Bewertung: 1.5 / 5
Drogenfahnder John „Hatch“ Hatcher ist ausgebrannt, denn für seine Einsätze musste er immer öfter die Regeln brechen. Als er dann auch noch eine Frau erschießen muss, hat er endgültig genug und quittiert den Dienst. Klar, der Präsident erwartet Ergebnisse im Drogenkrieg, aber Johns Seelenheil ist wichtiger. John macht sich auf in seine Heimatstadt Lincoln Hights, wo er zu seiner Schwester und deren Tochter zieht. Doch die Crackepidemie ist längst nicht mehr nur eine Sache der Großstädte, mittlerweile hat diese Droge ihren Weg nämlich in die beschauliche Vorstadt gefunden. Eigentlich will Hatcher sich aus der Angelegenheit raushalten, doch seine Wege kreuzen sich immer wieder mit der Bande des jamaikanischen Schwarzmagiers Screwface. Als Screwface zur Vergeltung für die Festnahme eines seiner Bandenmitglieder einen Anschlag auf Hatcher verüben lässt, wird Hatchers Nichte angeschossen. Hatcher sieht ein, dass er die Gerechtigkeit in die eigene Hand nehmen muss, wenn irgendwer den Krieg gegen die Drogen gewinnen soll. Screwfaces Tage scheinen gezählt...
Behämmerte Outfits, ein schmieriger Pferdeschwanz und knackende Knochen, das muss ein Steven Seagal-Film sein! Seit der Jahrtausendwende in der Direct to Video-Hölle vor sich hindrehend, ist Seagal zur Punchline diverser Witze geworden. „Marked for Death“ von 1990 ist jedoch erst sein dritter Film. Damals war Seagal durchaus noch ein ernstzunehmender Actionstar, der wirklich „Pull“ bei den Zuschauern hatte. Deshalb ist „Marked for Death“ aber auch ziemlich ernüchternd, denn eines muss man sich dann doch eingestehen: Steven Seagal-Filme waren schon immer ziemlich beschissen. Warum die Leute da in Scharen reingelaufen sind, wird wohl auf ewig ein Mysterium sein. Andererseits war zu der Zeit Crack ziemlich in. Ob da ein Zusammenhang besteht?
Zugegeben, das klingt auf den ersten Blick erst mal ziemlich harsch. Man muss „Zum Töten freigegeben“ nämlich schon bescheinigen, relativ unterhaltsam zu sein. Nur eben nicht auf die von den Machern intendierte Art und Weise. Denn „Zum Töten freigegeben“ ist ein schrecklich reaktionäres Stück Kino, das die Ansichten der Macher (unfreiwillig) der Lächerlichkeit preisgibt. Der Film kennt nur zwei Arten von Schwarzen: rassistische Klischees und Keith David. Dafür muss man sich nur mal Screwfaces „Possee“ angucken, die samt und sonders aus bedreadlockten Jamaikanern besteht, die mit so breiten Akzenten sprechen, dass man sich an eine Reggae-Parodie erinnert fühlt und die natürlich ganz hinterwäldlerisch an Magie und böse Kräfte glauben. Das gipfelt dann darin, dass Hatcher Screwface umbringen muss, damit, so informiert uns die weiße Magieexpertin, seine Anhängerschaft glaubt, Hatchers Magie sei stärker als Screwfaces. Aber auch vor unsinnigen Drogenklischees wird man nicht verschont: natürlich sind die bösen Drogendealer schon an den Schulen der Vorstadt und natürlich gehen die unschuldigen weißen Vorstadtkids direkt von Marihuana zu Crack über. Der Mythos „Einstiegsdroge“ wird hier mit einer solchen ernstgemeinten Überzeugung aufrechterhalten, dass es wehtut – weil man sich vor Lachen den Bauch hält.
Kenner des Films werden jetzt vielleicht darauf hinweisen, dass „Marked for Death“ zumindest zugibt, dass die Drogenepidemie ihre Ursprünge in der Armut hat. Der jamaikanische Polizist Charles erklärt, dass die Leute auf den Straßen Jamaikas täglich ums Überleben kämpfen müssen und manche von ihnen einfach schlechte Entscheidungen treffen, deshalb dann in der Kriminalität landen, aber sie keineswegs Monster sind. Wohlwollend könnte man dem Film anrechnen, hier Grauzonen zeichnen zu wollen, aber damit würde man verkennen, dass es sich hierbei nur um Lippenbekenntnisse handelt. Denn gesellschaftliche bzw. strukturelle Ungerechtigkeiten werden zwar kurz angerissen, gleichzeitig werden Kriminelle allerdings immer noch mit Freuden umgebracht. Genau hier zeigt sich dann auch die reaktionäre Fratze des Filmes, denn einerseits werden diese Probleme als existierend anerkannt, sie werden aber erstens in ein anderes Land verfrachtet (Probleme in den Großstädten der USA werden gekonnt unter den Teppich gekehrt) und zweitens halten diese Probleme den Film nicht davon ab, die Armen und Schwachen als tötenswerte Klischees darzustellen.
Das könnte man jedoch verzeihen, wenn der Film inhaltlich und handwerklich annehmbar wäre. Genau da scheitert er aber auch. Die Handlung braucht viel zu lange, um in Gang zu kommen, trotz seiner geringen Laufzeit von schlanken 90 Minuten weigert sich Seagals Charakter für mindestens eine halbe Stunde, aktiv in das Geschehen einzugreifen. Stattdessen werden Charaktere eingeführt, die im Verlauf des Filmes keine weitere Rolle mehr spielen und eigentlich nur Zeitfresser sind. Gerade Hatchers Schwester, die neben einer angeschossenen Tochter und dem Überstehen eines Vergewaltigungsversuchs eigentlich keine Funktion in der Geschichte hat, verschwindet nach dem eben angesprochenen Vergewaltigungsversuch einfach. Sie befindet sich nur im Film, um Hatchers Feldzug gegen die Drogenbande weiter zu intensivieren.
Die Inszenierung durch Regisseur Dwight H. Little, der übrigens mit „Halloween IV – Die Rückkehr des Michael Myers“ eines der besseren „Halloween“-Sequel abgeliefert hat, schwankt zwischen vergleichsweise spektakuläre und unheimlich ungeschickt. Einer der beeindruckenderen Stunts, ein Bandenmitglied schmeißt sich selbst aus einem Fenster, folgt direkt auf eine Szene, in der Steven Seagals Aikido mehr nach betrunkenem Ballett als nach effektiver Kampfkunst aussieht. Zwar werden die Kampfszenen mit einigen Gewaltspitzen versehen, die den Film hierzulande auf den Index verfrachtet haben, diese können aber nicht über die undynamischen Inszenierung hinwegtäuschen.
„Zum Töten freigegeben“ ist kein guter Film, aber ein unterhaltsamer, der schon alle Probleme aufzeigt, die Steven Seagals Filmkarriere plagen sollten. Als ernstzunehmende Unterhaltung kann man den Film dafür zwar getrost vergessen, aber sowas erwartet man von Seagal wahrscheinlich auch nicht...