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Oppenheimer

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Oppenheimer Kritik

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Oppenheimer Kritik
0 Kommentare - 28.07.2023 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Oppenheimer" ist.
Oppenheimer

Bewertung: 5 / 5

Irgendwo an einem geheimen Ort wird der Physiker J. Robert Oppenheimer (Cillian Murphy) wegen seines Widerspruchs gegen die Entziehung seiner Sicherheitsfreigabe befragt. Sein Privatleben und seine Rolle im Manhattan-Projekt stehen zur Debatte. In einem Labor in New Mexico soll er mitsamt einem Team unter der Leitung von Lt. Leslie Groves (Matt Damon) die Atombombe entwickeln, bevor es die Nazis tun. In einer weiteren Anhörung soll Lewis Strauss (Robert Downey Jr.) zum Kabinett von Präsident Eisenhower hinzugefügt werden.

„Der Vater der Atombombe“ je nachdem, wen man fragt, ist das ein Titel, mit dem man politisch wie historisch etwas anfangen kann, oder eben nicht. Nachdem Christopher Nolan mit Dunkirk (2017) bereits versuchte einen Oscar zu erlangen, ließ ihn auch mit Tenet (2020) die Atombombe schon nicht mehr los und insofern ist Oppenheimer fast schon wieder ein Zirkelschluß dieses Narratives, begonnen vor so vielen Jahren. Nun haben Filme dieser Art immer einen bitteren Beigeschmack, weil sie natürlich auch in gewisser Weise nur produziert werden, um die großen Preise einzuheimsen und mitunter, wie etwa im Falle von Die dunkelste Stunde (2017) eine eher fragwürdige Qualität aufweisen. Skepsis ist also schon im Vorhinein angebracht. Doch wie ist denn nun jener Film, der sich mit einer der abartigsten Waffen der Menschheitsgeschichte befasst? Nun, kurz um brillant und meisterhaft. Das Erstaunliche an Oppenheimer ist nämlich, daß er sich mit der Geschichte befasst, da nie langweilig wird, weil die Kernfrage der Erzählung nach Nolan immer auch die Frage nach der Existenzberechtigung jener Waffe auf dem Planeten und der Verantwortung sind. Nolan rückt ab, von jedwedem Patriotismus, rückt ab von der Erlösung, die das Ende des Krieges bedeuten sollte und ist viel eher daran interessiert, in Robert Oppenheimer einen Man zu zeichnen, der daß, was er tut und die Konsequenzen für die Menschheit nur in Kauf nimmt, weil ihm keine andere Wahl bleibt.

Trailer zu Oppenheimer

Dieser absolute Konflikt in der Figur und dieser mit den Nazis wird gleichbedeutend und verwandelt den Film in einen Wettlauf. Und die Absurdität dessen, die Nolan hier offenlegt, ist eigentlich die, daß der Mensch – egal welchem Lager er nun in dieser Situation angehört – einen wahnsinnigen Selbstzerstörungstrieb hat, weil es, wie die Geschichte ja auch zeigt, eben keinen Krieg gab, der alle Kriege beendete. Der Fall der Figur Oppenheimer, die in den Folgejahren jenen Ruf als Retter – je nachdem, wen man fragt – nach und nach verliert und sich dann für jedwede Kleinigkeit rechtfertigen muss, ist fast wie ein Thriller im Stile von Der Staatsfeind Nr. 1 (1998) und zeigt auf, daß unter den Patrioten jener Tage sicherlich keine Menschen zu finden waren, die politisch eben ein wenig weiter dachten, als schwarz und weiß. Eine Liaison mit einer Kommunistin namens Jean Tatlock – wunderbar lasziv und gebrochen gespielt von Florence Pugh – und ein Verräter in den eigenen Reihen bringen Robert Oppenheimer in Erklärungsnot. Sicherlich im Grundtenor erstmal berechtigt, wird aber auch das schnell dazu genutzt, um eine Hexenjagd voranzutreiben. Das verrückte aber ist nicht einmal, daß es etwa nicht um die Moralfrage zwischen Mensch und Verantwortung, sondern um die zwischen Mensch und Staat geht. Eben hier geboren aus dem Problem der Kriegslust des Menschen. Und das ist auch das eigentliche Kernthema von Oppenheimer, der sich viel eher mit einer paranoiden, misstrauischen Zeit befasst, die die eher grausame, aber auch einfache Wahrheit des Zweiten Weltkriegs übersteigt. Und ab da bezieht sich Nolan mit Oppenheimer stärker als jeder andere Film zum Thema Zweiter Weltkrieg – sofern man ihn darin kategorisieren kann – auf die Gegenwart.

