Bewertung: 4.5 / 5
Zack Snyder´s Justice League – der „Snyder Cut“, auf den wir alle gehofft und dann auch gewartet haben – ist endlich hier. Wir leben in einer sonderbaren Zeit: Draußen herrscht die Pandemie und der Lockdown nimmt uns Kino seit nunmehr fast 2 Jahren beinahe komplett weg. Doch in diese Leere strömen viele Projekte der Studios, die direkt auf VOD-Portalen landen. Und mitten in diese Ära der Veränderung für Film als Kunstform im Allgemeinen dringt nun diese Chance für Zack Snyder, der seine Vision der Justice League zwar nicht auf die Große Leinwand bringen darf, aber doch via HBO Max bzw. hierzulande Sky auf die Fernseher und Bildschirme dieser Welt. Doch hat sich das Warten gelohnt? Sind wir nach dieser Version um eine großartige Comicverfilmung reicher? Oder war alles Schall und Rauch und am Ende war der Film unrettbarer Käse?
Trailer zu Zack Snyder’s Justice League
DIESE KRITIK VERZICHTET AUF SPOILER.
Den Inhalt möchte ich mir an dieser Stelle aus zweierlei Gründen sparen: Einerseits ist die grundlegende Story um die Justice League und ihren Kampf gegen Steppenwolf um die Zukunft der Erde im Kern die gleiche wie in der 2017er Kinofassung unter Joss Whedon, auch wenn sie sich in vielen Details doch sehr unterscheidet und vor allem an Tiefe gewinnt. Andererseits möchte ich mich auch nicht in Spoiler verrennen, die die Leute abschrecken, die nur eine Review wollen, die ihnen die Entscheidung erleichtert, sich den Film anzuschauen oder eben nicht.
Persönlich habe ich mich für den Weg entschieden einfach einen Monat Sky Ticket für nen Zehner mitzunehmen. Ich dachte mir, dass es der einfachste Weg wäre und damit auch Wonder Woman 1984, sowie Birds of Prey greifbar sind, um diese ebenfalls zeitnah nachzuholen. Wie auch immer man sich den Film nun anschaut, in jedem Fall denke ich, dass er jede monetäre Unterstützung wert ist, die man ihm zukommen lassen kann.
Doch kommen wir zum eigentlich Thema, dem Film an sich. Zunächst sei gesagt, dass der Film unmissverständlich eine direkte Fortsetzung zu Snyders Man of Steel und Batman v Superman darstellt. Beide Filme, ihre Motive und auch die verschiedenen Storyarcs, die dort eröffnet wurden, werden in Justice League aufgegriffen, fortgeführt und vertieft. Der Film nimmt sich Zeit für seine Figuren, deren Geschichten und deren Innenleben. Insbesondere die beiden sträflich vernachlässigten Mitglieder der Justice League, Cyborg (Ray Fisher) und The Flash (Ezra Miller), bekommen hier nicht nur mehr Screentime, sondern auch sehr viel stärkere Hintergründe spendiert. Gerade Ray Fisher darf zeigen, was er auf dem Kasten hat und seine Relevanz für den gesamten Film und die Handlung kann nicht unterschätzt werden. Wo er bei Whedon beinahe zur Staffage verkam, ist er hier eine, wenn nicht die, zentrale Figur.
Überhaupt bekommen nahezu alle Helden im direkten Vergleich zur Kinofassung ungleich mehr zu tun. Die Einführungen der einzelnen Figuren, wie sie sich in diese Welt einfügen und auch an welchem Punkt in ihrer Geschichte sie sich befinden, ist sehr viel stärker fokussiert als in der 2-Stunden-Version. Der oft sehr forcierte Humor in Whedons Fassung fällt hier unter den Tisch und auch audiovisuell und tonal ist zu jeder Zeit klar, dass wir uns in einem Zack Snyder Film befinden. Dieser Umstand umfasst dabei dann natürlich auch die subjektiv gesehen sehr positiven oder negativen Aspekte seiner Filme: reagiert man allergisch auf viele Zeitlupen und generell ein ausgiebiges Spiel mit Beschleunigung und Verlangsamung des Bildes zu (sagen wir: mehr oder minder) dramatischen Zwecken, wird man auch hier häufig die Chance bekommen mit den Augen zu rollen. Mir gefällt, völlig subjektiv, sein Stil sehr gut und ich mag diesen Umgang mit Slow-Motion wirklich gerne, da er in den größeren Actionszenen oft den Fokus auf besonders gelungene Momente nicht verschwimmen lässt, sondern eher scharf stellt.
Die Action kommt allgemein nicht zu kurz, auch wenn sie hier viel besser verteilt wird als noch in der Kinofassung. Szenen bekommen Raum sich zu entfalten und die Story fühlt sich weit besser strukturiert und durchdacht an. Viele Momente, die in der Kinofassung entweder nur in Nebensätzen kurz abgehandelt oder durch Screenwriter-Taschenspielertricks in den Plot geworfen wurden, werden hier erläutert und vor allem gezeigt (Show, dont tell!) und der Zuschauer wird Stück für Stück durch die Story geführt.
