Anzeige
Anzeige
Anzeige

Black Widow

Kritik Details Trailer News
Besser spät als gar nicht

Black Widow Kritik

Black Widow Kritik
8 Kommentare - 29.06.2021 von PaulLeger
In dieser Userkritik verrät euch PaulLeger, wie gut "Black Widow" ist.
Black Widow

Bewertung: 4 / 5

Schaut man sich den filmischen Output der Marvel Studios seit 2008 an, so sticht ins Auge, dass es im Zeitraum bis 2017 ausschließlich Solofilme mit weißen Männern als Hauptfiguren gab, während seitdem verstärkt auch Charaktere anderen Geschlechts bzw. anderer Hautfarbe Filme anführen dürfen. Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern hängt mit einer einschneidenden Weichenstellung des Jahres 2015 zusammen. Damals entschied Disney, Kevin Feige die alleinige Kontrolle über die Marvel Studios zu übertragen, während er bis dato noch dem Marvel-CEO Ike Perlmutter Rechenschaft ablegen musste, was immer wieder zu Konflikten zwischen diesen beiden geführt hatte, da Perlmutter die Entwicklung einiger Wunsch-Projekte von Feige boykottierte. Dabei handelte es sich um Filme mit weiblichen bzw. nicht-weißen Hauptfiguren, da diese Perlmutters Einschätzung zufolge keine Erfolgsaussichten an den Kinokassen haben würden. Sechs Jahre und und zwei Milliarden-Hits ("Black Panther" und "Captain Marvel") später kann man festhalten, dass Perlmutter mit seiner "Analyse" falsch lag.

Die Figur, die wohl am meisten unter Perlmutters Einfluss in den Anfangsjahren des MCU gelitten hat, ist mit Black Widow der einzige weibliche Avenger der ersten Stunde, die erst jetzt und damit für viele zu spät ihren Solofilm bekommt, so dass sich die Frage stellt, ob sich dieser Blick in die Vergangenheit dennoch lohnt.

Trailer zu Black Widow

Handlung

Nach den Ereignissen in "Captain America: Civil War" ist Natasha Romanoff auf der Flucht vor dem Gesetz untergetaucht. Als sie in den Besitz einiger mysteriöser Fläschchen kommt, wird sie jedoch unversehens zur Zielscheibe einer Organisation, die sie eigentlich ausgelöscht wähnte, woraufhin sie eine Reise zu ihren Wurzeln antritt, die sie zunächst in die ungarische Hauptstadt (Easter Egg Alert!) und im weiteren Verlauf zu einer Wiedervereinigung mit ihrer ersten "Familie", bestehend aus den weiteren Red Room-Absolventinnen Yelena und Melina sowie Red Guardian, dem "größten Widersacher von Captain America", führt.

Kritik

"Black Widow" beginnt für einen MCU-Film recht ungewohnt, da nach einem Prolog eine Vorspannsequenz mit den Credits der Schauspieler und Hauptcrew einsetzt wie sie von den neueren Beiträgen einzig die "Guardians of the Galaxy"-Filme aufweisen. Während sie bei diesen allerdings humorvoll gestaltet sind, ist er hier der Titelfigur angemessen düster und erzeugt eine durchaus verstörende Wirkung, die auch den Ton vorgibt, denn tatsächlich dürfte es sich hierbei um einen der thematisch heftigsten MCU-Beiträge handeln.

Was bisher nur angedeutet wurde, die Vorgeschichte im Red Room und Ereignisse, die zu Natashas vielzitiertem "Red Ledger" geführt haben, wird endlich genauer beleuchtet, so dass wir es hier mit einem Themenkomplex um misshandelte Frauen und Unterdrückung des freien Willens zu tun haben. Gleichzeitig ist es auch eine Emanzipationsgeschichte, ohne dass dies allzu aufdringlich in den Fokus gerückt würde, es ergibt sich vielmehr organisch aus dem Plot, der quasi ein Revenge-Thriller im Spionagestil ist.

