Normalerweise machen wir dies nicht, aber weil es besondere Umstände sind, wollen wir uns die aktuell beendete Sommer-Blockbuster-Saison einmal näher ansehen. Denn es war in der Tat eine Besondere und dies gleich aufgrund mehrerer Umstände.
Die Saison der Blockbuster
Zunächst einmal kurz die Saison an sich erklärt. Sie bezieht sich natürlich hauptsächlich auf den US-Kinomarkt und der dortigen Veröffentlichungen. Sie begann in diesem Jahr Anfang Mai mit Guardians of the Galaxy Vol. 3 und endete in der ersten Septemberwoche mit der Veröffentlichung von The Equalizer 3. Vor allem vor Corona war dies die Saison der ganz großen Kino-Blockbuster. Hier wurde das große Geld eingespielt. Auch wenn Filme wie Avatar - The Way of Water oder Spider-Man 3 - No Way Home in den letzten Jahren das Bild etwas verändert haben, aber der Winter war eigentlich nie die Zeit großer Einspielergebnisse. Dementsprechend wurden in der Regel auch immer im Sommer die meisten der großen Filme des Jahres veröffentlicht.
Doch dann kam Corona und genau deshalb war die diesjährige Sommer-Saison eine so besondere, denn es hat sich schlicht endlich wieder nach früher angefühlt. Wie zuletzt in den Jahren vor der Pandemie wurden in diesem Sommer massig große Blockbuster veröffentlicht. Ein Grund zur Freude, eigentlich. Denn hier kommt direkt die nächste Besonderheit der diesjährigen Saison: selten gab es so eine massive Aneinanderreihung von finanziellen Flops wie in diesem Jahr. Doch schauen wir uns das ganze einmal näher im Detail an.
Der Sommer 2023
Dominiert wurde dieser Sommer natürlich von Barbenheimer und ohne diese beiden Filme würde alles wohl noch viel schlimmer aussehen, gerade für die vielen Kinos. Dabei war mit dem enormen Erfolg dieser beiden Filme im Vorfeld nicht unbedingt zu rechnen, da hatte man eher manch anderen Film auf dem Zettel. Doch schauen wir uns zunächst die Top 10 der Sommer-Saison an. Die Platzierung richtet sich dabei am US-Einspiel, nicht den weltweiten Einnahmen.
Pos | Film | US-Sommer | Weltweit-Gesamt |
1 | Barbie | 612,33 Mio. $ | 1,40 Mrd. $ |
2 | Spider-Man: Across the Spider-Verse | 381,21 Mio. $ | 689,64 Mio. $ |
3 | Guardians of the Galaxy Vol. 3 | 358,99 Mio. $ | 845,53 Mio. $ |
4 | Oppenheimer | 310,68 Mio. $ | 890,98 Mio. $ |
5 | Arielle, die Meerjungfrau | 298,14 Mio. $ | 569,50 Mio. $ |
6 | Sound of Freedom | 182,47 Mio. $ | 190,24 Mio. $ |
7 | Indiana Jones und das Rad des Schicksals | 174,36 Mio. $ | 382,34 Mio. $ |
8 | Mission: Impossible - Dead Reckoning | 170,59 Mio. $ | 563,73 Mio. $ |
9 | Transformers - Aufstieg der Bestien | 157,06 Mio. $ | 438,96 Mio. $ |
10 | Elemental | 153,61 Mio. $ | 480,53 Mio. $ |
Auf Platz 11 und 12 folgen Fast X und The Flash, über die wir natürlich auch noch reden müssen. Manche der Einnahmen wirken gar nicht schlecht, generell kam viel Geld in diesem Sommer zusammen. Zumindest die Kinos werden nicht euphorisch, aber doch zufrieden auf die vergangenen Monate zurückblicken können. Anders sieht es bei den Studios aus, für die es ein ganz finsterer Sommer war.
Warum 700 Mio. $ ein finanzielles Desaster sind
Obwohl Fast X hier in der Liste nicht auftaucht, liegt er weltweit mit 707,07 Mio. $ auf Platz 5 des bisherigen Jahres. Während in den USA nur 145 Mio. $ drin waren, spielte er das meiste Geld in internationalen Märkten ein. Dennoch müssen wir hier von einem finanziellen Flop reden. Wäre eine Fortsetzung nicht schon beschlossene Sache, hätte dieses Ergebnis wohl das Ende der Reihe beschlossen. Doch warum?
