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Cocktail für eine Leiche

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Cocktail für eine Leiche Kritik

Cocktail für eine Leiche Kritik

Cocktail für eine Leiche Kritik
0 Kommentare - 07.07.2023 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Cocktail für eine Leiche" ist.

Bewertung: 4 / 5

Nach einer Vorlesung ihres Professors Rupert Cadell (James Stewart) über die Kunst des Mordes entscheiden sich die Studenten Brandon Shaw (John Dall) und Phillip Morgan (Farley Granger) dazu, ihren Kommilitonen David (Dick Hogan) zu töten und seine Leiche in einer Truhe in ihrem Apartment zu verstauen. Kurz darauf erwarten sie Gäste in ihrer Wohnung, zu denen auch ihr Professor gehört.

Die sinistren Absichten kalter Seelen inmitten einer praktisch unüberschaubaren Welt sorgen im Genre des Krimis immer wieder für diese eine Frage, dieses eine Ziel sozusagen, daß die antagonistische Kraft erreichen will. Das perfekte Verbrechen, titelgebend für den Thriller mit Anthony Hopkins und Ryan Gosling und darüber hinaus ein Faszinosum. Faszinierend ist das wohl aus mehreren Gründen. Menschen neigen dazu, sich von Gräueltaten angezogen zu fühlen und nirgendwo merkt man eine eigenartigere Form des Voyeurismus, als in einem Thriller/Krimi. Ausgenommen sind hier vielleicht Torture-Porn-Filme. Der Plan, der hier als perfekt angesehen wird, ist allerdings bestenfalls dilettantisch. Nun muss ich gestehen, daß ich weder eine Expertise im Bereich des Mordens, noch im Verschwinden einer Leiche habe. Und dennoch muss man sich unweigerlich fragen, ob es sinnvoll ist, eine Leiche inmitten einer Truhe in den eigenen vier Wänden zu verstecken. Klar, die Leichenstarre und damit der Gestank treten vielleicht erst etwas später, doch ist dem wirklich so? Ich weiß das nicht zu beantworten, doch wenn der leblose Körper nun anfängt zu faulen, dann sollte man wohl jede Menge Duftkerzen und Brise one touch im Zimmer aufstellen. Natürlich kommt die Idee immer wieder so ein wenig ins Straucheln, weil die Figuren sich teilweise um Kopf und Kragen reden und dann wiederum fragt man sich, wie schnell Professor Cadell eins und eins zusammenzählen kann und da scheinbar auf eine Lösung kommt. Denn allein schon der Gedankengang, daß es einen Mord gegeben haben könnte, ist ja doch etwas weit hergeholt und konstruiert.

Dieser Film steht in einer Tradition, die längst vergangen ist und in Zeiten der Entmystifizierung jedweder Entscheidung im Kino wohl kaum noch so gemacht werden könnte. So würde es wohl vielen Thrillern von Hitchcock ergehen. Denn wie so häufig für einen Hitchcock ist in Cocktail für eine Leiche alles andere wesentlich interessante, als das auslösende Verbrechen, beziehungsweise der Mord. Hitchcock ist wahnsinnig intelligent darin, dem Zuschauer nicht zu erklären, was eigentlich die Beweggründe seiner Mörder sind. Es wirkt für sie, wie ein Spiel, ein Machtvergleich und so ist es bezeichnend, daß sich etwa Brandon Shaw so sicher in seiner Sache ist, daß er trotz dessen, daß er eine Leiche in den eigenen vier Wänden versteckt, trotzdem eine Cocktailparty abhält und enge Freunde und Weggefährten aus seinem Studium einlädt. Faszinierend ist die Figur ohnehin, weil die Figur nach Nietzsche geht und an eine höhere Klasse von Menschen glaubt, die über gewöhnliche Menschen hinausgehen und damit auch einen höheren Stellenwert haben, als andere. Arthur Laurents Drehbuch überspitzt das, zumindest für die 1940er Jahre und zeigt damit auf, wie sehr sich der Mensch doch selbst überschätzen kann. Allein dadurch ist Cocktail für eine Leiche wohl neben Filmen wie Die Vögel (1963) eines der nach wie vor aktuellsten Werke von Alfred Hitchock. Denn tatsächlich lässt sich ja jener Gedankengang ganz gut auf unsere Zeit übertragen. Bedenkt man, wie viel Einfluss soziale Medien auf unser Tun und unser Sein haben, wie bedeutsam Selbstoptimierung in Form von Kosmetika, Fitnessstudios, der sogenannten Work-Life Balance und vielem weiteren sind, dann fällt auf, daß jene Menschen, die nicht danach streben, sogenannte „Alphas" zu sein, eben weniger wert sind.

