Bewertung: 3 / 5
Das ist er also, der Film, der laut seinem Macher zu intelligent für eine ganze Generation von Smartphone-Zombies sein soll. Zwar gehöre ich auch den von Scott gescholtenen Millennians (sic!) an, aber ich bezweifle, dass dies der Grund ist, wieso ich den Film nicht für mehr als Durchschnitt halte.
Kurz zur Story: Die Frau des Ritters Jean de Carrouges bezichtigt dessen einstigen Freund der Vergewaltigung, was auf ein Duell auf Leben und Tod zwischen den beiden Edelmännern hinausläuft. Das war es im Prinzip auch schon und gibt so natürlich kaum Spielfilmlänge her, aber zum Glück hat einer der Drehbuchautoren Rashomon gesehen und so wird die gleiche Geschichte einfach drei Mal erzählt.
Trailer zu The Last Duel
Ich gebe zu, das war nun etwas salopp und unfair, denn tatsächlich ist der von Kurosawas Meisterwerk entliehene Ansatz, die Geschichte aus drei verschiedenen Perspektiven zu schildern, noch eine der Stärken des Films. Wie nachträglich entscheidende Details aufgedeckt werden und bestimmte Dinge in einem anderen Licht erscheinen lassen, ist ein klares Highlight des Werks. Technisch und inszenatorisch gibt es zudem nichts zu beanstanden, Ridley Scott hat handwerklich nichts verlernt.
Bei den Darstellern muss man Jodie Comer und Adam Driver hervorheben, während ich mir bei Damon und Affleck dagegen nicht sicher bin, ob die sich an einem britischen Akzent, wie ihn der Rest des Casts spricht (die Logik, Franzosen britisches Englisch sprechen zu lassen, wäre natürlich nochmal ein eigenes Thema), versucht oder einfach ihr eigenes Ding durchgezogen haben, das Ergebnis ist jedenfalls ein ziemliches Gaga-Kauderwelsch irgendwo zwischen Tom Hardy auf Crack und Werner Herzog. Affleck wirkt hier ohnehin wie in seinem eigenen Film und seine karikatureske Performance will nicht so Recht zum Rest passen.
Wenn ich so einen historisch verankerten Stoff heute rausbringe, stellt sich natürlich die Frage nach aktuellen Bezügen, erst Recht wenn das Sujet des Films in den letzten Jahren das alles beherrschende Thema in Hollywood war. Sollte man jedenfalls meinen, Ridley Scott stellt diese Frage allerdings nicht wirklich. Beziehungsweise lege ich es ihm mal zu seinen Gunsten so aus, dass er diese Frage nicht stellt, denn sollte er es doch tun, müsste ich seinen Film mit einer Minuswertung abstrafen für die reaktionäre Haltung, die er einnimmt.
Kurz vor dem großen Showdown lässt er Jodie Comers Charakter nämlich sinngemäß sagen, es sei falsch gewesen, ihren Vergewaltiger anzuklagen, richtig wäre es gewesen, darüber zu schweigen und ihrem Sohn eine brave Mutter zu sein. Das mag im historischen Kontext passen, aber das in einem 2021 erscheinenden Film so stehen zu lassen, zeugt schon von komplettem Desinteresse gegenüber dem aktuellen Diskurs.
In einem Jahr, in dem der herausragende Promising Young Woman das gleiche Thema so viel komplexer, kreativer und intelligenter bearbeitet hat, wirkt Scotts Beitrag tatsächlich so alt, als sei er in seinem Handlungszeitraum gedreht worden.