Bewertung: 4.5 / 5
Episode I: Was mir gefällt
Star Wars – The Last Jedi bringt die Serie mit einer reichen, charaktergetrieben Handlung zurück in die glorreichen Tage der originalen Space Opera und betritt gleichzeitig neues Territorium. Rian Johnson hat es geschafft einen Film machen, der sowohl als eigenständiger, dramatischer Mittelpunkt einer neuen Trilogie funktioniert, als auch eine Art Hommage an Empire Strikes Back. Völlig passend dazu webt er vor dem Hintergrund der Flucht des Wiederstandes vor der „First Order“ die Nebenhandlungen und Charakterentwicklungen der aus The Force Awakens übernommenen Charaktere ein. Das Ganze wirkt sehr familiär, manövriert aber trotzdem in neue Richtungen und hat einige echte, und in meinen Augen intelligente, Wendungen parat.
Soweit zu meinem „Karten auf den Tisch“ Intro… Also, hier ist einer der wichtigsten Aspekte des Filmes: um ihn wirklich zu mögen, muss man die in im Vorgänger etablierten Charaktere mögen und an ihren Entwicklungen interessiert sein. Glücklicherweise tue ich das, man kann Episode VII kritisieren dafür, dass er fast ein Remake von A New Hope war, aber er brachte etwas zu Star Wars zurück, was für die originale Trilogie so wichtig war und bei den Prequels so schmerzhaft vermisst wurde: sympathische, glaubwürdige Charaktere.
Kylo Ren bleibt ein interessanter Antagonist (...or, is he?), der zunächst weiter von Unsicherheit getrieben scheint. Nach einer tüchtigen Zurechtweisung durch Supreme Leader Snoke beginnt er allerdings, seinen Charakter, die Handlung und die Mythologie der Macht in neue, unerwartete Bahnen zu lenken. Die Weise, wie seine ursprüngliche Motivation durch Rückblenden offenbart wird, was gleichzeitig die Entwicklung von Rey vorantreibt, war mit Expertise und Feingefühl gehandhabt.
Das ist vielleicht auch ein guter Punkt anzusprechen, wie die Filme die Macht der Star Wars Filme behandelt. Im Gegensatz zu den Prequels, in denen die Macht eher ungelenk als ein Gimmick behandelt wurde, mit der man… Dinge bewegen kann (und die messbar ist…), stellt Last Jedi die Macht als Balance dar. Das passt viel besser zu der Beschreibung von Master Joda in Empire, und wird geschickt genutzt um Ren und Rey als zwei Seiten einer Medaille darzustellen. Es gibt einen großartigen Moment nach dem ersten Klimax des Filmes, in dem die beiden sich kurz verbünden… um dann in einer weiteren Wendung kaltes Wasser über Rey zu schütten und ihr klar zu machen, dass die beiden doch nicht dasselbe wollen. Oder noch nicht, man darf gespannt sein.
Rey als Protagonistin durchläuft so etwas wie die Entwicklung von Luke in Empire. Der kleine, aber signifikante Unterschied (mehr dazu später) ist allerdings, dass sie sich ihrer Rolle in der Geschichte sehr unklar ist und nach Sicherheit, dargestellt durch die Identität ihrer Eltern, sucht. Es gibt eine sehr gut inszenierte Hommage an die Szene in Empire, in der Luke mit Vader, oder besser sich selbst, konfrontiert wird. Rey findet sich auch in einer Höhle wieder, aber sie wird nicht mit ihrem Gegner sondern mit ihrem Wunsch nach Identität konfrontiert. Die Szene funktioniert sowohl als Anspielung an Vererbbarkeit und Schicksal, zwei große Themen aller Star Wars Filme und definitiv in diesem. Sie funktioniert auch als die böse Offenbarung, die in anderer Form auch Luke in der Höhle widerfuhr, indem Rey damit konfrontiert wird, dass ihre Abstammung irrelevant ist und sie auf sich alleine gestellt ist.
