Bewertung: 4.5 / 5
Natürlich wird sich The Guard in den deutschen Kinos schwertun. Da nutzt es auch nichts, dass der Verleih entschied, ihn mit dem Untertitel "Ein Ire sieht schwarz" zu versehen. Zumal der auf ziemlich banale Weise nach Slapstick-Komödie klingt. In Wahrheit ist John Michael McDonagh jedoch ein fantasievoller Landkrimi gelungen, der schwarzhumorig zwei Geschichten erzählt: die eines Drogenschmuggels und die einer ungewöhnlichen Partnerschaft zwischen zwei denkbar unterschiedlichen Kerlen.
Sergeant Gerry Boyle (Brendan Gleeson) ist ein Kleinstadt-Polizist irgendwo im Westen Irlands. Er hat sich sein gemütliches Leben so zurechtgelegt, wie es ihm passt. Klar verteidigt er die Regeln des Gesetzes. Doch von Zeit zu Zeit legt er sie so aus, wie es ihm am geeignetsten erscheint. Viel passiert nicht in seiner Provinz, und so bleibt für den Einzelgänger neben seiner Arbeit noch Zeit für die eine oder andere Nutte. Und für seine kranke Mutter (Fionnula Flanagan). Doch dann liegt da plötzlich eine Leiche. Und alles deutet darauf hin, dass ein internationaler Kokainschmuggler-Ring ausgerechnet an seiner Küste Drogen an Land bringen will.
Nun kommt es zu jener Konfrontation zweier charakterlich völlig gegensätzlicher Figuren, von der der Film in der Folge lebt: Denn der farbige FBI-Agent Wendell Everett (Don Cheadle) kommt in den Ort, um dem Treiben dort Einhalt zu gebieten. In zahllosen schwarzhumorigen, ja bisweilen rassistischen Dialogen lässt das fantastische Drehbuch von Autor und Regisseur John Michael McDonagh die beiden Sturköpfe aufeinanderprallen. Der überkorrekte Großstadt-Cop und der ausgebuffte Provinz-Polizist - was nach einer etwas verbrauchten Krimi-Kombination klingt, wird hier auf geniale Weise ausformuliert.
Jenseits aller Political Correctness werden Schwächen und Stärken beider Männer vorgeführt. Und auch wenn klar ist, dass sie am Ende an einem Strang ziehen müssen, um dem Verbrechen Einhalt zu gebieten, ist es doch ein Vergnügen, sie auf der Weg dorthin zu beobachten. Zumal der Kleinstadt-Polizist Boyle eben keiner ist, wie man ihn zuhauf etwa aus deutschen Krimis, zum Beispiel dem rbb-Polizeiruf 110 mit Horst Krause, kennt. Boyle hat so gar nichts Vertrotteltes, Weltfremdes, Hilfloses, sondern weiß sehr wohl, was zu tun ist.
Regisseur John Michael McDonagh positioniert seine Thriller-Handlung in einem melancholischen, ja bisweilen gar romantischen Klima. Natürlich lebt The Guard bestens von seinen exzellent gewählten, kruden Schauplätzen auf dem irischen Land, das hier so gar nichts mit der touristischen Vorstellung von satten Wiesen und irischer Kultur zu tun hat. Vor allem aber ist es das in Ein Seltsames Paar-Manier agierende Duo, das diesen Film trägt.
McDonagh behauptet, er hätte The Guard ohne Brendan Gleeson so nicht machen können. Auch wenn man diese übertriebene Form der Wertschätzung eines Darstellers von Regisseuren häufig hört, sollte sie hier wirklich zutreffen. Gleeson, im Laufe seiner Karriere häufig zur Nebenfigur degradiert (Mad-Eye Moody in Harry Potter), spielt zweifellos die Rolle seines Lebens, für die er jeden denkbaren Preis verdient hätte.
The Guard bekommt 4,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Kai-Oliver Derks)