Bewertung: 4.5 / 5
Nun, wer hätte das vor vier Jahren schon für möglich gehalten? Mit dem Reboot von Tim Burton 2001 hat sich Hollywood an der "Planet der Affen"-Thematik ordentlich die Finger verbrannt. Man sollte meinen, dass die Produzenten diesen Stoff auf ewig ignorieren würden. Jetzt erlebt Pierre Boulles Vorlage eine wahrhaftige Renaissance. 2011 sorgte der Regie-Neuling Rupert Wyatt für eine große Sommer-Überraschung, indem er in einem Blockbuster die Priorität auf Storyaufbau und Charakterarbeit legte, während Action und Effekte nur als Unterstützung dienten. Von diesem Erfolgsteam blieben der Fortsetzung nur die Drehbuchautoren Rick Jaffa und Amanda Silver sowie der Schauspieler Andy Serkis erhalten. Auf dem Regiestuhl saß nun Matt Reeves, ebenfalls im Science Fiction Genre bewandert, doch konnte er das Niveau seines Vorgängers halten? Mit Freuden kann ich ganz klar sagen: Ja!
Die Beschreibung "Blockbuster" trifft zwar bedeutend mehr auf "Revolution" zu als auf seinen Vorgänger, er versinkt deswegen aber noch lange nicht im Massenbrei. Die Geschichte ist jetzt größer aufgezogen, daher bedarf es auch eines größeren Action-Anteils, nichtsdestotrotz liegt das Augenmerk weiterhin auf den Charakteren. "Revolution" beschreibt das Aufeinandertreffen und den Konflikt zweier Völkergruppen, die sich so noch nie begegnet sind. Die Menschen haben Affen nur als [i]wilde Tiere[/i] oder Zootiere in Erinnerung und die meisten der Affen sind fernab von Menschen aufgewachsen. Daher nimmt sich der Film zu Beginn Zeit, die Sachlage beider Gruppen zu beleuchten. Die Affen-Gruppe hat sich nach der Pandemie zu einem höher entwickelten Waldvolk entwickelt, was zu Beginn des Film sehr beeindruckend bebildert wird. Gesprochene Worte sind jetzt häufiger zu hören, den Großteil stellt aber immer noch die Zeichensprache dar. Wie schon in "Prevolution" verleiht dies den Affen einen ganz speziellen Charakter. Die Menschen dagegen leiden stark unter der Pandemie, in San Francisco verbleiben ein paar hundert an immunen Personen. Ihr Leben ist simpel, Treibstoff-Vorräte versorgen sie aber mit Elektrizität und somit vor dem technischen Kollaps. Eben dieser Vorrat geht nun nur Neige. Ein Staudamm-Elektrizitätswerk im Wald soll Abhilfe leisten, nur wird der Wald von den Affen bewohnt.
Dies ist der Ausgangspunkt für den Konflikt, welcher von mehreren Motiven und Emotionen beeinflusst wird. Dabei greift sich "Revolution" aus beiden Gruppen eine Handvoll Charaktere heraus und gewährt uns Zuschauern einen näheren Einblick. Bei den Menschen wären das z.B. Gary Oldman als Anführer der Menschen und Jason Clarke als Expeditionsführer. Unter den Affen findet man neben Caesar auch weitere Altbekannte wie Koba, Maurice oder Rocket. Das Großartige an dieser Konstellation ist Matt Reeves Feingefühl dafür, keine der Parteien zu vernachlässigen. Weder die Affen noch die Menschen waren mir als Zuschauer egal, ich konnte stets Sympathien entwickeln. Das liegt vor allem daran, dass Handlungsmotive und Emotionen wunderbar ineinandergreifen. Jeder Charakter hat seine persönlichen Erfahrungen gemacht, steht der Gegenpartei daher anders gegenüber und richtet seine Handlungsdevisen danach.
