deutlich voraus und zwar bei der Repräsentation weiblicher Superhelden. Nachdem man mit "Wonder Woman" schon beim ersten Solofilm einer Heldin schneller war, folgt nun auch der erste weibliche Team-up-Film, während andernorts die A-Force noch nicht einmal ein Gedankenspiel zu sein scheint.
Das Wort Emanzipation im Filmtitel bezieht sich in diesem Fall somit nicht nur auf die Hauptfigur, sondern auch im größeren Kontext auf die Rolle der Frauen in Comicverfilmungen. Aber darauf komme ich am Ende der Kritik zurück.
Trailer zu Birds of Prey - The Emancipation of Harley Quinn
Zunächst kurz zur Handlung:
Nachdem Harley Quinn vom Joker verlassen wurde und somit nicht mehr dessen Schutz genießt, ist halb Gotham hinter ihr her, um sich für ihre Missetaten zu rächen. Auch der Gangsterboss Roman Sionis hat noch eine Rechnung mit der ehemaligen Psychiaterin offen und lässt sie nur deshalb noch einmal davonkommen, weil sie verspricht, ihm einen wertvollen Diamanten zu besorgen, der von der jungen Straßendiebin Cassandra Cain gestohlen wurde. Die Suche nach der Delinquentin lässt Harley alsbald mit der Polizistin Renee Montoya, der Nachtclubsängerin Black Canary und der mysteriösen Bogen-, äh pardon, Armbrustschützin Huntress zusammenprallen.
Erzählt wird diese Geschichte von Harley persönlich, was gerade zu Beginn zu einem chronologischen Durcheinander führt, das den ausgesprochen simplen Plot komplexer wirken lässt, als er tatsächlich ist. Da eine derart sprunghafte Erzählweise allerdings perfekt zu Harleys Charakter passt, kann man den Machern diesen Trick nicht wirklich ankreiden, die Pacing-Probleme, die diese Erzählweise gerade in der ersten Hälfte immer wieder verursacht, dagegen schon.
Anders als beim Vorgänger "Suicide Squad" bekommt man hier genau das, was die Trailer versprochen haben: Harley ist ganz klar das Zentrum des Films, während die anderen Figuren deutlich weniger Screentime erhalten haben, was jedoch nicht heißt, dass sie keine eigenen Akzente setzen. Huntress dürfte zwar die wenigsten Szenen der weiblichen Hauptfiguren haben, dafür gehören ihr aber auch die witzigsten Momente des Films. Cassandra Cain ist zumindest nicht nervig, was bei Kinderrollen durchaus positiv erwähnt werden kann. Über die Figur Renee Montoya werden ein paar Copfilm-Klischees genüsslich durch den Kakao gezogen und Canary hat die coolsten Kampfszenen bekommen. Na gut, genau genommen teilt sie sich diesen Punkt mit Harley, deren turnerischer Hintergrund aus den Comics hier schön in ihren Kampfstil eingeflossen ist. Überhaupt gehören die Kampfszenen zu den Highlights des Films, da sie ohne viele Schnitte auskommen und stattdessen auf sorgsam ausgeführte Choreografien gesetzt wurde, die von beeindruckenden Kamerafahrten eingefangen werden. Durch den kreativen Einsatz zahlreicher Utensilien sind die Actionsequenzen zudem so abwechslungsreich, dass sie bis zum Schluss nicht ermüdend werden und auch die musikalische Untermalung mit Pop- und Rocksongs ist größtenteils gelungen.
Der Film steht und fällt natürlich mit der Performance der Hauptdarstellerin und Margot Robbie geht in ihrer Paraderolle dieses Mal noch mehr auf als in "Suicide Squad". Dass der Film nicht gänzlich zur One-Harley-Quinn-Show wird, verhindert hauptsächlich Ewan McGregor, der sichtlich Spaß daran hat, sich hier als Dandy-hafter Gockel gnadenlos dem Overacting hinzugeben, was in diesen überdrehten Film einfach reinpasst. "Birds of Prey" leugnet seinen Comic-Ursprung nicht, sondern umarmt ihn regelrecht, was sich auch in den knallbunten Settings zeigt.
Während die erfolgreiche Emanzipation der Figuren am Ende deutlich herausgestellt wird, kommuniziert der Film seinen emanzipatorischen Meta-Subtext eher beiläufig. Eine Szene, in der Sionis seinen Sadismus an einer Barbesucherin auslässt, sticht in diesem Zusammenhang besonders heraus, wird hier doch im Kleinen aufgezeigt, auf welche Rolle Frauen in Comicfilmen (und auch in den zugrunde liegenden Vorlagen) viel zu lange beschränkt waren. Dass dies ausgerechnet in einem Film über Harley Quinn passiert, die in ihrer Anfangsphase in den Comics und auch noch in "Suicide Squad" geradezu als archetypische Verkörperung dieser misogynen Tendenzen angesehen werden kann, macht das Ansinnen in jedem Fall sympathisch und wiegt die dünne Story und die gelegentlichen Pacing-Probleme auf.