Bewertung: 4.5 / 5
Hintergrund
GODZILLA - KING OF THE MONSTERS ist der nun dritte Film des MonsterVerse von Legendary und Warner Brothers nach GODZILLA (2014) und dessen Prequel/Interquel/ Sequel KONG - SKULL ISLAND (2017). Nachdem GODZILLA (2014) seinen Status als Einzelproduktion glücklicherweise verlor begann die Ausarbeitung einer Neuauflage des ursprünglichen japanischen Cinematic/ Shared Universe aus der Anfangszeit des Genre des Kaiju Eiga.
Trailer zu Godzilla 2 - King of the Monsters
Gareth Edwards verließ das Projekt einer Godzilla-Fortsetzung um sich seiner größeren Leidenschaft zu widmen: Star Wars. Das Ergebnis ist der Film ROGUE ONE - A STAR WARS STORY. Als Nachfolger kam ein weiterer bekennender Godzilla-Fan auf den Regiestuhl: Michael Dougherty.
In der Zwischenzeit zeigten und setzten die japanischen Godzilla-Filme; SHIN GODZILLA (2016) und die Anime-Trilogie; GODZILLA - PLANET OF THE MONSTERS (2017), GODZILLA - CITY ON THE EDGE OF BATTLE (2018) und GODZILLA - THE PLANET EATER (2018) auf neue Darstellungen von alten, bekannten Inhalten und Sichtweisen. Die Anime-Trilogie vertiefte sich beispielsweise mit den letzten zwei Teilen in philosophische Diskussionen und Ideen [Mensch und Maschine (Godzilla - City on the Edge of Battle) & Mensch und Religion (Godzilla - The Planet Eater)] und brachte auch hier die sonst eher versteckten Botschaften offensiv ein.
Zurück aber zu Hollywood und damit Legendary. Mit Autor Zach Shields schrieb nun Michael Dougherty den dritten MonsterVerse-Film der mit vier der fünf populärsten und finanziell erfolgreichsten Toho-Kaiju: Godzilla, Rodan, Mothra und King Ghidorah aufwarten sollte. Insbesondere die letzten drei sollten mit diesem Film ihre Premiere in einem US-amerikanischen Film feiern.
Der Film und seine Stärken
GODZILLA - KING OF THE MONSTERS (2019) werde ich im folgenden Text als GKOTM2019 bezeichnen, um so Verwirrung mit der 1956 entstandenen US-Bearbeitung des ersten Filmes mit Godzilla von 1954 zu verhindern. Darüber hinaus ist ja der Titel GODZILLA - KING OF THE MONSTERS nach 1956 auch verschiedene japanische für und US-Produkte anzutreffen.
Waren die japanischen 4 neueren Godzilla-Filme von 2016 bis 2018 schon enorm ausgestattet mit Referenzen, so definiert GKOTM2019 hier Fanservice für mich persönlich komplett neu. Der Film bietet von der Verwendung von Archivaufnahmen, der 1:1 Nachstellung von Szenen, Neuschaffung von Inhalten, der „plötzliche“ Technologiesprung bis zum Trope des Angilas Murderporn und weiteren Easter Eggs ohne Ende bietet der Film was für den kundigen Fan.
Nebst japanisch-stämmigen Referenzen baut der Film auch Referenzen zu anderen Filmen Referenzen ein, wie etwa DER WEIßE HAI oder DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT. Ich bitte um Verzeihung, aber ich kann gar nicht alles jetzt in diesem Punkt aufzählen. Es ist einfach zu viel, was der Film hier zeigt und oder impliziert.
Aus diesem Grund nenne ich nur jetzt dieses Beispiel: das Rodan entgegen erster Entwürfe und der Linie des japanischen Filmes von 1964, wo King Ghidorah zum ersten Mal auftrat (Frankensteins Monster im Kampf gegen Ghidorah) sich zunächst King Ghidorah unterwarf war eine angenehme Überraschung.