Dass es unterm Strich nach wie vor ein „Heroes Unite against Evil“-Vehikel bleibt, sollte natürlich jedem bewusst sein. Aber wo Marvel seit Jahren wenig anderes macht, nur eben bunter, fröhlicher und weniger ernst, ist es – zumindest für mich – immer schön gewesen im DCEU, vor allem unter Snyder, einen Kontrast zu haben. Eine andere Herangehensweise an die Stoffe, die Helden und die Art die Geschichten zu erzählen. Hier darf man auch mal Blut sehen (nicht viel, aber immerhin), hier dürfen Situationen auch mal düster enden und nicht in jeder Szene muss ein Witz eingeflochten werden, der die Schwere nimmt. So passt vor allem Tonal dieser Snyder Cut ausgesprochen gut auf eine Streamingplattform, da er eben nicht gezwungen ist für die locker-flockige Kinoauswertung ein Blatt vor den Mund zu nehmen.
Ob einem der düster-ernste Ton nun passt oder nicht – Der Film ist trotzdem nicht ohne Humor, keineswegs: Immer wieder werden witzige (oder schlicht cheesy/coole) Momente eingestreut oder Helden hauen einfach einen One-Liner raus, der einem ein Grinsen auf die Lippen zaubert. Apropos Grinsen: Wann immer Snyder die DC-Heroen in Szene setzt, wurde meines breiter – denn diese Momente eines „Hell YEAH!“, wenn ein Mitglied der JLA richtig loslegt und zeigen darf, was es draufhat, sind vorhanden und dann immer auch richtig klasse.
Was die Effekte und Musik angeht, möchte ich nur noch ein paar Zeilen loswerden: Musikalisch werden viele Themen aus den beiden Vorgängerfilmen aufgegriffen und für die einzelnen Helden erneut verwendet, überhaupt ist der Score sehr breitwandig aufgestellt und untermalt die epischen Momente gekonnt. Effekttechnisch ist der Film häufig in etwa on par mit seiner Kinoversion, aber vor allem Steppenwolf (Ciarán Hinds) hat ein gigantisches Upgrade erfahren und sieht nicht nur weit besser und bedrohlicher aus; er darf auch häufiger unter Beweis stellen, wieso er in diesem Universum gefürchtet wird. Aus dem Schurken wird in der Langfassung nun sicher kein Ausbund an Tiefe, aber die Modifikationen, die diese an ihm vornimmt, bzw. die Whedon aus der Kinofassung gestrichen hatte, präsentieren einen weit bessereren und ernst zu nehmenderen Schurken als 2017.
Fazit:
Ist Zack Snyders Justice League eine Art Second Coming of Christ für Comicverfilmungen? Das sicherlich nicht, denn im Grunde krankt er nach wie vor an den gleichen „Problemen“, an denen seine Vorgänger zu knapsen hatten. Das kann man dann entweder gut finden, oder man stört sich daran. Die enorm comichafte Inszenierung Synders ist nach wie vor ein Streitpunkt und ob einem der düstere Ton nun gefällt oder man sich daran stößt, ist sicher eine rein subjektive Problematik. Ich persönlich war immer auf der Seite derer, die Snyders Stil sehr schätzen und habe mich nie daran gestört, wie er seine Filme inszeniert. Vor allem der Umstand, dass viele seiner Einstellungen direkt dem Comic-Panel entsprungen scheinen, zeigt doch, mit welcher Liebe zum Detail Snyder an diese Filme herantritt.
Sehr wilkommen war auch der Umstand, dass der Film seinen Figuren und dem Plot endlich den Raum zu Atmen eingesteht, den sie benötigen und keine zwei Stunden Action-Wundertüte mit Marvel-Anstrich lieferte, wie die Josstice League 2017. Vielmehr ist es eine epische Zusammenkunft der größten DC-Helden, die ihre beinahe 4 Stunden Laufzeit gut füllt und sehr selten Längen aufkommen lässt. Sicher: DC/Warner hätte den Film damals nach hinten schieben und die Solofilme vorziehen sollen – darüber sind wir uns sicherlich alle einig - aber gemessen an dem, was möglich war, ist Snyder hier durchaus ein echtes Kunststück gelungen. Nun bleibt im Anschluss bloß eines: Hoffen, dass Warner das Potenzial dieser Geschichte sieht und die Fans dem Film die Aufmerksamkeit angedeihen lassen, die er verdient hätte, damit, gerne auch nochmal in Zusammenarbeit mit HBO Max, vielleicht doch eine Fortsetzung kommen kann. Denn ich würde zu gerne sehen, wie Snyder für dieses DCEU weitere Geschichten kreiert, da das Ende, wie erwartet, natürlich offen bleibt.
Von mir bekommt Zack Synders Justice League jedenfalls
4,5/5 Hüte bzw. 9/10 Punkte
und die Empfehlung, insbesondere an alle Fans der beiden Vorgänger, dem Film unbedingt die Chance zu geben. Es lohnt sich!