"Black Widow" ist aber unmissverständlich immer noch ein MCU-Film und so poppt im weiteren Verlauf der Geschichte immer wieder der für das Franchise typische Humor auf, allerdings dosierter als in den meisten anderen Vertretern und manchmal auch so schwarz, dass einem das Lachen kurz im Hals stecken bleibt. Vor allem Yelena kompensiert die schrecklichen Dinge, die ihr angetan wurden, über ihren trockenen Humor, was für solche absurden Momente sorgt, etwa wenn sie einen misogynen Spruch über ihre Periode kontert.

Auch bei Red Guardian, der hauptsächlich die Rolle als Comic Relief einnimmt, wird deutlich, dass er sich einen Schutzpanzer angelegt hat, um die Schuld, die er auf sich geladen hat, zu verdrängen. Die humorvollen Elemente verkommen hier somit nicht zum Selbstzweck, sondern haben durchaus ihre Berechtigung. Sie lenken auch nicht von den dramatischen Aspekten der Geschichte ab, die vom durch die Bank starken Cast exzellent vorgetragen werden. Auch wenn einige hierbei Florence Pugh hervorheben werden, weil ihre Rolle auffälliger ist, gibt Scarlett Johansson mit einer nuancierten Darstellung eine mehr als würdige Abschiedsperformance.

Wer "Lore" gesehen hat (Empfehlung!) konnte bereits ahnen, dass Cate Shortland eine gute Wahl auf dem Regiestuhl sein würde und sie meistert die Gratwanderung zwischen Marvel-Leichtigkeit und brutaleren Szenen mit Bravour. Auf filmtechnischer Seite macht sich zudem die Entscheidung bezahlt, viele Szenen an Originalschauplätzen und an richtigen Sets zu drehen, was eine willkommene Abwechslung ist, nachdem gerade die Filme der Russo-Brüder es mit dem Greenscreen-Einsatz zuletzt etwas übertrieben hatten.

Lorne Balfes Score ist passend (soll man sagen, dem Spionagethema angemessen unauffällig?), tatsächlich sind es aber eher die eingesetzten Original-Songs, die im Gedächtnis bleiben, was eine weitere Gemeinsamkeit mit den "Guardians"-Filmen ist; diese formalen Parallelen sind durchaus erstaunlich wenn man bedenkt wie gegensätzlich die Beiträge von ihrem Ton her zueinander stehen. Die Action ist mitreißend inszeniert, wobei die Kampfszenen gerne auch ein bisschen länger hätten sein können, da man gar nicht genug davon bekommt, Taskmaster etliche Signature Moves der Avengers kopieren zu sehen.

Der starke Fokus auf Natasha und ihre dysfunktionale Familie macht sich indes dahingehend negativ bemerkbar, dass zu wenig Zeit bleibt, die Antagonisten interessanter zu zeichnen. Dreykov hat nicht viel mehr Eigenschaften als böse und Taskmaster ist im Prinzip nur ein Handlanger, der hauptsächlich in den Actionszenen glänzt, wobei am Ende doch noch versucht wird ihm Tiefe zu geben. Diese Auflösung passt gut in die hier erzählte Geschichte, in der es eben um Black Widow geht, hat aber das Potential die Meinungen zu spalten.

In erster Linie will dieser Film aber ein emotionaler Schwanengesang für die Titelfigur sein und dieses Ziel erreicht er. Es gibt zahlreiche Referenzen an ihre früheren Auftritte und wer mit den Comics von Marvels Superspionin vertraut ist, wird Einiges finden, das direkt aus diesen übernommen wurde. Besonders schön ist auch, dass der Film, wenn er erwartungsgemäß die weitere Entwicklung des MCU anstößt, in gewisser Weise auch Natasha weiterhin eine Rolle spielen lässt.

Fazit

Ja, der Film kommt einerseits zu spät, aber andererseits ist es für einen guten Film nie zu spät. "Black Widow" fühlt sich mit seiner thematischen Schwere und seinem vergleichsweise düsteren Ton im MCU durchaus einzigartig an und hat sich somit schon dafür gelohnt, den Kino-Output des führenden Blockbuster-Franchises weiter zu diversifizieren. Vielfach wird der Film mit "Captain America: The Winter Soldier" verglichen, was zum Teil auch zutreffend ist. Ich würde ihn aber am ehesten als Mischung aus "Avengers: Endgame" und "Logan" beschreiben. Wie das zusammenpasst, muss jeder selbst herausfinden. Am besten natürlich im Kino.