Ich war echt der Überzeugung, dass die Konstellation des Kampfes 3-gegen-1 von 1964 sich wiederholen würde. Gerade auch deswegen als Produzent Thomas Tull mit der Aussage „Never change a winning team“ kam.
Darauf kommt die Länge von über 2 Stunden ist der Film. GKOTM2019 ist mit 132 Minuten damit der längste, wahre Godzilla-Film bisher. Es ist ein absoluter Orgasmus der quasi nur in den Menschen-Szenen komischerweise irgendwie ganz kurz zur Ruhe kommt um danach wieder voll durchzustarten.
Der Film übertraf dabei meine kühnsten Erwartungen und schaffte es mich blendend zu unterhalten.
Als ich den Film nur kurze Zeit später ein zweites Mal sah, hatte er nur aus diesem Grund alleine an Tempo verloren.
Durch meine momentane Lebenslage schaue ich kaum Filme, beziehungsweise komme ich auch kaum in den Genuss. Das hat natürlich Vor- und Nachteile, aber dieses Thema möchte ich jetzt nicht beginnen.
Als ich jedenfalls das Kino in Berlin verließ schlug ich mir vor Unglauben die Hände auf den Kopf. Sowas hatte ich noch nicht gesehen. Baff, ja ich einfach nur baff und sprachlos.
Dies konnte aber auch deswegen geschehen, weil ich selber meine Erwartungshaltung extremst nach unten geschraubt hatte. Sicher ein paar andere Erwartungen hatte ich noch im Vorfeld. Leider wurden diese komischerweise für eine Hollywood-Produktion nicht erfüllt, aber geschadet hat es diesem Film in keinster Weise.
Ein anderes Thema. Wie es ist mit der Screentime der Kaiju dieses Mal? Überraschenderweise bewegt sich diese auf demselben Niveau wie 2014 und wiederholt sogar dieselben „Fehler“ des Cutting-Away. Das war ja für mich selber niemals ein Problem. Vielleicht wird es ja als ein Merkmal dieser Godzilla-Kontinuität eingehen und anderen, eventuell zukünftigen Fans positiver gefallen.
Nichts desto weniger bleibt dieser Film ein Ereignis, der das MonsterVerse wunderbar weiterführt und vertieft.
Überhaupt ist die Darstellung der Kaiju entgegen der typischen westlichen Wahrnehmungsweise endlich dem auch dem Wort „Kaiju“ würdig denn hier sind sie jetzt endlich auch die Götter im Körper eines tierischen Überwesens mit teilweisen anthropomorphen Charakterzügen, die sie schon immer waren. Dass der Film sogar neue Kaiju zeigt, wenn auch nur für kleine Augenblicke, ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. Ein potentieller Reboot ohne Godzilla und Kong, aber mit Kaiju ließe sich den diesen Charakteren; Behemoth, Scylla und Methusaleh wunderbar arrangieren.
Rodan und Mothra hatten ja im Vergleich zu Japan keinen eigenen Debüt-Film vor dieser Produktion, aber sie wurden wunderbar und zufriedenstellend für ein westliches Publikum adaptiert. Gleich drei weitere Kaiju-Ikonen in einer Produktion unterzubringen war gewiss nicht einfach. Gerade bei Mothra gab es ja die Schwierigkeit, dass sie als gigantische Motte hier doch vor mehr Schwierigkeiten der Akzeptanz stand als Godzilla, Rodan und King Ghidorah.
Das Mothra und Rodan ein wenig hinter Godzilla und King Ghidorah zurücktreten mussten, war für mich akzeptabel. Sicher hätte ich gerne hier von Mothra und Rodan gesehen, aber wenn sie im Bild waren, war es wie für Godzilla und King Ghidorah: fantastisch!
Glücklich bin ich ebenfalls darüber das das Konzept des Drei-Persönlichkeiten-in-einem-Körper von King Ghidorah was überraschend ernst rüber gebracht wurde. Hier hatte ich wirklich große Bedenken, denn normalerweise wird dies ja für Parodien und Comedy genutzt.
