++ Update vom 08.12.2020: Christopher Nolan und Dune-Regisseur Denis Villeneuve, der es für essenziell hält, dass sein Film im Kino gesehen wird, sind nicht die einzigen Filmemacher, denen das, was Warner Bros. vorhat, gegen den Strich gegen. Zwar werden Patty Jenkins und Gal Gadot für den HBO Max-Deal mit Wonder Woman 1984 üppig entlohnt (die Rede ist von je 10 Mio. $), doch das bleibt in diesem finanziellen Maße wohl die Ausnahme.
The Suicide Squad-Macher James Gunn etwa soll nicht erfreut gewesen sein, als Warner Bros. nach der schockierenden Ankündigung eine "lustlose Formel" in den Raum stellte, um ihn und andere Gewinnbeteiligten an dem Film zu entschädigen. Und In the Heights-Regisseur Jon M. Chu soll sich völlig geschockt gezeigt haben, als er über die Entscheidung des Studios informiert wurde - er und Produzent Lin-Manuel Miranda, der Schöpfer des Broadway-Musicals, hatten Warner Bros. den Streamingdiensten gerade deshalb vorgezogen, da der Film ihrer Ansicht nach einen großen Kino-Release braucht.
++ News vom 08.12.2020: Falls es jemandem entgangen sein sollte: Warner Bros. hat alles verändert - und sich damit mächtig in die Nesseln gesetzt. Beginnend mit Wonder Woman 1984, werden alle Filme für 2021 zeitgleich mit ihrem Kinostart auch auf HBO Max veröffentlicht. Das schmeckt natürlich nicht allen, aber wie denkt denn Christopher Nolan darüber, des Studios Goldjunge, der Architekt der The Dark Knight-Trilogie und dank Tenet selbst ein gebranntes Kind?
Tja, wie man sich denken kann, nimmt Nolan, dessen Beziehung mit Warner Bros. bis zu Insomnia - Schlaflos aus dem Jahr 2002 zurückreicht, kein Blatt vor den Mund. In einem Statement gegenüber dem Hollywood Reporter sagt er Folgendes: Einige der größten Filmemacher und wichtigsten Filmstars in der Industrie seien mit dem Gedanken ins Bett gegangen, dass sie für das beste Filmstudio arbeiten - nur um nach dem Aufwachen festzustellen, dass sie für den schlechtesten Streamingdienst arbeiten. Autsch. Aber Nolan ist noch lange nicht fertig: Warner Bros. habe eine unglaubliche Maschinerie gehabt, um die Arbeit eines Filmemachers überall rauszubringen, sowohl im Kino als auch im Heimkino, und demontiere sie in diesem Moment. Man verstehe nicht mal, was man da verliere. Die Entscheidung ergebe keinen ökonomischen Sinn, und jeder Gelegenheits-Wall-Street-Investor könne den Unterschied zwischen "Disruption" und "Dysfunktion" sehen.
In einem Interview mit Entertainment Tonight wird Nolan noch ausführlicher. Wie er erzählt, hat ihn die Nachricht fassungslos gemacht, vor allem die Art und Weise, wie sie verkündet wurde. Es gebe eine solche Kontroverse darum, weil Warner Bros. es niemandem gesagt habe. Im Jahre 2021 habe man einige der besten Filmemacher und der größten Stars der Welt, die in manchen Fällen jahrelang an diesen Projekten gearbeitet haben, Projekten, die ihnen sehr am Herz liegen und dazu gedacht seien, auf der großen Leinwand erlebt zu werden. Sie sollten dem größtmöglichen Publikum zur Verfügung stehen, so Nolan. Und jetzt werden sie als Lockartikel für den gerade flügge gewordenen Streamingdienst benutzt, ohne jede Rücksprache. Es sei alles sehr, sehr chaotisch, eine richtige Lockvogeltaktik. So sollte man Filmemacher, Stars und all die Leute, die viel für diese Projekte gegeben haben, nicht behandeln, findet Nolan. Sie hätten es verdient gehabt, dass man sich mit ihnen darüber berät und bespricht, was mit ihrer Arbeit passieren sollte.
Langfristig gesehen, denkt Nolan, wissen alle Studios, dass das Kinoerlebnis wieder auf die Beine kommen und ein wichtiger Teil des Ökosystems sein werde. Was man im Moment sehe, sei, dass viele die Pandemie als Vorwand benutzen, um einen kurzfristigen Vorteil zu erringen, was sehr bedauerlich sei. Es sei keine Art, um Geschäfte zu machen, und nicht das Beste für die Gesundheit der Filmindustrie. Aber wenn die Kinos zurück seien und die Leute wieder dorthin strömen, wenn der Impfstoff auf dem Markt sei und es angemessene Gesundheitsschutzmaßnahmen seitens der Regierung gebe, dann sei er sehr optimistisch, was die langfristigen Aussichten der Industrie betreffe. Nolan ist sich sicher: Die Leute lieben es, ins Kino zu gehen, und sie werden auch wieder ins Kino gehen können.