Bewertung: 3.5 / 5
2016 steht ganz im Zeichen von Superhelden, die sich einmal richtig genüsslich die Fresse polieren. Nachdem wir erst vor wenigen Wochen miterlebt haben, wie die zwei größten Superhelden des DC Comics-Universums in Batman v Superman - Dawn of Justice aufeinander losgehen, schickt nun Marvel in The First Avenger - Civil War seine Heldenriege in den Bruderkrieg. Aus Freunden werden erbitterte Feinde und damit öffnet sich gleichzeitig der Vorhang für die Phase III des Marvel Cinematic Universe.
Steve Rogers (Chris Evans) hat als Captain America die Führung eines brandneuen Avenger-Teams übernommen und obwohl die Avengers die Welt bereits mehrmals gerettet haben, steigt zunehmend der Druck. Als bei einem neuen Einsatz hohe Kollateralschäden verursacht werden, schaltet sich die UNO ein: Fortan sollen die Avengers nicht mehr frei agieren dürfen und der Staatengemeinschaft unterstellt sein, die jegliche Einsätze legitimieren und freigeben soll. Während Tony Stark (Robert Downey Jr.) für die Unterzeichnung ist, die seiner Meinung nach für Ordnung sorgt, will Steve Rogers sich nicht erneut einer politischen Agenda beugen. Er will auch weiter seinem Gewissen verpflichtet sein, vor allem da sein alter Freund Bucky Barnes (Sebastian Stan) erneut in die Schusslinie gerät. Die unterschiedlichen Ansichten zwischen Stark und Rogers verhärten sich zu Fronten und treiben einen Keil zwischen die Avengers...
Trailer zu The First Avenger - Civil War
The First Avenger - Civil War Kritik
Eigentlich ist The First Avenger - Civil War der dritte Teil der Captain America-Reihe, aber kann man im MCU überhaupt noch so denken? Wohl kaum, denn zunehmend verwischen die Grenzen und Superhelden kommen und gehen in den einzelnen Filmreihen. Ein Resultat von inzwischen acht Jahren harter Arbeit, die sich immer mehr auszahlt und dafür sorgt, dass sich The First Avenger - Civil War mehr wie Avengers 2.5 anfühlt, so vollgestopft ist der Film mit allen bisher bekannten Superhelden und nicht nur das, auch Neuzugänge finden sogar einen Platz.
Dabei ist die Erwartungshaltung an The First Avenger - Civil War enorm, weil The Return of the First Avenger als der wohl stärkste Beitrag in Marvels Phase II angesehen werden kann. Der Plan, die Superhelden nun gegeneinander zu hetzen und nicht gegen einen übergeordneten Feind, ist durchaus clever und eröffnet den Machern in kommenden Marvel-Filmen mannigfaltige Möglichkeiten, welche letztlich zum Infinity War führen werden.
Wenn aber Superhelden sich prügeln, kommt unweigerlich der Vergleich zu DC Comics' Batman v Superman - Dawn of Justice auf. Im direkten Vergleich macht Marvel hier eindeutig den besseren Job. Deutlich ernster als die Vorgänger versuchen Joe und Anthony Russo dem Film mehr Gewicht durch Bodenständigkeit und Realismus zu verleihen. Gags fehlen zwar auch hier nicht, aber diese sind Beiwerk und zerstören nicht dramatische Szenen. Genau wie bei DC Comics wird die Kontrolle von Superhelden zum Auslöser eines Konflikts, nur deutlich besser aufgearbeitet und auch ausgiebig mit Pro- und Kontra-Punkten debattiert, was dazu führt, dass man zwar eine Seite favorisieren kann, aber weder Iron Man noch Captain America grundsätzlich falsche Positionen vertreten.
