„Zack Snyders Justice League ist der verschollene Snyder Cut, und nun können wir endlich die originale Vision des Regisseurs sehen.“
Nee, nicht ganz... Spätestens mit den 70 Millionen, die Warner nochmal in das Projekt gepumpt hat, ist auch den letzten klar geworden, dass der sogenannte „Snyder Cut“ nie in irgendeinem Bunker von Warner vor sich hin schimmelte. Was wir hier sehen, hätte auch in dieser Form nie den Weg in die Kinos gefunden, und wir verdankten diese Version eigentlich zwei Dingen: Der weiteren Schwächung der Kinos und parallel dem erstarken der Streaming-Dienste während der Corona-Pandemie.
Trailer zu Zack Snyder’s Justice League
Zweiter Versuch...
„Zack Snyders Justice League ist das, was man bekommt, wenn man einen Film für 70 Millionen in die Film-Muskelbude schickt, aber statt zu definieren hat er ordentlich Gewicht drauf gepackt, dabei aber ein paar (Erzähl-)Stränge eingerissen, sodass er sich nicht mehr gut bewegen kann.“
Bam! Nailed it!
Nun, was haben wir hier? Machen wir uns nichts vor, das hier ist im Kern derselbe Film wie 2017, nur mit mehr Szenen, mehr Action, mehr Zeitlupen (vor allem mehr Zeitlupen, so viele Zeitlupen) und einem anderen Farbspektrum. Und natürlich jetzt mit 4:3 aspect ratio, weil der Film nie im IMAX spielen wird und Snyders künstlerischer Ausdruck sich immer am besten auf dem Fernseher entfaltete. Dont ask.
Also, das Ding ist zwei Stunden länger und Szenen wurden verändert, ich vermute ich sollte über Dinge reden die anders sind, auf geht’s.
Während die Kernstruktur nicht angefasst wurde (Bösewicht will Erde erobern, Justice League assemble und suche MacGuffin, Justice League versagt und Superman muss die ganze Arbeit machen (nicht ganz)) so ist dieses Endprodukt irgendwie doch bizarr strukturiert, in einem sieben Kapitel umfassenden Rahmen der aber relativ beliebig gesetzt zu sein scheint. Interessant ist hier lediglich, dass die Grenzen zwischen Mini-Serie und Film hier zu verschwinden scheinen, im Vorfeld war das Serienformat ja auch in Diskussion. Gut getan hat das dem Film nicht wirklich, da ist kein narrativer Fluss oder Drang zwischen den Kapiteln. Lediglich das Pausieren fällt einem hier deutlich leichter.
Wo wir dabei sind, der Erzählfluss ist leider ein neues und gleichzeitig altes Problem. Die Kinoversion hatte das Problem, dass sie einfach gnadenlos zur Hölle geschnitten wurde, um im zwei-stunden Format die Platzierung von möglichst vielen Hintern über den Tag in jedem Kino zu ermöglichen. Hier gab es keinen Moment um mal durchzuatmen, der Film war zu gehetzt, das sich dort Plotholes aufmachten wo einfach das Kurzzeitgedächtnis Normalsterblicher nicht mehr mitmachte. Die neue Version hat dieses Problem nicht, hier wir hingegen weit ausgeschweift. Das dicke Problem ist aber jetzt, hier wir zu weit geschweift, und die neuen Erkenntnisse helfen der eigentlichen Handlung nicht weiter. Der Flash ist also sozial ungeschickt, aber eigentlich ein netter Kerl? Schön und gut, spielt aber eigentlich nirgends in die spätere Handlung und das wurde auch in der Kinoversion vermittelt. Aquaman hat ebenfalls Familienprobleme, aber das, was eigentlich den späteren Aquaman-Solofilm einleitet, hat ebenfalls wenig Notwendiges für die Bildung der League. Plus, es führt zu einer schrecklich verwirrenden Szene, die in einem Set Piece unter Wasser spielt, das verdächtig ähnlich zu einem im eigentlich späteren Aquaman aussieht (und Willem Defoe sollte nie lange Haare zu rasiertem Gesicht tragen). Am besten wird hier Cyborg bedient, der tatsächlich eine relativ komplette Hintergrundgeschichte bekommt, in deren Zusammenhang eine spätere Szene emotional sogar so was wie Tiefe erlangt, und die dann auch halbwegs gut in die Handlung passt. Aber, wie ein anderer User hier gut bemerkte: „Daddy-Issue-Hattrick!“
Snyder Inszeniert hier wieder seine gebrochenen Helden, die er so gerne inszeniert, auch wenn es (endlich) mit einer dringend benötigten Dosis Menschlichkeit und Humor einhergeht. Das Problem: wenn es dann um das Ziel geht das Team zusammen zu bringen, kriegt der Film auch über vier Stunden den Bogen nicht hin. Es wird viel melancholisch in der Ecke gesessen oder sich angemosert, aber die relevanten Figuren erscheinen eben zum richtigen Zeitpunkt weil es das Drehbuch verlangt, nicht weil die Dramaturgie sie zum natürlichen Zusammenarbeiten bringt. Der Grund von Flash, sich dem Team anzuschließen, ist genauso dödelig wie in der Kinoversion, Cyborg hat halt das MacGuffin, aber bei Aquaman bin ich mir bis heute nicht sicher, warum dieser überhaupt dabei ist. „United“ ist das Kernthema, so wird es uns immerhin permanent gesagt (auch gespiegelt auf der Seite der Antagonisten), aber die Teile wollen einfach nicht zusammen fallen. Das ärgert, besonders wenn Snyder uns mit seiner pathetischen Inszenierung dann auch noch immer wieder über den Kopf zieht, dass er diese Weirdos für Götter hält, wie bei der Gesangseinlage für den abtauchenden Aquaman oder den endlosen Zeitlupen-Intros seiner Helden. Eine Szene wie die bei den Avengers, wo diese rumalbern und wetten, ob jemand Thors Hammer heben kann, hätte hier mehr als gut getan.
