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Zeiten des Umbruchs

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Zeiten des Umbruchs Kritik

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Zeiten des Umbruchs Kritik
2 Kommentare - 14.04.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Zeiten des Umbruchs" ist.

Bewertung: 3.5 / 5

Der kleine Paul (Banks Repeta) wächst in einer wohlhabende, jüdischen Familie in New York auf. Seine Mutter Esther (Anne Hathaway) ist sehr behütend, während sein strenger Vater Irving (Jeremy Strong) manchmal die Fassung verliert. Nun kann dieser kaum auf den sensiblen Jungen eingehen, während sein Bruder Ted (Ryan Sell) Paul oft drangsaliert. Einzig sein Großvater Aaron (Anthony Hopkins) scheint den Jungen richtig zu verstehen. Als sein neues Schuljahr beginnt, lernt Paul den schwarzen Jonathan (Jaylin Webb) kennen. Ihre Freundschaft wird trotz der unterschiedlichen Verhältnisse aus denen sie stammen ein Grundpfeiler in Pauls Leben.

Wir leben in Zeiten des autofiktionalen Erzählens. Filme befinden sich auf einem schmalen Grat zwischen Realität und Fiktion und einige große Künstler haben den Anspruch, ihr eigenes Leben in Bilder zu verpacken. So geschehen in Belfast (2021) und so auch geschehen in Die Fabelmans (2022). Diese beiden Vertreter sind nicht zuletzt ob ihrer Qualität, aber auch durch ihre bekannten Namen im Hintergrund zu großen Erfolgen beim Publikum, wie auch der Kritik geworden. Nun zwischen diesem Aufblühen einer neuen Idee in Hollywood hat sich auch Regisseur James Gray daran gemacht, seine eigene Kindheit und frühe Jugend zu verfilmen. Man kann also sagen, daß Zeiten des Umbruchs unabhängig von der letztlichen Qualität des Werkes schon ein sehr persönlicher Film ist. Und mit Schauspielern wie Anne Hathaway und Anthony Hopkins natürlich irgendwo auch hochkarätig besetzt. Nun ist und bleibt das gesamte Treiben aber immer auf einer persönlichen Ebene und man könnte Fragen, warum ausgerechnet ein Regisseur wie Gray, der mit Filmen Die versunkene Stadt Z (2016) oder Ad Astra – Zu den Sternen (2019) eher Filme machte, die abseits der großen Massen stattfanden, ein Leben geführt haben soll, wofür sich die Masse interessieren sollte. Die blanken Zahlen sprechen ja auch dagegen. So könnte man darüber denken, wenn man Filme auf einer reinen Meta-Ebene betrachtet, bei der die Künstler wichtiger werden als das Werk. Sind sie aber nie.

Zeiten des Umbruchs ist eigentlich kein allzu gradliniger Film. Es handelt sich um einen Teilausschnitt eines Lebens, in welchem Teilausschnitte aus Politik und Gesellschaft mit einspielen. Nun könnte man den Film ob seiner fehlenden gradlinigen Handschrift sicherlich schnell zu den Akten legen und damit als nichtssagendes Werk vergessen. Doch ganz so einfach macht es Gray dem Zuschauer hier auch nicht. Denn sein Film ist ein recht verschachteltes Werk, daß zwar ganz klar konservative Töne anklingen lässt und dabei vor allem die Familie als Konzept in den Mittelpunkt rückt. Allerdings wird man dem Film da nur in Teilen gerecht, denn tatsächlich ist Zeiten des Umbruchs ein Film, der vor allem die Gegenwart beschreibt, und zwar in vielerlei Hinsicht. Man hat hier eine klassische Einwandererfamilie. Der Vater, gewalttätig und in seiner Art zu erziehen durchaus nahe der schwarzen Pädagogik. Autoritäre Lehrer, die keinerlei Ausschweifungen dulden und den Kampf zweier „Rassen“, wie auch das Aufkommen des der Reagan-Ära im Hintergrund. Eigentlich ist Zeiten des Umbruchs ein von Politik durchtränkter Film, der die Frage in den Raum wirft, ab wann das liberale Amerika die Kontrolle über das Land verloren hat. Nun kann man darüber streiten, ob der Liberalismus die Endlösung sein muss, dennoch zeigt der Film hier ganz deutlich auf, daß die andere Option eine deutlich grauenhaftere ist.