Fast X krankt an derselben Krankheit wie viele Filme in diesem Sommer: ein viel zu hohes Budget. 340 Mio. $ soll die Produktion gekostet haben, was ihn zu einem der teuersten Filme aller Zeiten macht. Im Budget meist nicht mit einberechnet sind die Marketing-Kosten. Bei Blockbustern, die über 100 Mio. $ gekostet haben, muss man in der Regel noch einmal um die 100 Mio. $ mit einberechnen, wenn nicht gar noch mehr. Somit wären wir bei Gesamtkosten von geschätzt 440 Mio. $. Das ist mal ne Zahl.
Eine Regel besagt, dass ein Film in etwa das Doppelte bis Dreifache seiner Kosten einspielen muss, um Gewinn zu machen. Avatar - The Way of Water hatte beispielsweise ein Budget von 250 Mio. $, wo dann auch noch die Marketingkosten hinzukamen. James Cameron wurde damals belächelt für die Aussage, dass der Film 1,5 Mrd. $ einspielen müsse, damit ein dritter Teil finanziell gesichert ist. Dabei lag er damit gar nicht so falsch.
Um es ganz einfach zu erklären, muss man sich die Kinoeinnahmen wie ein großes Stück Kuchen vorstellen. Sagen wir im Falle von Fast X, dass 40% der Einnahmen an die Kinos selbst gehen, damit wäre schon einmal ein etwa 282 Mio. $ großes Stück Kuchen weg. Dann ist da das Budget, was wir ebenfalls abziehen müssen. Wir sind damit jetzt schon bei Abzügen von 722 Mio. $, womit Fast X bereits mit 15 Mio. $ im Minus ist. Und dabei sind wir noch nicht fertig. Denn nicht nur die Kinos bekommen Teile des Kuchens ab, auch Investoren oder andere Studios, mit denen man den Film gemeinsam produziert hat. Nicht selten haben zudem Darsteller, Regisseure, Autoren etc. eine vertraglich zugesicherte Gewinnbeteiligung an den Einnahmen. Das sind geschätzte Werte, aber am Ende wird Universal mit Fast X wohl einen Verlust von um die 150 Mio. $ gemacht haben.
Ein ähnliches Problem hat leider auch Mission: Impossible - Dead Reckoning Teil Eins. 563 Mio. $ klingen für einen Agenten-Actionfilm erst einmal nicht katastrophal. Aber vor allem durch Corona stieg das Budget dieses Films immer höher auf am Ende 291 Mio. $, ohne Marketing. Und dafür sind die Einnahmen einfach viel zu gering. Die Verluste sollen auch hier am Ende bei über 150 Mio. $ liegen. Und auch hier kann man von Glück sagen, dass die Fortsetzung bereits vorher feststand.
Noch schlimmer sieht es bei einem der größten Flops des Sommers aus, The Flash. Das Budget ist hier etwas unklar. Ging man von 220 Mio. $ aus, hieß es zuletzt, es könnte gar bei 300 Mio. $ liegen. So oder so sind die weltweiten Einnahmen von 268 Mio. $ viel zu wenig, was für Warner Bros. zu einem Verlust von über 200 Mio. $ geführt hat.
Die Gewinner
Der ganz große Gewinner des Sommers ist natürlich Barbie. Und dies liegt, wie am Fast X-Beispiel zu sehen, nicht nur an den hohen Einnahmen, sondern auch am Budget. Denn Barbie kostete "nur" 145 Mio. $, und damit weniger als die Hälfte im Vergleich zu Fast X. Ohne jetzt auch hier zu sehr in die mathematischen Details zu gehen, hat Warner Bros. mit dem Film, nach allen Abzügen, bislang einen Profit von um die 350 Mio. $ eingefahren, Tendenz weiterhin steigend.
Oppenheimer zum Vergleich, ebenfalls einer der großen Gewinner des Sommers, hatte gar nur ein Budget von 100 Mio. $. Jedoch sind hier auch die Einnahmen etwas geringer, dennoch steht hier bis jetzt ein Plus von um die 115 Mio. $. In diesem Fall kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu, ohne den der Gewinn für Universal sogar noch größer ausgefallen wäre: Christopher Nolan hat sich vertraglich von Universal eine Gewinnbeteiligung zusichern lassen, wodurch er alleine, stand jetzt, 77 Mio. $ an dem Film verdient hat. Ein ziemlich großes Stück vom Kuchen. Für alle Seiten also ein äußerst profitables Geschäft.
Vielleicht etwas überraschend, können wir hier auch Insidious - The Red Door erwähnen. Dieser liegt mit einem US-Einspiel von 82,1 Mio. $ zwar nur auf Platz 14 dieses Sommers, dennoch gehört auch er mit seinen 188 Mio. $ weltweit zu den Gewinnern und auch hier liegt dies vor allem am Budget. Dieses betrug nämlich nur 16 Mio. $. Der Gewinn wird hier bei irgendwas von unter 50 Mio. $ liegen, was für ein Studio wie Blumhouse dennoch ordentlich ist. Wenn du am Ende doppelt soviel einnimmst, wie du ausgegeben hast, hast du ziemlich viel richtig gemacht.