Dennoch wird mitunter etwas zu viel geredet und so verliert die Comicverfilmung immer wieder an Tempo, was zudem durch die vielen Sprünge zwischen den Schauplätzen rund um den Globus verstärkt wird. Immerhin können wir uns freuen, dass große Teile der Handlung in Deutschland spielen, wobei Berlin im Mittelpunkt steht. Warum aber dann auf einmal der Flughafen Leipzig-Halle in einer der besten Actionsequenzen zerlegt wird, kann wohl nur unserem Lieblingsproblemflughafen BER zuzuschreiben sein. Demgegenüber halten die anderen Actionsequenzen nicht mit der Superheldenklopperei auf dem Airport mit, die austauschbar wirken und sehr an andere Marvel-Filme erinnern - frei nach dem Motto, kennst du einen, kennst du alle.
Obwohl The First Avenger - Civil War bereits vollgestopft ist mit Superhelden, schafft es Marvel, neue Figuren zu etablieren. So erlebt Black Panther (Chadwick Boseman) seinen ersten großen Auftritt und wird im Zuge der Handlung sehr gelungen in das MCU eingeführt. Spider-Man (Tom Holland) hat hingegen ein wenig das Nachsehen. Zwar sind die Szenen mit ihm zwar sehr gelungen und er dürfte schnell zum Publikumsliebling im MCU avancieren, doch ist offensichtlich, dass seine Szenen ursprünglich nicht für diesen Film geplant waren. Wir möchten ihn in den Actionszenen zwar nicht missen, aber er trägt auch nichts zum Film bei und erhöht letztlich nur die Laufzeit. Reiner Fanservice halt.
Etwas unnütz erscheint auch die kleine und an sich unbedeutende Rolle von Martin Freeman als Everett K. Ross. Es ist schön, ihn zu sehen, aber gebraucht hätte man ihn kaum. Ganz anders dagegen Daniel Brühl als zentraler Antagonist Zemo. Zwar bleibt Brühl etwas blass, aber schön einen Gegenspieler zu sehen, der über das "Welt erobern"-Schema hinausgeht und eine glaubwürdigere Motivation versprüht. Die Wirkung wäre nur sehr viel größer, wäre Zemo bereits viel früher im MCU vorgestellt worden, nur leider verschläft es Marvel immer wieder, genug Zeit für die Gegenspieler mitzubringen und so wundert es dann nicht, dass etablierte Schurken beinahe lustlos verheizt werden.
Typisch Marvel bietet auch The First Avenger - Civil War die obligatorischen After Credit-Szenen. Eine während und eine am Ende des Abspanns. Wir konnten nur die erste Szene sehen, da Marvel die zweite vorerst noch geheimhält. Aber wie bei früheren Filmen geht es bei den After Credits schon lange nicht mehr um das spannende Anteasern kommender Filme, sondern handelt es sich fast nur noch um Gimmicks. Fans können also sitzen bleiben, aber wer früher geht, um den Nachtbus zu erreichen, verpasst auch nichts.
The First Avenger - Civil War Bewertung
The First Avenger - Civil War ist ein unterhaltsamer Film, der an vielen Stellen durchaus Gemeinsamkeiten zu Batman v Superman - Dawn of Justice aufweist. So teilt er einige Schwächen mit der Comicverfilmung wie die etwas zähe Handlung und zu lange Laufzeit. Gleichzeitig greift er ähnliche Themen wie die Überwachung von Superhelden auf, verarbeitet diese Thematik aber besser in der Rahmenhandlung. Bei aller Ähnlichkeit zeigt sich, dass Marvel einen Trumpf im Ärmel hat und das ist das bereits etablierte Filmuniversum. Man kann aus dem Vollen schöpfen, neue Figuren etablieren und zudem den Vorhang für die Phase III öffnen. Auch wenn nicht alles perfekt ist, die Ortssprünge etwas zu gut gemeint sind und The Return of the First Avenger insgesamt runder war, so ist The First Avenger - Civil War doch ein sehr guter Film mit ganz starker Tendenz zu 4 von 5 Hüten.