Denn ja, Schindlers Liste (1993) und Konsorten sind gute und aufwühlende Filme, die wichtige Aufklärungsarbeit leisten, aber gleichsam auch zu wenig zur Gegenwart beitragen. Beinahe jede Frage, die der Film stellt, lässt sich eins zu eins auf unsere Gegenwart übertragen, was Nolana Genialität oder die Stagnation der Menschheit unter Beweis stellt. Es zeigt sich nämlich auch hier wieder, daßs die Menschheit trotz aller Warnungen durch Klügere, immer die falschen Schlüße und Entscheidungen treffen, um ein bisschen mehr Macht und Ansehen zu erlangen. Das wird auch zum Großteil von Robert Downey Jr. als Lewis Strauss unter Beweis gestellt, dessen narzisstische Kränkung im Film hier auch schon wieder stellvertretend für die moderne Autokratie und deren Funktionäre stehen könnte. Jeder Versuch, sich zu erklären, hat erstmal keinen Platz und ist auch gar nicht erwünscht. Das wiederum ist ebenso absurd, weil die Figur Robert Oppenheimer das auch gar nicht nötig haben sollte. Und so vergeudet man im Leben seine Zeit, was ebenso eines der Themen von Oppenheimer ist. Erst Lieben sei einen, dann hassen sie einen und man ist nur noch mehr damit beschäftigt den eigenen Ruf wiederherzustellen. Das aber nicht, weil man es gänzlich bräuchte, sondern weil das Ertragen dessen unweigerlich zum Existenzende führen wird.

Natürlich sind die üblichen Manierismen jedes guten Films, mitsamt einer kritischen – nicht radikalen – Haltung zum Staat und Machtstreben in Form von Kapitalismus vertreten. Damit unterstreicht Oppenheimer aber auch nochmals den Bezug zur Gegenwart, der hier also erneut überdeutlich wird. Und dennoch hebt der Film gleichzeitig die Ambivalenz des Individuums hevor, die sich etwa in einem doch recht ängstlichen Soldaten namens Leslie Groves zeichnet. Er stellt als wahrer Beschützer des Volkes und als autonom, kritisch denkender Mensch schon einen recht faszinierenden Krieger dar. Das liegt unter anderem auch daran, daß er hadert mit dem, was seine Regierung von ihm verlangt, aber eben auch an seinen Eid gebunden ist. Dabei ist es erstaunlich, daß Oppenheimer eigentlich über drei Stunden quasi nur aus Gesprächen besteht und dabei niemals langweilt. Es ist eine konzipierte Absurdität, die eigentlich keinerlei Spannung aufweisen dürfte, denn das Drehbuch wirkt so zusammengestückelt. Und dennoch, gerade der ständige Wechsel von Charakteren, der sehr theatralisch anmutet, ist irgendwie genial. Es ist genial konzipiert, weil es sich eben nicht rein über sein Thema legitimiert, sondern darüber hinaus auch was zu erzählen hat.

Nolan ist nämlich gar nicht erst daran interessiert „einfach nur das nächste Bio-Pic“ zu inszenieren, sondern wertet der Film mit Zeitsprüngen und einer non-linearen Erzählweise immer wieder auf. Gut, daß ist ja auch so etwas, was Nolan schon immer getan hat und bereits in Memento (2000) und Batman Begins (2005) erprobte. Doch hier entfaltet es seine volle Wirkung, weil Nolan die eigentliche Frage immer so schwer in den Mittelpunkt rückt. Verdammt, es geht darum, eine Bombe zu bauen, um den Nazis voraus zu sein. Und dann kann man noch nicht mal genau sagen, wie genau das Ding funktioniert, ob es die Menschheit nicht sogar alle auf einmal töten würde. „Null, wäre schön.“ ist wohl das Zitat des Films, daß alles sagt.

Die Verbindung von Gegenwart und Vergangenheit gelingt nur sehr selten in dieser Sorte Film. Nolan aber zeigt in Oppenheimer auf, wie wenig sich die Menschheit entwickelt hat und liefert den Film unserer Zeit. Sicherlich konnte er nicht alles voraussehen, aber mitunter erwischt einen das Werk sehr kalt, weil es so brutal ist, ohne zumeist brutal zu sein. So wahnsinnig, ohne, daß man das diagnostizieren würde und weil Nolan einfach sein Meisterstück abliefert. Es ist ein Film, der jeden Preis auf dem Planeten verdient und wenn da am Ende des Jahres nichts drin ist, weiß ich auch nicht weiter. Denn das ist wichtig, aber nicht nur. Es ist brachial gut inszeniert, mit Zeitsprüngen und philosophischen Anleihen und immer mit der schwierigen Frage, der Macht konfrontiert.

Oppenheimer Bewertung
Bewertung des Films
1010

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