Bewertung: 5 / 5
Diese Review ist anders - anders als die bisherigen, weil sie persönlicher ist. Nicht, weil ich darin irgendwie persönlicher werde als sonst auch, denn im Regelfall gebe ich meine persönliche Meinung zu Filmen in meinen Reviews ab, aber hier ist es eben anders. Ich selbst bin 31 Jahre alt und Gamer, ich bin ein Kind der 80er und frühen 90er, bin mit dem Super Nintendo groß geworden, habe die Turtles im TV gesehen und die alten Godzilla-Schinken, der Terminator oder Zurück in die Zukunft sind für mich seit ich denken kann Bestandteile meines Lebens. Und über all die Jahre bin ich meinen Leidenschaften treu geblieben - Film, Musik, Games, Popkultur. Und hier liegt zugleich der Segen und der Fluch einer Review zu Ready Player One (RPO). Denn MICH hat dieser Film verstanden, sogar voll und ganz, aber ob er DICH genauso verstehen wird, weißt nur du allein. Deshalb soll diese Review dazu dienen genau das herauszufinden, ohne allzu viel zum Plot zu verraten.
Trailer zu Ready Player One
RPO spielt im fiktiven Jahr 2045 und folgt der Geschichte eines jungen Mannes namens Wade Watts, oder Parzival, auf dem Weg durch einen Wettbewerb, bei dem es um nicht weniger geht als die Zukunft des größten Online-Rollenspiels aller Zeiten - der Oasis. Dabei helfen ihm einige gute Freunde, doch ein großer Konzern namens IOI oder Innovative Online Industries (clever, ist doch 101 der geheime Folterraum in Orwells 1984, einem Roman der sich ebenfalls mit dem Aufstand gegen ein totalitäres Kontrollorgan beschäftigt) will diese Kontrolle für sich selbst, um damit Unmengen Geld machen zu können. Die Geschichte selbst wird aus Perspektive unserer Hauptfigur Wade erzählt, der von Tye Sheridan auch klasse verkörpert wird und thematisch geht es vor allem um die Rettung dieser virtuellen Welt, in der alles möglich ist.
Doch bei RPO ist vor allem das WIE entscheidend, denn der Weg zum großen Finale ist gepflastert mit massig Popkulturreferenzen aus den letzten 4 Jahrzehnten und wird jeden Fan der thematisierten Medien vermutlich begeistern und überwältigen. Persönlich habe ich sicherlich 80-90% der Referenzen verstanden, die ich wahrgenommen habe, doch die schiere Menge an kleinen und großen Verweisen zwingt einen regelrecht, mehr als einmal in diese Welt einzutauchen, um wirklich alles in sich aufzunehmen. Das Ziel der Suche im Film ist ein Objekt namens "Easter Egg" - im Programmierer/Gamer-Jargon der Begriff für ein Objekt, welches die Programmierer gut versteckt in ein Spiel eingebaut haben und das im Grunde keinen tieferen Zweck verfolgt, außer den von aufmerksamen Spielern gefunden zu werden - und genau mit diesen Easter Eggs scheint der Film in nahezu jedem Bild vollgestopft zu sein. Fühle ich mich in dieser Welt der Anspielungen, Referenzen und Querverweise wohl? Kann ich etwas damit anfangen, wenn plötzlich Freddy Krueger im Bild ist, oder weiß ich wer der Master Chief ist? Ist mir Zurück in die Zukunft ein Begriff, habe ich The Shining gesehen und kenne ich Duran Duran? All diese Fragen muss ich mir als Zuschauer des Films irgendwie stellen, denn wenn ich den Großteil davon mit einem "Nein, sollte ich?" beantworten muss, dann werde ich mich vermutlich in der Oasis nicht wohlfühlen - oder zumindest nicht wirklich zugehörig.
Ich selbst habe mich dort allerdings wohlgefühlt, vielleicht auch weil ich das Gefühl kenne, welches damit einhergeht. Dieses Gefühl von Verbundenheit zu Menschen, die ich lediglich über ihre Avatare kenne, Menschen denen ich nie begegnet bin und von denen mir eventuell maximal die Stimme im Kopf ist, weil wir bereits über einen Voicechat gesprochen haben. Die Person hinter dem, was sie bereit ist mir von sich preiszugeben ist mir verschlossen, solange ich sie nicht real kennenlerne. Und in vielen Fällen lernt man sich nie real kennen und doch ist die Freundschaft real, das Gefühl der Zugehörigkeit und das Gefühl der Gemeinschaft. Und genau damit beschäftigt sich ein großer Teil des Subtext der Geschichte von RPO. Damit, dass eben nicht bloß die Realität real ist, sondern für unfassbare Mengen von Personen solcherlei Online-Games genauso. Es wird eben auch der Aspekt zum Thema gemacht, dass es nicht jedem gegeben ist, in Persona völlig offen und locker auf andere Menschen zuzugehen und dass manchen Menschen eben genau diese virtuellen Welten die Kontakte geben, die die Realität ihnen verwehrt.