Luke Skywalker betritt den Film gleich mit einer unvorhergesehenen Wendung: Statt als weiser Jedi Master Rey unter seine Fittiche zu nehmen, lehnt er sie brüsk ab. Er hat sich, wie später herauskommt, komplett von der Macht abgekapselt, weil er das ständige Versagen der Jedi, und von sich selber, nicht mehr ertrug. Und ich applaudiere dem Drehbuch dazu, dieses Thema zum Hauptthema des Filmes gemacht zu haben, denn:
A) Dies ist der zweite Akt im Drama, in dem die Protagonisten auf dem niedrigsten Punkt landen, und
B) mehr dazu beim Thema „Lukes Charakter wurde falsch gehandhabt.“
Die Dialoge zwischen Rey und Luke gehören für mich übrigens zu den Highlights des Filmes, und mir gefällt, dass der Film die Macht von den Jedi wegnimmt und sie sozusagen allen zugänglich macht. Luke kreidet dies völlig zu Recht als Hybris und Arroganz an, und in einer intelligenten Wendung wird diese Hybris und Arroganz dann auch Snoke zum Verhängnis.
Fin und Poe bleiben eher Nebencharaktere, die aber ebenfalls eine Entwicklung durchlaufen, auf die ich auch in „Episode zwei“ eingehen werde. Leia macht einen deutlichen Schritt in den Hintergrund, und macht den neuen Protagonisten Platz, was ebenfalls eine gute Entscheidung war. Ebenso bleibt Captain Phasma eher als Plot Device, genauso wie der neue Charakter DJ.
Die Handlung ist bewusst gewählt familiär, aber reich an unvorhersehbaren Wendungen, die ich allesamt sehr gut fand (mehr dazu später…). Die Schauspieler sind alle stark, aber besonders Adam Driver und Daisy Ridley in den Hauptrollen glänzen, was die gesteigerte Wichtigkeit ihrer Rollen wiederspiegelt. Die dramatischen Szenen und Action sind mit Gusto und einem hervorragenden Schnitt in Form gebracht, und auch der strukturelle Schnitt lässt einen bei den vielen Handlungssträngen nicht den Überblick verlieren. Viele der Szenen funktionieren auch durch die perfekte Ton- und Musikwahl so gut, wobei ich den Klimax in Thronraum und die darauffolgende Szene im Weltraum, in der Snokes Schiff gerammt wird, hervorheben muss. Sogar in Zeiten in denen man mit CGI fast alles machen kann (aber nicht sollte *hüstel*) waren diese absolut grandios. Und generell sprüht der Film an liebevoll umgesetzten kleinen Details. Der Humor war wohl dosiert, und stellte mit den genannten Stärken den alten fun space adventure Vibe wieder her.
Ich hoffe ich konnte ein bisschen beleuchten, was ich für die Stärken des Filmes halte.
Ergo…
Episode II: Was andere nicht mochten
„Lukes Charakter wurde falsch behandelt.“
Es gibt offenbar viele Zuschauer die der Meinung sind, durch die Darstellung Lukes als zunächst schroffer Eremit, und nicht als der Held der originalen Teile, würde dieser falsch eingesetzt. Und offensichtlich bin ich anderer Meinung. Lukes Motivation ist reichlich begründet, und ich fand es toll dass sich der Film des Themas des Versagens der Jedi so offen angenommen hat.
Denn Star Wars hatte schon lange ein Jedi Problem… Die vorherigen Filme behandelten die Jedi fast schon, ich sage mal nicht konsistent (Obi Wan und Joda verschweigen Luke das Vader sein Vater ist mit der klaren Möglichkeit, das Luke diesen ermordet, und in Episode I interessieren sich die edlen Ritter einen Dreck für die Sklaven, mit Ausnahme des einen mit den vielen Mediclorianern). Das Luke am Boden ist passt dramaturgisch in den zweiten, dunklen Akt des Dramas, und es eröffnet eines der Themen des Filmes: The greatest teacher, failure is. Also ein Bravo von mir an das Drehbuch, sich damit zu konfrontieren.