Noch ein Wort zur musikalischen Untermalung des Filmes. Diese war einfach wunderbar.
Die menschlichen Charaktere. Diese weisen hier und da interessante Handlungen auf. Die bewusste Beeinflussung von Emma auf Maddie und das sich der Fokus dann mehr zu Mark und Maddie wandelt, fand ich persönlich sehr ansprechend. Es stimmt das, dass das MonsterVerse zwar bei den menschlichen Charakteren gewisse Tiefe und Identifikation eher vermissen lässt, da macht der dritte Film dieser Reihe leider auch keine Ausnahme.
Ich schaue aber darüber hinweg, weil es sich ja um eine Hollywood-Produktion handelt. Dies ist einfach die westliche Weise wie auf das Kaiju Eiga geschaut wird. Der Film hat so viele japanische Züge, da musste ja zwangsweise wieder etwas westliches rein und dies sind die meist dünnen Charakterzeichnungen der Menschen in diesem Falle.
Meine anfänglichen Befürchtungen, dass der Film sich hier quasi nur um Emma und Maddie drehen würde, wurden glücklicherweise nicht erfüllt. Das manchmal unlogische Verhalten der Charaktere in Angesicht in solchen Situationen ist eine lobenswerte Darstellung.
Die negativen Gefühle von Mark gegenüber Godzilla und der Wandel dessen, war für mich auch ein guter Punkt. Hier punktet auch wieder Ken Watanabe als Serizawa, denn er schafft es wieder mal mit seiner Präsenz alleine schon zu überzeugen. Mit den eigenen Dämonen Frieden schließen, sich selbst bewegen anstelle sich von anderen bewegt werden: das war ein Moment von Gänsehaut!
Der Tod Serizawas ist ein anderer Punkt, der wirklich hier im Vergleich zum Original-Godzilla von 1954 eine große Kehrtwende vollzieht. Hier opfert sich Serizawa damit Godzilla leben kann. Auch wenn King Ghidorah die größere Bedrohung im Moment darstellt, so bleibt Godzilla dennoch ja wie im Finale selber angesprochen ein wandelbarer Charakter.
Nicht erstarren, sondern Traditionen bewahren, neu interpretieren und weitergeben, dass ist wirklich das größte Vermächtnis dieses Filmes.
Der Film und seine Schwächen:
Der gesamte Charakter des Sam Coleman (Thomas Middleditch) war unnötig und der Humor im Film war total aufgezwungen. Diese zwei Faktoren hätten überhaupt nicht sein müssen. Ein kleines Trostpflaster ist, dass der Humor sich nicht vollständig auf dem Bayformers-Niveau befindet, er ist aber leider sehr gefährlich nahe dran. Stattdessen hätten sie beispielsweise den Charakter der Vivienne Graham (Sally Hawkins) mehr ausbauen können.
Der Plotstrang des Klimawandels hätte hier ruhig mehr Platz einnehmen können. Das hier die Strahlung der Kaiju hier das Leben zurückbringt war zu kurz. Insbesondere die Auswirkungen auf die menschliche, westliche Psyche wären doch interessant gewesen.
Eine Schwäche hat der Film durch seinen kolossalen Fanservice, der sich erst am Ende bemerkbar machen kann: trotz all dieser wunderbaren Szenen um Godzilla und Co. so zeigt dieser Film gefühlt keine wirkliche, eigene Handschrift von Michael Dougherty.
Weil der Film gefühlsmäßig gesprochen der Film aus ca. 90 % Referenzen aus früheren Titeln und nur 10 % sind wirklich neu scheinen, kann ich jetzt nicht sagen: dies ist ein Film mit Godzilla, Rodan, Mothra und King Ghidorah unter der Regie von Michael Dougherty. Die bisherigen japanischen Filme und die ersten zwei MonsterVerse-Filme sind hier ganz klar anders.