Natürlich ist das Werk, welches kurz nach dem 2. Weltkrieg entstanden ist, eben auch ein Verweis darauf, wie leicht Menschen doch in ihrem Streben über die Stränge schlagen können. So werden rassentheoretische Gedanken der Nazis auch erwähnt, aber als dilletantisch in ihrer Ausübung verstanden. Der Film taucht dabei tief in den finstersten Gedanken der Menschheit ab und offenbart einen Zynismus vermeintlicher Intellektueller, deren Kapazitäten und Status innerhalb der Gesellschaft auch primär über Kapital definiert wird. Auch hier also ein Verweis auf unsere aktuelle Zeit. Interessant ist dabei vor allem auch die Rolle von James Stewart als Professor Rupert Cadell, dessen philosophische Thesen insbesondere Brandon Shaw überhaupt dazu inspirierten, einen Mord zu begehen. Natürlich darf man sowas auch nicht ganz für voll nehmen, denn schließlich ist jeder – sofern man nicht unter irgendwelchen psychischen Gebrechen leidet – für ein Handeln selbst verantwortlich. Nun impliziert der Film zum einen sicherlich, daß Brandon Shaw schon stark soziopathische Züge aufweist und dem Leben Anderer gegenüber sehr praktisch entgegenblickt. Nutzen und Macht sind die Dinge, die nach seiner Auslegung einen Menschen wertvoll gestalten. Indessen ist die Rolle von Professor Cadell durchaus spannend, weil seine Figur tatsächlich ebenfalls sehr entmenschlichende Thesen in den Raum wirft. Daraus folgt aber ein unglaublich spannendes Machtspiel, welches die Figuren immer wieder in ein neues Ungleichgewicht wirft.

Es wird sicherlich vielen so gehen und es fühlt sich in manchen Bereichen eben total blöd an, die eigenen Klischees mehr oder weniger bestätigt zu wissen. Denn im Falle von John Dall, der seine Figur mit einer eigenartigen Faszination für diese verkörpert, merkt man am gesamten Gestus und Habitus, daß diese Figur, wie auch der Künstler dahinter wohl etwas Homosexuelles zu sich haben. Auch sein Leinwandpartner Farley Granger, sowie Drehbuchautor Athur Laurents und die Figuren des Theaterstücks, auf denen die beiden basieren, waren es. Das ist natürlich nur das Klischee, doch viele dieser Klischees kommen irgendwo her und man kann wohl zur Versöhnung sagen, daß es in Filmen eigentlich immer um die Darstellung von Klischees geht. Warum das nun wichtig ist, liegt im Film begründet. Denn obwohl Brandon Shaw und Phillip Morgan anscheinend zusammen leben, wird ihre Beziehung zueinander nie klar ausdefiniert. Sie wohnen einfach zusammen, wirken wie ein Paar und stellen die unterschiedlichen Machtgefüge, in einer eher seltsamen Beziehung dar. Seltsam ist sie deshalb, weil es eben Machtgefälle gibt und eine Person mehr entscheidet, als die andere. Nun könnte man antiintellektuell darüber urteilen und dem Film damit Homophobie unterstellen, weil er zwei Schwule zu Mördern macht. Doch das ist gar nicht der Punkt. Ihre Beziehung zueinander führt sie ja nicht dazu, daß sie einen Mord begehen. Es sind mehr der soziale, wie auch der wirtschaftliche Stand, der das auslöst. Hitchcock scheint hier eine sehr spannende und wertfreie Beziehung zweier Männer in den Mittelpunkt zu rücken.

Ein feierlicher Anlass, seltsame Gestalten und ein Mord. Wenngleich dies keine Agatha Christie-Verfilmung ist, so ist Cocktail für eine Leiche dennoch ähnlich mit seinem Ensemble verstrickt. Der Film geht, wie üblich bei Hitchcock über einen reinen Mord hinaus und bietet spannende Beziehungsgeflechte, eine interessante philosophische und vor allem zeitgemäße Fragestellung und kann indes als ein erschreckend unterhaltsames Spiel von Macht und Überlegenheit verstanden werden.

Cocktail für eine Leiche Bewertung
Bewertung des Films
810

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