Oder alternativ: Wäre der Film besser gewesen, wenn ein weiser Luke Rey trainiert hätte, und dann den Widerstand angeführt hätte? Wenn er dann im nächsten Film Ren besiegt und zerhackt hätte? Ich denke nicht, dass wäre ziemlich flach gewesen. Ich meine viele beschweren sich auch über den Reboot Charakter der neuen Filme, was soll es denn nun sein? Luke musste gehen, um Platz für die neue Dynamik von Rey und Ren zu machen.
“Rey ist zu stark.”
Ein Überbleibsel von Kritiken zu The Force Awakens. Zum einen einfach falsch, da z.B. im Dialog von Rey mit Han in diesem klar dargestellt wird, dass Rey sich mit dem Millennium Falcon sehr gut auskennt. Und zum anderen reden wir hier von einem Star Wars Protagonisten… Dies ist beispielhaft für diverse Kritiken die ich einfach auf die originale Trilogie ableiten könnte. Luke erwähnte in einem Satz, dass er kein schlechter Pilot ist… und nimmt es mit dem Todesstern inklusive Tie-Fightern auf. Anakin kann ein Pod Rennen gewinnen. Leia, eine schmächtige Frau, nimmt es mit diversen Stormtroopern auf und erwürgt eine 2-Tonnen schwere Schnecke. Das ist falsch angebrachter Realismus, zumal diese Charaktere auch noch alle über die Macht verfügen. Sie können es, weil sie die Helden in einem Star Wars Film sind.
Trailer zu Star Wars - Die letzten Jedi
„Die Herkunft von Snoke bleibt unerklärt.“
Dies ist eine der schwächsten Kritiken an Last Jedi. Zum einen wäre es die Rolle von The Force Awakens gewesen, dies zu erklären. Zum anderen ist eine solche Erklärung einfach nicht nötig. Der Imperator in der originalen Trilogie war auch nur irgendein Bösewicht, der im Hintergrund die Fäden zog, und die Filme funktionierten. Ich bin vollkommen anderer Meinung hier: Die Exekution von Snoke war ein sehr intelligenter Twist, der sowohl als Abrechnung mit der Arroganz derjenigen, die glauben über die Macht und andere zu Gebieten, funktioniert, als auch die Handlung für Teil drei völlig neu zu eröffnen. Des Weiteren macht er Kylo Ren umso interessanter, der nun eine gewisse Unberechenbarkeit bekommt, und offenbar über eine Kontrolle der Macht verfügt die sogar Snoke nicht sehen konnte.
Ihr wisst schon, wonach ihr fragt, wenn ihr die Hintergrundgeschichte von Snoke wissen wollt? Ihr fragt nach „Star Wars Prequels – Reloaded“. Vielleicht kann Jar Jar Binks ja wieder kommen, und sich mit Luke auf dem Sofa zu unterhalten und ihm zu erklären, dass Snoke einen sehr hohen Mediclorianer Level hat.
„Der Subplot mit Fin und Rose ist sinnlos.“
Dies ist eine weitere Parallele zu Empire, ebenso wie die Reise von Han und Leia führt sie ins nichts. Die Protagonisten versagen, dass ist der Punkt. Luke, Leia, Han… Sie versagen alle in Empire, dies ist das zweite Kapitel des Dramas. Aber die Reise zum Kasino hat tatsächlich einen Einfluss auf die Handlung, denn dadurch dass sie DJ in die Story einbinden bringen sie den Fluchtplan der Rebellen in ernste Gefahr (...und die Charakterentwicklung von Fin und Poe ins Laufen).
Wo wir vom Plan sprechen…
„Die Rebellen hatten einen schlechten Plan a.k.a. warum hat Vice Admiral Holdo diesen nicht kommuniziert?“
Holdo hatte tatsächlich einen Plan, der auch funktioniert hätte, wenn Poe seine Lektion früher gelernt hätte. Holdo lag absolut richtig darin, Poe nicht einzubinden, nachdem sich dieser in den ersten Szenen als ziemlicher Depp offenbart hatte, der seine Aggressivität nicht den Primärzielen der Rebellen unterordnen konnte. Der gescheiterte Versuch von Fin und Rose, mit DJ den Tracker zu sabotieren, führte durch Poe’s Arroganz fast zum Untergang der Rebellen. Das war der Ansatzpunkt für die Charakterentwicklung von Poe, und indirekt auch von Fin (allerdings auch der Punkt wo ich am ehesten sagen würde, dass es schwach geschrieben ist). Poe war inkompetent und musste in diese Situation gesetzt werden.
