Bewertung: 2 / 5
Ich muss gestehen, dass ich etwas gebraucht habe, etwas zu Matrix 4 zu schreiben, weil mich dieser Film so völlig sprach- und ratlos zurück gelassen hat, und ich mir einfach nicht im Klaren war, wie ich ihn finden soll.
Genauso wie beim ersten Matrix macht es hier recht wenig Sinn, etwas zum Inhalt zu sagen, da das schon spoilern würde und den eventuellen WTF im Film entgegen stehen könnte. Stattdessen gehen wir direkt ans Eingemachte und besprechen den Film möglichst Spoilerfrei.
Trailer zu Matrix Resurrections
Ich muss gestehen, dass ich zwar ein großer Fan der Matrix war als er erstmals ins Kino kam, aber mit der Zeit habe ich mich dem Film immer mehr entfremdet, mittlerweile denke ich, dass die ganze Trilogie recht schlecht inhaltlich gealtert ist. Auch ideologisch empfinde ich die Filme als sehr fragwürdig, und mit seinen pseudophilosophischen Aspekten auch ziemlich Banane, denn alles was interessant hätte sein können, wurde in den nächsten Teilen komplett gegen die Wand gefahren.
Eines hat aber immer funktioniert: Die Action, und sei es auf der untersten und niedrigsten Guilty Pleasure Ebene.
Enter Teil 4. Forsetzung, Reboot, Parodie? Schwer zu sagen.
Erstmals muss man festhalten, dass Keanu Reeves mehr denn je tatsächlich auch altern kann, das passt zwar ganz gut zu seiner Figur, irgendwo für den Normalsterblichen auch tröstlich, doch irgendwie auch irritierend. Und mit irritierend geht es dann auch weiter:
Es gibt viele Szenen, die sich am ersten Teil oder der Trilogie an sich orientieren, die bekannten Szenen aber immer wieder irgendwie abwandeln und so variieren, dass man sich fragt, ob das jetzt Hommage, Parodie oder ein verschmitzter Diss ist.
Und all das macht auch irgendwie Spass und ist auch Reizvoll. Spätestens wenn wir die Metaebenen bedienen mit einem humoristischen Ausflug ins heutige Showbusiness und man Franchises analysiert, ist man als Filmnerd voll dabei.
Auch das Spiel mit den Spiegelungen und Reflexionen über Schein, Sein, Sinn und Unsinn ist wirklich interessant, vor allem wie nonchalant damit umgegangen wird, ist wirklich sehr schön anzusehen. Und vor allem geht es natürlich um Selbstverwirklichung und seine Grenzen auszutesten und sich selbst zu definieren. All das ist ganz interessant und macht einen großen Teil des reizes dieses vierten Teiles aus. Auch kann ich sehr gut damit leben, dass dieser Film die Liebesgeschichte so sehr in den Fokus rückt, denn ganz ehrlich, im Grunde war es schon immer auch eine Liebesgeschichte gewesen und das hier jetzt so zentral zu platzieren macht auf jeden Fall Sinn.
Aber im Gegensatz zu den teilen vorher hat der neue Film ein ganz klares Tempo-Problem, sowohl in den Action-Szenen als auch abseits dessen. Und man merkt dem Film zu jedem Zeitpunkt eine mangelnde Dynamik in der kampfchoreographie an, etwas was in der ersten Trilogie eigentlich das absolute Prunkstück gewesen ist.
Unübersichtliche Kämpfe, die mehr darauf bedacht sind, weiterhin Metaebenen zu bedienen als einen ansprechenden Fight zu zeigen? Kann man machen, muss man nur durchdacht durchziehen, aber irgendwie wirkt das alles recht hölzern und nur ein fadenscheiniges Lippenbekenntnis, damit Ottonormalzuschauer am Ball bleibt.
Wenn wir dann spätestens den Oberschurken haben, der in bester Bond-Bösewicht-Manier, inkl. obligatorischer Katze auf dem Schoss, seine Boshaftigkeit haarklein und detailliert erzählt und dabei auch noch dem Bullettime Effekt eine Fuck-You-Abfuhr erteilt, ist das gleichzeitig eine Persiflage ans Blockbustergeschäft und eine Abfuhr ans eigene Erbe, und ein Offenbarungseid, dass man eigentlich gar nicht mehr weiss, was man eigentlich erzählen möchte.