Denn Querverweise auf politische Eskalationen gibt es durch Reagan natürlich ohne Ende. Auf einer Privatschule lernt die Hauptfigur Paul Graff dann noch Familienmitglieder der Trumps kennen, die hier ebenso als große Populisten auftreten vor allem durch ihren großen Reichtum überhaupt eine Relevanz für die Menschheit haben. Selbiges könnte man natürlich auch über Donald Trump sagen. Dieser Klassizismus, der ebenso in Rassismus mündet, wirkt im Film eigentlich immer unangenehm und er ist Paul auch zu wider. Dennoch fragt man sich auf der anderen Seite dann natürlich, warum man dann Teil davon bleibt. Vater und Mutter senden ihren Sohn auf die Privatschule, um ihn einerseits vor schlechtem Einfluss durch einen Schwarzen zu schützen und andererseits natürlich auch, um ihrem Sohn die bestmögliche Bildung zu ermöglichen. Dennoch ist diese Verbindung natürlich spannend, weil die Eltern eben auch nicht wirklich daran interessiert sind, daß ihr Sohn mit einem dunkelhäutigen Jungen Zeit verbringt. Und die Gründe hierfür findet sich kulturell gesehen eher in der Angst vor dem ausgestoßen werden, als banalem Rassismus. Damit spricht der Film aber auch ein Kernproblem des neoliberalen Kapitalismus an. Denn eine Solidargemeinschaft kann hier nicht entstehen, weil wirtschaftliche Faktoren zu wichtig sind. Der kleine, dunkelhäutige Gossenjunge macht Paul Graff nur Probleme. So zumindest die Ansicht aller Erwachsenen. Und damit erweist sich der Film natürlich irgendwo auch als bittere, sehr reflektierte Erkenntnis über wechselhafte Toleranz.

Allgemein kann man auch sagen, daß Zeiten des Umbruchs eigentlich kaum ein optimistischer Film ist. Es gibt da natürlich diese starken Bindungen. Vor allem zum Großvater Aaron Rabinowitz, der hier als Vermittler zwischen zwei Generationen fungieren soll. Diese vielleicht rührselig anmutenden Sequenzen sind von vollendeter Schönheit, weil sie auch das Problem noch einmal verdeutlichen. Denn der Dialog besagt, daß ältere Generationen, gerade vermutlich auch Juden, einfach Angst davor haben, gesellschaftlich ausgestoßen zu werden. Diese Angst ist natürlich historisch begründet und es kommt dann eben zum Generationenkonflikt, wenn der junge, liberale Geist sich aufgeschlossen und blauäugig in eine Welt begibt, die fremd ist. Dort macht er Fehler, wie junge Menschen eben Fehler machen und das wiederum kann auf die gesamte Familie zurückfallen. Denn der eigentliche Plan, wie bei allen, die nach dem American Dream leben, ist ja der soziale Aufstieg und vor allem einem, der es den Kindern und Nachfolgern allgemein ermöglicht ein besseres Leben zu führen. Besser meint hier vor allem ökonomisch. Insofern verbinden sich da die Ängste aus der Vergangenheit mit den Ängsten aus der Gegenwart, was phantastische Systemanalyse zulässt.

Insofern spielt hier Perspektivlosigkeit eine zentrale Rolle. Und damit zeigt sich auch, daß Grays Werk sich weit von Spielberg und Branagh abhebt, weil der Film eben nie zu einem Happy End kommt. Die Konstanten im Leben brechen weg. Die Erziehung ist hart und die so angepriesene Zukunft, für die man nur Arbeiten muss, ist systemisch so verschachtelt, daß manche dabei eiskalt auf der Strecke bleiben muss. Gray erklärt hier ganz gut die Ursprünge des modernen Amerikas und findet eigentlich keine Schönheit in all dem Schmerz.

Sehr langsam und gemächlich erzählt James Gray in Zeiten des Umbruchs oberflächlich eine Geschichte über Familie. Doch wer so denkt, denkt zu wenig. Denn eigentlich handelt das Werk von festgefahrenen Strukturen und der Angst einer Gesellschaft sich aufzulehnen. Es sind sehr persönliche Bilder, die hier projiziert werden, doch sie bedeuten viel und sind großartig gespielt.

Trailer zu Zeiten des Umbruchs

Zeiten des Umbruchs Bewertung
Bewertung des Films
710

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2 Kommentare
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ProfessorX : : Moviejones-Fan
15.04.2024 16:37 Uhr
0
Dabei seit: 17.05.14 | Posts: 944 | Reviews: 1.055 | Hüte: 43

@luhp92

Ah, danke für die Aufklärung ^^

Consider that a divorce!

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
15.04.2024 15:19 Uhr | Editiert am 15.04.2024 - 15:20 Uhr
0
Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.405 | Reviews: 180 | Hüte: 635

"Nun ist und bleibt das gesamte Treiben aber immer auf einer persönlichen Ebene und man könnte Fragen, warum ausgerechnet ein Regisseur wie Gray, der mit Filmen Die versunkene Stadt Z (2016) oder Ad Astra – Zu den Sternen (2019) eher Filme machte, die abseits der großen Massen stattfanden, ein Leben geführt haben soll, wofür sich die Masse interessieren sollte."

Das ergibt wahrscheinlich mehr Sinn, wenn man Grays Filme betrachtet, die er vor den beiden Abenteuerfilmen drehte. Eigentlich ist Gray für New-York-Dramen bekannt, oft auch mit Bezug zum Leben von Minderheiten in New York. Von den Filmen habe ich selbst bisher noch keinen gesehen, aber mit "Zeiten des Umbruchs" schließt sich da ein Kreis. Ein klassischer Grey-Film, nur dass er nun sein eigenes Leben verfilmt (New York, Judentum), welches ihn wahrscheinlich zu seinen Filmen vor 2016 inspirierte.

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

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