Daraus ergibt sich schließlich ein Film, der es ordentlich in sich hat. Als Zuschauer, dem beide Parteien ans Herz wachsen, ist dieser Stoff definitv kein freudiger oder schöner Film. Reeves Inszenierung ist stets spannend, teilweise sehr nervenaufreibend und/oder emotional. Wendungen schlagen aus dem Nichts zu und schocken eiskalt. Bei manchen Szenen konnte ich einfach kein Popcorn essen oder musste den Cola-Becher auf halbem Weg zum Mund wieder zurückstellen, weil ich von der entsprechenden Szene stark mitgenommen wurde. Die Gesellschaftskritik des Films traf mich daher umso härter. Krieg kennt keinen Gewinner. Und Frieden kann es nur geben, wenn alle vorurteilsfrei dazu bereit sind und an einem Strang ziehen. Nur gibt es leider überall Kriegstreiber, die das Wohl des eigenen Volkes über andere stellen, oder nur an persönlicher Macht interessiert sind. Wenn aus solchen Gründen reihenweise liebgewonnene Lebewesen (ob Mensch ob Affe) gefangen genommen, gefoltert oder einfach nur dahingeschlachtet werden, muss man als Zuschauer schon mehrmals schlucken. Dementsprechend mulmig war mir auch bei dem Cliffhanger-Ende zu Mute. Mir graust es vor Teil 3.
Neben Matt Reeves Inszenierung oder dem Drehbuch (Rick Jaffa, Amanda Silver, Mark Bomback) weiß der Film auf andere Weise ebenfalls zu begeistern. Die Kulissen sehen klasse aus, sei es das verfallene San Francisco, das Dorf der Affen oder einfach nur der Wald. Die visuellen Effekte haben im Vergleich zum Vorgänger nochmal einen Schritt nach vorne gemacht. Die Affen wirken noch detaillierter und authentischer und das bezieht sich auch auf andere gezeigten Tiere. Werden Kulissen und visuelle Effekte miteinander kombiniert, ergibt sich eine außergewöhnliche Bildgewalt. Vor allem Großbildaufnahmen oder Szenen mit Affen in Aktion sehen sehr bombastisch aus. 3D ist zum Großteil ein eher unnötiges Gimmick, aber in den hier genannten Aufnahmen/Szenen entwickelt es doch einen starken Sog. Die Waldszenen seien hier nochmal besonders hervorgehoben. Die schauspielerischen Leistungen sind ebenfalls hervorragend, sowohl von Serkis und Oldman als auch von den eher unbekannten Darstellern wie Jason Clarke, Keri Russell oder Kodi Smit-McPhee. Besonderes Lob gilt Andy Serkis, der jede kleine Gefühlsänderung perfekt trifft. Außerdem strahlt er eine ungemeine Leinwandpräsenz aus, er muss einfach nur da sein und die Szene gehört ihm. Musikalisch ist ebenfalls alles stimmig, Michael Giacchino findet für jede Szene (ob spannend oder emotional) die passenden Töne. Schade finde ich allerdings, dass Giacchino komplett auf Patrick Doyles Hauptthema aus "Prevolution" verzichtet hat.
Bei all der positiven Kritik muss der Film dennoch auch ein paar Negativpunkte einstecken. Es gibt 1-2 Szenen, in denen die Handlung zu vorhersehbar war. Da wusste man vorher schon was passiert bzw. welche Charaktere gleich aufeinandertreffen. Des Weiteren hätte ich mir gewünscht, wenn die Gewaltdarstellung im Film etwas expliziver gewesen wäre. In einigen Szenen vollführt die Kamera lieber einen Schwenk als direkt draufzuhalten. Darüberhinaus muss man manche Aspekte des Endzeit-Szenarios einfach so hinnehmen. Z.B. eine verlassene Tankstelle, von hochgewachsenen Bäumen umgeben. Sowas ist in zehn Jahren einfach nicht möglich.
Nichtsdestotrotz gelang Matt Reeves ein sehenswertes Stück Film, welches ich jedem nur empfehlen kann. Die Frage, welcher Teil der Reihe besser ist, stellt sich mir primär gar nicht. Beide Teile bauen auf einem anderen Standpunkt auf und sind dementsprechend auch unterschiedlich in Szene gesetzt. Man kann sogar soweit gehen und "Revolution" als eigenständigen Film betrachten. Kenntnisse über den Vorgänger sind nicht zwingend notwendig. Letztendlich ist es Geschmackssache, welcher Teil einem mehr zusagt. Für mich sind es beide qualitativ hochwertige Filme mit kleinen Schwächen. "Prevolution" gefiel mir einen Ticken besser, vielleicht wegen der Erstlings-Überraschung, vielleicht weil er kleiner und mehr auf Caesar bezogen war.
Dennoch vergebe ich an "Revolution" wie auch damals an seinem Vorgänger
[b]9/10 Punkten[/b] bzw. [b]4.5/5 Hüten[/b].
Planet der Affen - Revolution Bewertung