Ebenfalls fällt negativ auf, dass einige Szenen, die in der Kinofassung schlecht waren, weiterhin schlecht bleiben. Unsere Helden stellen sich beim ersten Kontakt mir Superman genauso deppert an und provozieren eine scheinbar nötige Actionszene (die Superman vs Flash Sequenz rettet das fast wieder). Die Dialogszene zwischen Sups Mutter und Louis Lane ist ein klares Upgrade, und wird dann durch eine sinnlose Cameo zu einem einzigen Kopfschüttler. Snyder hat es leider weiterhin nicht geschafft, eine seiner schlimmsten Eigenschaften loszuwerden, nämlich seine eigenen Filme in Trailer für seine nächsten Filme zu verwandeln. Es wird nicht ganz so peinlich wie die Character-Teaser-Show bei „Batman v Superman“, die den Handlungsfluss komplett unterbrach, aber die Epiloge sind trotzdem eine sinnlose Zusammenstellung von bekannten und nicht bekannten Szenen und der Film hätte exakt bei der Team-Up Sequenz enden sollen. Das ist eine reine Ego-Show vom Regisseur, die seine Verfechter bestimmt im Dreieck springen lässt, und bei allen anderen irritiertes Kopfkratzen auslösen wird.
Ebenfalls fiel mir beim Sehen auf, was der für seinen tollen visuellen Stil immer so hoch gelobte Snyder doch für ein schlechter audio-visueller Erzähler ist. Hier ist alles plumper Text, und wird im Zweifelsfall doppelt betont. Ganz unangenehm wird das bei der Hintergrundgeschichte von Cyborg, wo wirklich alles ausbuchstabiert werden muss (wortwörtlich) was passiert. Die schlechte CGI beim metaphorischen Stier-gegen-Bären Kampf kann ich verzeihen, aber wenn mir zu der platten, aber klaren Symbolik noch aus dem Off erklärt wird, was Cyborg kann, während er es tut, denke ich der Regisseur hält seine Zuschauer für blöd.
Ich muss gestehen, dass der Film konsistenter, und der Wegfall der unpassenden Witze aus der Schmiede von Joss Whedon willkommen ist. Das soll keine Verteufelung von Whedon sein, die ja so populär ist, der Mann hat hier seinen Job gemacht den er machen musste, und das wars. Konsistenter ist aber eben noch nicht gut. So bekommt der in der Kinoversion oft belächelte Steppenwolf eine Hintergrundgeschichte und ein visuelles Update, aber für die Handlung dieses Filmes hat er exakt dieselbe Rolle. Es wird mehr davon gezeigt, was Comicfans bestimmt immer auf der Leinwand sehen wollten, aber erzähltechnisch kommen wir hier nicht wirklich weiter, außer man würde es für next level storytelling halten, wenn Bond Villains jetzt alle paar Minuten eine Memo an ihren Boss schicken würden.
Technisch ist das ganze, mit Ausnahmen, erstaunlich solide. Ebenso schauspielerisch, wobei den Stars hier durch Snyder rigiden Stil leider wenige Nuancen gegeben werden. Der hier komplett unterforderte Jeremy Irons sticht mit seiner kleinen Nebenrolle hier angenehm hervor. Der Soundtrack ist ebenfalls sehr Snyderisch, allerdings zurückhaltender auch wenn ich mir an einigen Stellen noch mehr Zurückhaltung gewünscht hätte (wie oft wollen wir den Wonder Woman cue denn noch hören?). Das 4:3 Format... nun, dieser Format verleiht vielen Filmen zu künstlerischem Ausdruck, man sehe sich einfach mal A Ghost Story an. Aber hier... bin ich offen gesagt überfragt.
Also, hat sich nach vier Jahren Snyder Cut Verschwörungstheorien, Hashtags, Flugbannern auf der ComicCon, Twitter Alarm und endlosen digitalen Debatten über das für und wieder der ganze Zirkus gelohnt? Ist das eine komplett eigenständige Vision, oder gar „visionär“?
Mit den Worten von Immortan Joe: Mediocre!
...und das ist einfach nicht gut genug. Leider ist die Hintergrundgeschichte zu den beiden Filmen inzwischen so viel interessanter als die Filme. Also hier zwei Thesen für den Abspann:
1) Die Kinofassung ist nicht besser, aber gerade weil sie so zerschnipselt ist für Cinephiles so viel unterhaltsamer.
2) Mit einem Cyborg Solo Film ließe sich hieraus ein solider zweieinhalb Stunden Film schneiden.