Im Übrigen gibt es keine Verpflichtung in einer militärischen Rangfolge, Details nach unten zu kommunizieren… Und was schlecht durchgeführte Pläne der Rebellen angeht, ich schlage vor mal vor einen Blick auf die Befreiung von Han in Return of the Jedi oder das Stehlen der Todessternpläne in Rogue One zu werfen.
Auch die originale Trilogie hat reichlich Handlungslöcher, wenn man Lust drauf hat.
„Der Twist mit Rey’s Eltern war enttäuschend.“
Falsch, er war intelligent… Als Luke in Empire erfuhr, dass Vader sein Vater ist, stellte dies seinen Charakter auf die Probe. Von einer sehr sicheren und moralisch erhabenen Position, den Mörder seines Vaters zu konfrontieren, wurde er auf eine sehr unsichere Position herunter gebracht. Hätte Rey erfahren, dass ihr Vater… Keine Ahnung, Palpatine, Luke (was sie sich wünscht) oder irgend so ein Müll… gewesen wären, hätte das ihr eine sichere Position gegeben. Das ist nicht der Punkt des zweiten Aktes des Dramas, und Rey Johnson hat dies erkannt.
„Der Humor ist albern.“
Nun Humor ist Geschmacksache, keine Frage, aber es gab immer eine Menge Humor und leichterer Momente in Star Wars. Wer ihn nicht mag, mag ihn nicht, für mich hat es funktioniert.
An diesem Punkt möchte ich aber einen Charakter kurz beleuchten: General Hux. Hux ist ein Weltraum-Nazi, passend zu ursprünglichen Einflüssen für A New Hope (hatte eine grandiose Szene in The Force Awakens, wo wir beim Thema sind), und ich habe es genossen, wie der Film ihn wie absoluten Müll behandelt.
„Es gibt zu viel Diversität bei den Ethnizitäten, und der Film hat eine anti-maskuline Botschaft.“
Ächz… Muss ich darauf eingehen? Muss ich?
Ich vermute einige Leute drehen schon durch, wenn sie sehen dass eine Frau das Kommando hat. Bei Prinzessin Leia war das früher kein Problem, aber in Zeiten wo Trump Präsident wird bäumt sich das Patriachat wohl nochmal aus. Ich verstehe es nicht, ich für meinen Fall mag Diversität, im Film und im echten Leben. Und das Imperium/First Order sind wie gesagt im Grunde Nazis, daher ist es stilistisch richtig dass diese alle kaukasisch sind.
„Der Film ist nutzlos politisch.“
Ein Film in einer Serie, die mit einem Film über den Kampf gegen Weltraumfaschisten begann, und deren Prequels sich mit dem Niedergang einer Republik beschäftigen, wird als politisch kritisiert...? Fuck my life…
Episode III: Was ich nicht mochte
Nicht allzu viel… Mir gefiel die Szene mit Rose nicht, in der sie Fin rammt und damit fast die gesamte Rebellion ihrem Schicksal ausliefert. Und nachdem sie von Fin’s Begeisterung im Kasino abgestoßen war fand ich des etwas unglaubwürdig, dass sie auf einmal mit ihm romantisch werden wollte. Es gab außerdem einen etwas schwerfälligen Drehbuch Fix vor der letzten Schlacht, als ein Soldat das Salz auf dem Boden kostete, und seine Schlussfolgerung deutlich in die Kamera sagte, um eine Verwechslung mit Hooth zu vermeiden.
Aber das war es so ziemlich.
Tja, hat etwas gedauert, aber hier ist sie, meine Star Wars – The Last Jedi Kritik. Ich kann für mich zumindest Rey zitieren: „Whoa! I like this!“