Dazu passt dann auch wunderbar ins Bild, dass es auf der "guten Seite" genauso Erklärbäraktionen gibt, die einfach zwar erklären, was in der Zwischenzeit alles passiert ist, aber den Filmfluss dermassen ausbremsen, dass man sich fragt, wo die ganze dynamik hin ist.
Spätestens wenn dann noch eine dritte Kraft den Erklärbär in kryptisch gibt, ist eigentlich jedes Interesse verflogen. Einzig als es zum Finale hingeht, als mein größtes Problem mit dem Originalfilm und dessen ideologie tatsächlich auch adressiert wird, und sich da ein sehr mulmiges und ungutes Gefühl während einer Actionszene ausbreitet - zumindest es versucht - hat man ein bißchen das Gefühl, dass hier vielleicht die Kurve gekriegt werden könnte.
Aber da wird dann auch sinnbildlich was das große Problem dieses Films ist: Die Macherin hat sich weiter entwickelt, ist der original Matrix entwachsen, und kommt nur wegen dem Geld und anscheinend einem persönlichen Reingungsprozess zurück zum Franchise, möchte dabei einiges geraderücken, was sie damals im Bigger-Better-Worse Wahn verbockt haben, möchte vieles erklären, damit man endlich seine Ruhe findet, möchte dabei ein paar Kommentare zum Showbiz ablassen und dabei gleichzeitig auch noch einen erfüllteren und ideologisch weniger fragwürdigeren Film erschaffen. Und dabei auch noch das Prinzip des einen Neo unterwandern.
Vor allem Letzteres ist durchaus reizvoll, denn gerade so ein Filmemacher wie Wachowski dürfte da sicherlich die eine oder gewichtige Aussage zu Identifikation von sich geben können, und einen Augenblick denkt man: Ja, wenigstens das Ende kann was. Aber auch hier hat man entweder nicht die Eier, es durchzuziehen, etwas was Kenneth Brannagh schon vor über 30 Jahren mit Schatten der Vergangenheit so meisterhaft durchzuziehen in der Lage war, oder man hat, was eigentlich noch schlimmer wäre, einfach nicht die Eingebung gehabt überhaupt darüber nachzudenken.
Stattdessen haben wir ein martialisches, lächerliches Finale, in welchem jemand Besonderes ins zweite Glied gerückt wird. Hmmm.
Ganz kurz nochmal zu den Schauspielern: Es macht durchaus Sinn, dass die ganzen Haudegen von einst mittlerweile ersetzt werden (Weaving, Fishburne) und die Nachfolger machen ihre Sache durchaus sehr gut, nur die Inszenierung verheizt sie teilweise doch recht brutal. Reeves schauspielert zum ersten Mal seit Jahren wirklich gut und stolpert der Rollen beschreibung entsprechend durch seinen eigenen Film. Dabei wird er in seinem eigenen Film mehr als nur einmal zur Nebenfigur degradiert, anfangs durch Henwick und später durch Moss. Ersteres fühlt sich organisch an, letzteres sehr forciert. Und gerade Moss ist auch inhaltlich der größte Knackpunkt des Films: Ihr Charakter ist schlecht geschrieben, wenn überhaupt, und sie spielt einfach nicht gut.
Alles in allem ist Matrix 4 ein billig wirkender Blockbuster/Flop, der dirverse Metaebenen erfolgreich bedient, interessant genug ist, gesehen zu werden, aber mit zunehmender Dauer immer dröger werdend sich selbst unnötig in die Bedeutungslosigkeit manövriert. Er ist kein dummer Film, er ist sogar recht schlau, nur halt so - für die Verhältnisse des Budgets und der Macher vor und hinter Kamera - dilletantisch in Szene gesetzt, dass man sich fast fragt, welchem untalentierten Neffen des Produzenten man hier die Regie übertragen hat.
Hinzu kommt, dass Reeves je länger der Film dauert, umso stärker verheizt wird.
Und je länger ich darüber nachdenke, desto weniger kann ich dem Film ruihigen Gewissens mehr als 4 Punkte geben. (Nur ein Vergleich: Southland tales ist auch interessant, aber auch eine Gurke, nur dass der Film zumindest seine Story kohärent erzählen konnte, Matrix 4 kann fast gar nicht außer Katzenvideos, und selbst die sind leidlich lustig...)