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Blau ist eine warme Farbe

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Blau ist eine warme Farbe Kritik

Blau ist eine warme Farbe Kritik

Blau ist eine warme Farbe Kritik
0 Kommentare - 07.01.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Blau ist eine warme Farbe" ist.

Bewertung: 3.5 / 5

Die Schülerin Adèle (Adèle Exarchopoulos) findet heraus, daß sie sich zu Frauen hingezogen fühlt. Nach ihren ersten sexuellen Erfahrungen mit einem Mann, verliebt sie sich in die siebzehnjährige Kunststudentin Emma (Léa Seydoux), die sie durch ihr Aussehen und ihre Attitüde beeindruckt. Die beiden lassen sich auf eine Affäre ein, aus der eine Beziehung entsteht. Nach ihrem Schulabschluss macht Adèle eine Ausbildung, während Emma sie zu ihrer Muse erklärt und sie ihren Künstlerfreunden vorstellt. Dort fühlt sich Adèle nicht richtig wohl und als Emma dann noch einige Zeit mit ihrer Exfreundin Lise (Mona Walravens) verbringt, ist das Chaos vorprogrammiert.

Diese Angst zu nicht zu gefallen, den sozialen Parametern für eine „gute Partie“, eine Partnerschaft, daß, was eigentlich über materielles hinausgeht und primär spiritueller Natur scheint, ist etwas, was skandalös anmutet, wenn man sich davon löst. Menschen sind nie wertungsfrei und immer Wertungen ausgesetzt. Eine Filmkritik beweist das ja. Dabei fragt man sich schon, wo der Skandal steckt, wenn jemand blaue Haare hat und eben als Frau mit einer Frau zusammen sein will. Auch da ist man vielleicht etwas überheblich, wenn man zumindest in Kreisen verkehrt, in denen Homosexualität eigentlich keine Rolle spielt. Insofern ist der Blick auf das Thema kein besonderer, weil das Thema für einen vielleicht gar kein Thema ist. In manchen Kreisen, wenngleich die soziale Anerkennung der sexuellen Präferenz im westlichen Teil der Welt ja weitestgehend mittlerweile zur Norm gehört, ist das aber dennoch wichtig. Insofern sind Filme über solche Themen vielleicht auch immer noch richtig und wichtig. Nun kann man sagen, daß das Queere Kino sicherlich nicht von Hollywood als eine Folge des Weinstein-Skandals entstanden ist. Was bei Disney wie eine Neuentdeckung anmutet, ist im Hinblick auf das europäische Kino der 1960er Jahre schon keine Neuheit mehr. Fassbinder und Co. Lassen grüßen. Es geht aber auch nicht so sehr darum, etwas Neues im Kino zu schaffen, sondern einen Zeitgeist widerzuspiegeln und im besten Moment wachzurütteln, zu kritisieren und etwas zu sagen.

Trailer zu Blau ist eine warme Farbe

Nun ist das Spannende an der These, daß man ja erstmal klären muss, ob Blau ist eine warme Farbe denn zu jenen Werken gehört, die etwas zu sagen haben. Jein, blödes Wort, aber so ist es. Filme, wie dieser sind nicht dafür gemacht, daß sie aufgeklärte und tolerante Menschen sehen, der Skandal, daß zwei Frauen immer wieder aufeinander kleben und jedwede Sexstellung ausprobieren, die es ihnen eben ermöglicht ihre Liebe in Physis zu verwandeln, ist für einen Teil der Bevölkerung sicherlich provokant. Interessant ist hier, daß Sexualität einen gewissen Blick erfüllt. Es reicht nicht, wenn sich ein heterosexueller Regisseur an ein homosexuelles Thema, also eine Liebe unter zwei Frauen heranwagt. So die moderne These. Nicht umsonst müssen Regisseure von Black Panther (2018) schwarz sein, von Captain Marvel (2019) weiblich und von Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings (2021) asiatisch. Diese Form der Segregation sorgt dafür, daß Werke wie Blau ist eine warme Farbe, oder auch Ghostbusters (2016) keinerlei Platz im modernen Kino mehr haben, denn man darf nur noch das abzeichnen, was man auch ist. Warum dieser Diskurs nun für diesen Film aber so wichtig ist, liegt darin begründet, daß Sex im Kino eben sehr heikel ist und dieser Film nicht mit Sex spart. Nun werden die wenigsten männlichen Zuschauer jemals bei einem Akt zwischen zwei Frauen dabeigewesen sein, der sich auch rein auf die weibliche Perspektive beschränkt. Pornos sind hier also ausgenommen. Ob der Blick nun wirklich so anders ist und ob Blau ist eine warme Farbe somit einen sogenannten Male gaze bedient, darüber lässt sich streiten. Doch das schöne ist, daß man tatsächlich in einem Werk noch darüber streiten kann.