All diese Zahlen und Berechnungen im Kopf, erkennt man schnell, dass Guardians of the Galaxy Vol. 3 ein Grenzfall darstellt. Mit 845 Mio. $ weltweit zu wenig eingespielt, um bei einem Budget von 250 Mio. $ wirklich profitabel zu sein, aber gleichzeitig auch genug, um nicht als Flop zu gelten. Am Ende geht Disney hier wohl mit einem kleinen Gewinn nach Hause, ihrem einzigen in diesem Sommer.
Disneys finsterer Sommer
Disney brachte in diesem Sommer gleich mehrere Filme in die Kinos, doch bis auf Guardians of the Galaxy Vol. 3 konnte mit keinem Profit generiert werden. Kein Studio machte in diesem Sommer so viel Verlust wie sie. Am Ende steht wohl ein Minus von insgesamt über 600 Mio. $, selbst für den Mauskonzern eine problematische Summe.
Elemental konnte sich nach einem schwachen Start noch einigermaßen gut fangen und mit viel Ausdauer am Ende weltweit 480 Mio. $ einspielen. Eigentlich für einen Animationsfilm ein ordentliches Ergebnis, deutlich mehr als bspw. Teenage Mutant Ninja Turtles - Mutant Mayhem, der aktuell nur bei 161 Mio. $ liegt. Auch wenn die Turtles ebenfalls Verluste machen, gelten sie nicht als großer Flop, Elemental jedoch schon. Auch hier sind wir wieder beim gleichen Problem: das Budget. Elemental kostete nämlich stolze 200 Mio. $, was einfach viel zu viel ist. Zum Vergleich: Das Budget der Turtles lag bei gerade einmal 70 Mio. $, Spider-Man - Across the Spider-Verse, einer der Gewinner des Sommers, kostete 100 Mio. $. Wenn man sich die drei Filme auch im Vergleich zur Optik oder der Story ansieht, dann fragt man sich schon, warum der Pixar-Film so viel mehr kosten musste. Dank der Ausdauer in den Kinos, kommt Disney hier aber wohl noch einmal mit einem blauen Auge davon, die Verluste werden noch unter 100 Mio. $ liegen.
Ähnlich sieht es mit Arielle, die Meerjungfrau aus. Bei einem ebenfalls hohen Budget von 250 Mio. $ konnte er nur 569 Mio. $ einspielen. Auch hier sah es anfangs wesentlich schlechter aus, dennoch steht am Ende ein Verlust von über 100 Mio. $. Das ist nicht schön, aber im Einzelfall für so ein großes Studio verkraftbar. Zumal es eben Filme von Disney sind und die haben den Vorteil, auch außerhalb der Kinos viel Geld einzuspielen. Sei es per VoD oder Disney+-Abo, oder durch das ganze Merchandise oder Angebote in den Freizeitparks. Dies alles sind zusätzliche Einnahmen in Verbidnung mit den Filmen, die etwas helfen, den Verlust im Kino auszugleichen.
Das viel größere Problem von Disney in diesem Sommer sind die beiden anderen, wesentlich größeren finanziellen Reinfälle. Und diese heißen Geistervilla und Indiana Jones und das Rad des Schicksals. Und hier helfen auch Einnahmen außerhalb des Kinos nicht mehr, diese Verluste noch auszugleichen. Die Gründe sind dabei unterschiedlich.
Indiana Jones und das Rad des Schicksals konnte leider nur 382 Mio. $ einspielen. Nicht, was man sich erhofft hatte, das große Problem liegt aber auch hier beim Budget, dieses betrug nämlich 294 Mio. $. Damit stand schon vor dem Kinostart eigentlich fest, dass der Film als finanzieller Flop enden würde. Andernfalls hätte er 900 Mio. $ für einen Gewinn einspielen müssen. So jedoch fährt Disney einen immensen Verlust von wohl über 200 Mio. $ ein. Eine unfassbare Katastrophe.
Geistervilla hatte ein geringeres Budget von "nur" 150 Mio. $, doch hier machte man andere Fehler. Eigentlich hätte sich der Film perfekt für einen Kinostart im Oktober zu Halloween angeboten, doch stattdessen entschied man sich, den Film im Juli zu veröffentlichen, genau eine Woche nach Barbie und Oppenheimer. Auch hier muss man daher sagen, dass es, aufgrund der merkwürdigen Veröffentlichungsstrategie, ein finanzieller Desaster mit Ansage war. Am Ende stehen gerade einmal weltweite 101 Mio. $ und dadurch ebenfalls ein Verlust von knapp 200 Mio. $. Ganz bittere Zahlen für Disney.