Black Widow Bewertung
Bewertung des Films
810

Weitere spannende Kritiken

Civil War Kritik

Civil War Kritik

Poster Bild
Kritik vom 18.04.2024 von ProfessorX - 0 Kommentare
Die Vereinigten Staaten sind im Bürgerkrieg. Während ein Präsident (Nick Offerman) bereits in seine dritte Amtszeit geht, führt er einen Krieg gegen Texas und Kalifornien und schockiert das Volk mit bestialischen Luftangriffen. Doch es gelingt ihm nicht, die Staaten in die Knie z...
Kritik lesen »

THX 1138 Kritik

THX 1138 Kritik

Poster Bild
Kritik vom 18.04.2024 von ProfessorX - 0 Kommentare
In einer alternativen Welt haben Bürger jedwede Form von Individualismus und Rechten verloren. Sie sind nur noch nummerierte Drohnen, die von einem staatlichen Drogenprogramm unter Kontrolle gehalten werden. Unter ihnen ist auch der Fabrikarbeiter THX 1138 (Robert Duvall). Sein Leben änder...
Kritik lesen »
Mehr Kritiken
Was denkst du?
Ich stimme den Anmelderegeln beim Login zu!
8 Kommentare
Avatar
MB80 : : Black Lodge Su
12.02.2022 18:36 Uhr
0
Dabei seit: 01.06.18 | Posts: 2.913 | Reviews: 44 | Hüte: 261

PaulLeger:

Ja genau die Szene meine ich, die Stelle war so unorganisch geschnitten, das es einfach raus stach... ich sehe deinen Punkt, dass das schon ne Pointe sein kann, aber vom Schnitt her ist es so abrupt, es passt einfach nicht.

Zu den Effekten, das sehe ich ähnlich, und ja das ist ein Problem das man immer wieder sieht. Am deutlichsten ist es mir noch bei Black Panther im Kopf geblieben, der eine Menge wirklich gute Szenen hatte, aber gerade am Ende litten einige Actionszenen an etwas liebe...

"Fanatical legions worshipping at the shrine of my father’s skull."

Avatar
PaulLeger : : Moviejones-Fan
12.02.2022 12:54 Uhr | Editiert am 12.02.2022 - 12:55 Uhr
0
Dabei seit: 26.10.19 | Posts: 2.347 | Reviews: 17 | Hüte: 261

@ MB80

Meinst du den Cut hier bei 0:35? Ich hab den eigentlich als bewusst so gesetzten harten Schnitt wahrgenommen, um die Komik der Szene zu unterstreichen, weil sie gerade den Plan vermasselt hat und dann direkt seelenruhig davonspaziert und Yelena über eine "kleine" Planänderung unterrichtet.

Beim CGI stimm ich dir zu, aber das Problem zieht sich schon seit einiger Zeit durch sämtliche MCU-Filme. Bin mir auch ziemlich sicher, dass es dabei immer hauptsächlich die Szenen betrifft, die bei Nachdrehs gefilmt wurden, denn es sind immer nur bestimmte Abschnitte, die negativ herausstechen, während andere Teile der Filme wiederum gut aussehen. Von den Nachdrehs ist in der Regel ja nicht mehr viel Zeit bis zum Filmstart, daher denke ich, dass Marvel den VFX-Firmen für die Bearbeitung der nachträglich gefilmten Szenen so knappe Zeitfenster vorgibt, dass die es einfach nicht mehr schaffen, die Effekte wirklich perfekt abzuschließen.

Dass "Dune" so viel besser ausschaut als die MCU-Filme dürfte daran liegen, dass die VFX-Artists mehr Zeit bekommen haben und Villeneuve selbst auch viel Wert darauf legt, dass die Effekte seiner Filme top aussehen.