Indes beobachtet man eine völlig belanglose Beziehung. Die Frage, ob die Hauptfigur Adèle nun lesbisch ist, oder nicht, ist durchaus eine interessante. Darüber hinaus läuft das nach einem Klischee ab: Paar trifft sich, Paar verliebt sich, Paar hat oft Sex, Paar streitet sich, Paar trennt sich und Ende. Ja, vielleicht ist das banal. Sicher ist es banal, daß was die Beziehung hier so berichtenswert macht ist keineswegs besonders und wenn man so darüber nachdenkt, dann ist die Homosexualität das besondere am Film. Der gesamte Film wäre ja keineswegs erzählenswert, wenn es eine gewöhnliche Beziehung wäre, die in die Brüche ginge. Wenn man dann aber das Wort gewöhnlich verwendet, dann ist ja eigentlich klar, daß es nur zum Film taugt, weil die beiden Frauen sind und wenn man das weiterdenkt, dann kann das nur besonders sein, zumindest aus der Perspektive der Filmschaffenden. Es ist besonders, für diese Menschen. Nur ist Homosexualität keineswegs besonders und insofern auch keineswegs berichtenswert, in diesem Film. Natürlich zeigt der Film aber nicht nur das, sondern geht auch näher darauf ein, wie sehr Menschen von der Gesellschaft geächtet werden, wenn sie eben nicht der sogenannten Norm entsprechen. Was auch immer das sein soll. Und ja, auch das ist klischiert und somit kaum der Rede wert. Doch Blau ist eine warme Farbe ist relativ clever, wenn es darum geht, da einen Unterschied hervorzuheben. Denn Hass beziehungsweise Furcht vor Homosexualität empfinden häufig Menschen, die eher aus schlichteren Verhältnissen stammen. Menschen, die strenge und konformorientierte Werte vermittelt bekommen. Dabei stellt der Film die Arbeiterklasse und die Intellektuellen hier klar gegeneinander. Ob nun Intellektuelle soviel progressiver sind und das nicht wieder nur ein versnobtes Klischee ist, darüber lässt sich ebenso streiten. Doch es ist eine Meinung.

Man fühlt sich die gesamte Laufzeit immer wieder an Boyhood (2014) erinnert. Der gesamte Film ist eben die Darstellung eines gewöhnlichen Lebens und das ist nicht zwingend schlecht. Schließlich ist das schauspielerische Talent von Lea und Adèle Exarchopoulos und Léa Seydoux über jeden Zweifel erhaben. Besonders Seydoux überzeugt in ihrer Rolle, weil sie etwas sehr Starkes und offenes in sich hat. Sie ist ebenso verletzlich, wenn ihr etwas Schlimmes widerfährt und dennoch hat das nie etwas zu übertriebenes, sondern sit genauso, wie man es erwarten würde. Zudem ist es spannend, wie es Regisseur Kechiche gelingt diese Klassenunterschiede zwischen den Figuren immer wieder ganz subtil einzustreuen. Sei es die Berufswahl, daß Essen und vieles weiteres. Natürlich auch immer in einem gewissen Klischee verhaftet, doch die Grenzen verschwimmen ja sowieso grundsätzlich und dann ist es wiederum sehr interessant, worauf hingedeutet wird.

In Teilen ist Blau ist eine warme Farbe die Zustandsbeschreibung eines banalen Lebens. Die Erkenntnis ist, daß Menschen, die dem gleichen Geschlecht nach schielen ebenso normal sind, wie eben Menschen, die Hetero sind. Das kann man revolutionär nennen, könnte aber auch genauso belanglos sein. Insgesamt ist es natürlich ein nettes Liebesdrama, das auch zum Ende hin erstaunlich unversöhnlich mit der Liebe ist und mit expliziten Szenen zumindest zur Provokation taugt. Und insofern gefällt das gut, auch im Hinblick auf die schauspielerische Leistung.

Blau ist eine warme Farbe Bewertung
Bewertung des Films
710

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