Ein Umdenken muss her
Als Kinobesucher war es sicherlich toll, endlich wieder einen Sommer zu haben, in dem man Woche für Woche eine Auswahl großer, unterhaltsamer Blockbuster hat. Für die Studios, insbesondere Disney, müssen die vergangenen Monate sich jedoch wie ein Horrorfilm angefühlt haben. Doch woran lag es, dass so viele Filme fast schon brutal an den Kinokassen geflopt sind?
Auffallend ist zum einen, dass auch von Kritikern wie Zuschauern gelobte Filme wie Mission: Impossible - Dead Reckoning Teil Eins hinter den finanziellen Erwartungen geblieben sind. Lag dies vielleicht schlicht am Überangebot von Filmen in diesem Sommer? Besuche im Kino sind in den letzten Jahren teurer geworden, viele überlegen sich daher genau, in welchen Film sie gehen oder ob überhaupt. "Ich guck ihn, wenn er im Streaming ist" ist eine Aussage, die man ebenfalls mittlerweile regelmäßig hört. Hier hat Hollywood sich mit ihrer Streaming-Strategie der letzten Jahren keinen Gefallen getan.
Doch mit das größte Problem sind die ausufernden Budgets. So mancher Film würde nicht als finanzieller Flop gelten, hätte er nicht so viel gekostet. Wie kann es sein, dass Elemental doppelt so viel kostet wie Spider-Man - Across the Spider-Verse, obwohl letzterer wesentlich aufwändiger aussieht? Die Studios müssen sich einfach hinterfragen, wie es zu diesen hohen Budgets kommen kann und ob diese wirklich nötig sind. Einzelfilme wie Barbie beweisen, dass Einnahmen von über einer Milliarde möglich sind. Doch gerade bei so einer Vielzahl an Filmen ist diese Marke für die meisten einfach nicht erreichbar. Ändert sich nicht etwas im Denken der Produzenten, werden so manche Studios, selbst Disney, in naher Zukunft große Probleme bekommen. Verluste in dieser Höhe sind langfristig nicht gesund, für keine Firma.
Von den großen Studios hat kaum eines in diesem Sommer Gewinn gemacht. Universal darf sich zwar über Oppenheimer freuen, dagegen steht aber eben auch der große finanzielle Verlust durch Fast X. Einzig Warner Bros. könnte, trotz The Flash, am Ende dank Barbie mit einem Gewinn dastehen. Aber trotz dieser einzelnen Erfolge war es für keines der Studios ein profitabler Sommer.
Vielleicht ist es am Ende ja ganz einfach: Bei den Budgets sparen und das gesparte Geld den Autoren und Schauspielern zur Verfügung stellen und damit den Streik beenden. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Gern geschehen, liebes Hollywood.
Zum Ende hin haben wir für eine bessere Übersicht noch eine Tabelle mit den Flops des Sommers für euch erstellt. Hier auch noch einmal der Hinweis, dass die Verluste natürlich geschätzte Werte sind. Auch haben wir einige Filme wie Blue Beetle oder Gran Turismo außen vor gelassen, einfach, weil sie noch aktiv im Kino laufen und weiter einnahmen generieren.
Pos | Film | Einnahmen | Budget | Verlust |
1 | Indiana Jones und das Rad des Schicksals | 382,34 Mio. $ | 294 Mio. $ | 200 Mio. $ |
2 | The Flash | 268,53 Mio. $ | 220 Mio. $ | 200 Mio. $ |
3 | Geistervilla | 101,79 Mio. $ | 150 Mio. $ | 200 Mio. $ |
4 | Fast X | 707,07 Mio. $ | 340 Mio. $ | 150 Mio. $ |
5 | Mission: Impossible - Dead Reckoning | 563,73 Mio. $ | 291 Mio. $ | 150 Mio. $ |
6 | Transformers - Aufstieg der Bestien | 438,96 Mio. $ | 200 Mio. $ | 110 Mio. $ |
7 | Arielle, die Meerjungfrau | 569,50 Mio. $ | 250 Mio. $ | 100 Mio. $ |
8 | Ruby taucht ab | 42,316 Mio. $ | 70 Mio. $ | 100 Mio. $ |
9 | Elemental | 480,53 Mio. $ | 200 Mio. $ | 90 Mio. $ |