Konkret auf "Black Widow" bezogen würde ich stark davon ausgehen, dass große Teile der finalen Actionszene erst in den Nachdrehs enstanden sind, denn da sind die Effekte am augenfälligsten.

Merci für den Hut.

Avatar
MB80 : : Black Lodge Su
12.02.2022 10:03 Uhr
0
Dabei seit: 01.06.18 | Posts: 2.913 | Reviews: 44 | Hüte: 261

PaulLeger:

So ich habe dem Film jetzt noch eine Chance gegeben... Würde mich im Fazit da anschließen, vor allem aber (leider) bei einem negativem Punkt, und das wäre der Bad Guy. Für jemanden, der scheinbar seit Jahrzehnten die Fäden in der Hand hat, und ein skrupelloser "female trafficer" ist, hätte er mehr Screentime/Komplexität verdient, das hätte auch der Motivation unserer Familie gut getan. Die Verwickelung von Melina und Love Sausage ich meine Red Guardian hätte dann auch mehr Komplexität bekommen, aber wir wollen am Ende ja einen MCU Actionfilm und nicht Das Fest durch die Linse von Disney ;)

Was mir noch auffiel sind einige technische Probleme... die Effekte waren oft nicht ganz ausgereift, und einige Schnitte waren sehr grenzwertig. Gerade am Ende war da einer, wo Melina mitten im Fall oder etwas ähnliches war, Schnitt zu ihr wie sie nun telefoniert. Da müssen durch die häufigen Verschiebungen einige Produktionsfehler reingeschlichen sein denke ich.

"Fanatical legions worshipping at the shrine of my father’s skull."

Avatar
DrStrange : : Moviejones-Fan
30.06.2021 16:54 Uhr
0
Dabei seit: 07.05.12 | Posts: 3.100 | Reviews: 53 | Hüte: 114

@PaulLeger:

Sehr schön geschrieben. Wobei ich eigentlich nie Zweifel hatte ob mir der Film gefallen würde. smile

"The Wheel weaves as the Wheel wills"

Avatar
PaulLeger : : Moviejones-Fan
30.06.2021 16:47 Uhr
0
Dabei seit: 26.10.19 | Posts: 2.347 | Reviews: 17 | Hüte: 261

@ Raven13 @ Duck-Anch-Amun

Danke euch. Hoffen wir mal, dass der Film in genug deutschen Kinos läuft. Gibt da nämlich unschöne Neuigkeiten, hab auf der Seite des Films was dazu gepostet.

Avatar
Duck-Anch-Amun : : Moviejones-Fan
30.06.2021 08:14 Uhr
0
Dabei seit: 15.04.13 | Posts: 11.509 | Reviews: 45 | Hüte: 774

Danke für die spoilerfreie Kritik!

"Black Widow" fühlt sich mit seiner thematischen Schwere und seinem vergleichsweise düsteren Ton im MCU durchaus einzigartig an und hat sich somit schon dafür gelohnt, den Kino-Output des führenden Blockbuster-Franchises weiter zu diversifizieren
Ich denke dies ist für mich persönlich der wichtigste Absatz, da es einerseits zeigt, dass es doch anders geht und andererseits möglicherweise bei Erfolg Türen eröffnet, dass man diesen Weg auch mal konsequenter durchführen mag.

MJ-Pat
Avatar
Raven13 : : Desert Ranger
29.06.2021 22:10 Uhr
0
Dabei seit: 13.02.16 | Posts: 7.207 | Reviews: 105 | Hüte: 638

@ PaulLeger

Schöne Kritik und starkes Fazit. Die Erwähnung von Logan macht mich nun noch heißer auf den Film! Klingt super!

Ein Zauberer kommt nie zu spät. Ebenso wenig zu früh. Er trifft genau dann ein, wenn er es beabsichtigt.

Avatar
PaulLeger : : Moviejones-Fan
29.06.2021 21:36 Uhr
2
Dabei seit: 26.10.19 | Posts: 2.347 | Reviews: 17 | Hüte: 261

Ist etwas lang geworden, enthält aber keine Spoiler.

Forum Neues Thema
AnzeigeN