Kann ich mich damit identifizieren und finde ich mich dort wieder? Ja, ich finde mich sogar teilweise 1 zu 1 darin wieder, da ich selbst Jahrelang aktiv World of Warcraft gespielt habe und viele Freunde innerhalb der Community gewann. Ich finde mich darin wieder, weil ich viele Freunde oder lieb gewonnene Diskussionspartner HIER in UNSERER Community fand und nicht jeden davon auch live wirklich kenne. In meinem Herzen trifft mich dieser Film eben auf allen Ebenen: Film, Musik, Games, Popkultur. Ich fühle mich in der Welt die Spielberg, angefüllt mit seinem ganz eigenen Charme, für die Leinwand umgesetzt hat, wohl. Und das obwohl ich nie auch nur eine Zeile der Romanvorlage gelesen habe - auch wenn ich nun nach dem Film sehr viel Lust darauf hätte. Das Tolle ist nämlich, dass sich Spielberg die Zeit gibt mit seinen, durch die Bank sehr sympathischen, Figuren zu arbeiten. Er zeigt wer sie sind, lässt sie zusammenwachsen, oder - wie damals Marty und Doc in ZidZ - sie wirken, als seien sie seit Jahren die besten Freunde - und das glaubhaft. Die Leinwandchemie zwischen den Darstellern in der Film-Realität ist genauso da wie deren Avatare in der Oasis als Team zusammenpassen. Und zum Glück gibt er diesen Figuren immer wieder Momente der Ruhe und Luft, um gemeinsam und zusammen zu wachsen und einem als Zuschauer bekannter zu werden.
Und das ist, neben Alan Silvestris grandiosem Score, der stellenweise seinem Großwerk Zurück in die Zukunft Konkurrenz macht und ebenfalls unglaublich viele Referenzen in seinen Klängen verwoben hat, eben das Größte, was ein solcher Film liefern kann. Das Gefühl dazuzugehören, mittendrin zu sein. Als Teil eines Teams auf einem großartigen Abenteuer, welches charmant, verspielt und optisch atemberaubend inszeniert (wobei, wer hätte daran bei Spielberg gezweifelt?) daherkommt und begeistert.
Fazit:
Ich habe mich in der Oasis wohlgefühlt. Extrem wohl sogar. So wohl, dass ich gerne sehr bald mit einem weiteren Kinobesuch dorthin zurückkehren möchte. Ich kannte Ernest Clines Roman vor dem Kinobesuch nicht, freue mich aber bereits jetzt auf die Lektüre. Ich fühlte mich trotzdem daheim in Spielbergs Version des Stoffes und habe mich nicht nur in seine Interpretation der Charaktere verliebt, sondern auch in das bunt-begeisternde Sammelsurium an Popkulturreferenzen, mit dem der Film einen regelrecht überschwemmt. Danach schwirrt einem der Kopf, die Mundwinkel fühlen sich wie unter den Ohren festgetackert an und in all dem leicht debilen Grinsen der Glückseligkeit ging mir nur ein einziger nagender Gedanke nicht aus dem Hinterkopf: "was, wenn ich nun kein Popkultur-Geek wäre?".
Und da liegt eben die oben erwähnte Krux: denn hat man diesen Bezug nicht, wird aus dem atemberaubenden Meisterwerk ein visuell ansprechender Trip auf einer Nostalgie-Achterbahn, zu der man leider die Karte nicht gelöst hat und bei der man deshalb nur von unten zuschaut. Deshalb stellt sich am Schluss eben genau diese Frage noch einmal: Ist der Film für dich gemacht? Für mich war er das, aus den erwähnten Gründen. Ob er es für dich auch ist, musst du selbst herausfinden. Denn wenn du bereits weißt, dass du dich in den genannten Aspekten nicht wiederfinden kannst, dann habe ich leider nur bedingt Hoffnung, dass dein Grinsen so breit sein wird wie meines, wenn du das Kino verlässt.
Von mir gibt es für Ready Player One dementsprechend
10/10 Punkte bzw. 5/5 Hüte,
allerdings mit der Einschränkung, dass diese ganz subjektiv mein Empfinden widerspiegeln und ich diesen Film sicher nicht blind jedem empfehlen kann.