Bewertung: 3.5 / 5
Back Widow ist auf Dauer nicht genug, das MCU hat eine starke Frau in einer Hauptrolle nötig gehabt. Carol Danvers, die Superheldin aus der B-Reihe lässt sogar einen Tony Stark erblassen und Oscar-Gewinnerin Brie Larson ist perfekt für die Rolle geeignet. Die Gags sitzen und Fans des Cinematic Universe kommen an unzähligen Stellen auf ihre Kosten, nur die Dramaturgie macht dieses Mal eine gehörige Auszeit, Spannung ist Fehlanzeige und am Ende bleibt die Frage, ob es plausibel ist, dass dieser übermächtige Superheldenjoker passend vor Avengers - Endgame aus dem Hut gezaubert wird. Kurzum, ein typisches Marvel-Abenteuer - kennt man eins, kennt man alle - das aber gerade in der Kombi Danvers/Fury gut unterhält.
Captain Marvel Kritik
Lange bevor die Avengers in Erscheinung traten, bevor Tony Stark zu Iron Man wurde, traf Nick Fury eine Frau. Wir befinden uns mitten in den 90ern und eigentlich ist Vers (Brie Larson) all ihrer Erinnerungen beraubt, nur flüchtig huschen nicht zuordenbare Bilder durch ihren Verstand. Ausgebildet zu einer der besten Kämpferinnen der Kree, soll sie zusammen mit ihrem Mentor Yon-Rogg (Jude Law) die Bedrohung durch die Skrulls endgültig stoppen. Vers verschlägt es dabei mitten auf die Erde, wo sie zusammen mit Fury nicht nur ihrer Vergangenheit auf die Spur kommt, sondern auch noch ganz anderen Geheimnissen.
Trailer zu Captain Marvel
Schaut man sich das MCU an, dann fehlte es den Filmen bisher sicher nicht an starken Frauenrollen, aber dennoch handelten alle Filme immer von Männern in den Hauptrollen. Mit Captain Marvel soll sich dies nun ändern und das Cinematic Universe bekommt seinen ersten Superheldenfilm mit weiblicher Besetzung: Brie Larson darf sozusagen als MCU-Wonder Woman für den Geschlechterwechsel sorgen. Gerade bei Disney erweckt dies im ersten Augenblick erst einmal negative Assoziationen, nach Das Zeiträtsel und den neueren Star Wars-Filmen hatte man nicht selten den Eindruck, dass intern eine Genderagenda verfolgt wird. Ähnliches hätte man nun auch von Captain Marvel erwarten können und entsprechend groß ist die positive Überraschung, dass dem nicht so ist.
Brie Larson steht als Carol Denvers nicht nur ihrer Frau und den Männern im MCU in Nichts nach, es wird auch kein großes Gewese darum gemacht. Keine überfrachtete Botschaft, die in ihre Rolle gelegt wird, sondern nur eine Frau, die wie einst Hulk zur falschen Zeit am falschen Ort war und nun mit den Umständen klarkommen muss. Diese "Nichtbeachtung" des Geschlechts tut dem Film gut, der sich dadurch voll auf seine Protagonistin konzentrieren kann. Hier muss neidlos anerkannt werden, dass Brie Larson perfekt für die Rolle ist, dabei aber auch schauspielerisch das gesamte MCU aufwertet und die meisten Darsteller und Darstellerinnen, die dort bisher agieren, locker an die Wand spielt. Ein echter Lichtblick, der auf die Zukunft hoffen lässt.
Ebenfalls gelungen ist das Setting, welches mit unzähligen Referenzen über die 90er aufwarten kann, dabei viele offene Fragen klärt und das alles verpackt in ein Gesamtpaket, welches von der Tonalität vor allem mit den Thor und Guardians-Filmen zu vergleichen ist. Entsprechend ist auch der Humor im Film verankert, der passend zum Film ist, aber auch für MCU-Verhältnisse überdurchschnittlich hoch ausfällt. Für manchen Zuschauer zu hoch, auch wenn die Albernheit eines Thor - Tag der Entscheidung nicht erreicht wird.
Vieles in Captain Marvel funktioniert wunderbar und das Ergebnis kann dennoch nur als ganz nett umschrieben werden. Was dem Film fehlt, ist so etwas wie eine echte eigene Identität, eine echte Seele. So wie die guten Eigenschaften des MCU dem Film anheften, so auch die negativen. Diese lesen sich, man ist es als Kritiker müßig zu erwähnen, wie das Who-is-Who der MCU-Probleme. Fans ignorieren sie seit jeher, egal ob es lasche Soundtracks, simple Drehbücher und generell wenig Überraschungen sind. Leider überspannt man in einigen Bereichen bei Captain Marvel den Bogen hier aber zu sehr, nichts wird dem Zuschauer geboten, was er in den vorherigen 20 Filmen nicht bereits gesehen hat. Alles sieht gut gemacht und solide aus, reizt aber nicht. Die Gags sitzen, aber die Spannung bleibt immer auf der Strecke, wofür die banale Story und die fehlende Dramaturgie verantwortlich ist. Selbst die Gegenspieler bleiben für das MCU unterdurchschnittlich.
Wir mussten bei Captain Marvel unweigerlich in vielen Momenten an das aktuell im Kino gescheiterte Alita - Battle Angel denken. Auch hier haben wir einen Film mit einer starken weiblichen Hauptrolle mit einer recht banalen Story. Doch damit wären alle Ähnlichkeiten zwischen Alita - Battle Angel und Captain Marvel bereits aufgezählt und ein Film, der wegweisender und mutiger ist, wird im Kino den Kürzeren ziehen.
Trotz dieser harschen Worte fällt es richtig schwer, Captain Marvel schlecht zu bewerten, zu solide ist seine Machart. Inklusive einer wunderschönen Widmung an Stan Lee. Der Film ist der Inbegriff von nett gemacht, bei dem aber inhaltlich so gut wie nichts haften bleiben wird. So erschafft nun Captain Marvel eine übermächtige Superheldin, ohne ihr auch etwas Gleichwertiges entgegen zu setzen. Der in Avengers - Infinity War angedeutete Deus Ex Machina ist damit recht trivial ins Leben gerufen. Es bleibt nur zu hoffen, dass Avengers - Endgame nun nicht jenen befürchteten Joker ausspielen wird, um alles zu revidieren: Es wäre unserer Meinung nach für das MCU - rückwirkend als auch nach vorn gerichtet - fatal.