Die Bedrohung durch King Ghidorah wird wunderbar visuell dargestellt; die Stürme; aber gerade weil der Film ja schon früh als absoluter Fanservice zu erkennen gibt, ist klar: Godzilla wird der Bedrohung ein Ende bereiten. So entsteht leider zwischenzeitlich kein Gefühl von Angst oder wachsender Zuversicht, dass ich mir persönlich in Angesicht der Ereignisse doch gewünscht hätte.
Siehe auch den Alpha-Ruf. Die Kaiju die dann nach und nach erwachen und global für Chaos und Zerstörung sorgen. Wir sehen hier nur in Mexiko fliehende Menschen, nicht global.
Ausgerechnet der Oxygen Zerstörer ist für mich die größte Schwäche im Film. Die erste, wirksame Anti-Godzilla-Waffe aller Zeiten kam aus buchstäblich aus dem Nichts und seine Wirkung war nicht von langer, richtig entscheidender und wirksamer Dauer auf die Handlung dieses Filmes. Hier hätten Dougherty und sein Co-Autor Shields besser arbeiten können. Sie hätten es wie für den Original-Godzilla-Film einbauen können so das klar ist: es gibt diese Waffe und wird danach erst nach und nach enthüllt, bevor diese dann eingesetzt wird. Das King Ghidorah aufgrund seiner außerirdischen Natur von diesem nicht verletzt wird, sondern durch Godzilla selber ist nachvollziehbar, ändert aber nichts an der Einführung und des Einsatzes.
Persönlich denke ich, dass gerade diese gewaltige Menge an Fanservice hier den generellen, unwissenden Zuschauer ausschließen kann und so hier Probleme beim Genuss erzeugt. Ich fühlte mich hier wie bei allen Filmen um Godzilla und Co. bisher wirklich aufgehoben und verstanden, aber die vielen negativen Reaktionen seitens der Kritiker lassen mir diesen genannten Gedanken potentiell möglich erscheinen.
Schluss
GKOTM2019 kann in der Tat eine Form von Identitätssuche assistiert werden, denn er will so vieles und kann je nach Betrachtung dann sogar ohne Ende schwächeln. Je nachdem welchen Schwerpunkt sich der Zuschauer persönlich widmet. Mich aber haben die positiven Aspekte absolut überzeugt. Diese überwiegen für mich einfach.
Der finanzielle Erfolg des Filmes. Das Gerede von Flop hat mich persönlich nur gestört. Godzilla und Co. hatten schon immer Konkurrenz. Das Kaiju Eiga ist nun mal im Westen ein Nischenprodukt und dafür was seit PACIFIC RIM (2013) passiert, ist eigentlich für jeden bekennenden Fan ein Grund zur Freude. Wir haben unterschiedlichste Produktionen, die vor allem die Liebe zum Genre zelebrieren und das ist das wichtigste von allen. Das Kaiju Eiga hat einen neuen geschichtlichen Pfeiler in der populären Kultur errichtet, der so schnell nicht verschwindet wird.
Für mich ist es ein Segen, dass ich in dieser Zeit lebe und mir die Freiheit erlauben kann zwei unterschiedliche Kulturen - Japan und Hollywood - und deren Herangehensweisen zum Thema Riesenmonster zu genießen. Gespannt schaue ich jetzt auf GODZILLA VS. KONG im nächsten Jahr. 2020. Ein Kreis wird sich damit schließen. Das ReMatch zwischen Godzilla, dem King of the Monsters und Kong, dem Achten Weltwunder, dessen erster filmischer, gemeinsamer Auftritt 1962 mich zum Fan machte.
Diese vielschichtige, multiple Natur aus Tribut, US-amerikanischer Sicht auf Godzilla (Neutral; Balance, Beschützer und auch G.I. der U.S. Streitkräfte), westlichen und japanischen Realismus + Stilisierung machen GKTOM2019 in gewisser Form zu einer kolossalen Überraschungstüte.
Ich liebe Godzilla! Lang lebe der König!