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Rain Man

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Rain Man Kritik

Rain Man Kritik

Rain Man Kritik
2 Kommentare - 15.06.2023 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Rain Man" ist.

Bewertung: 4 / 5

Der herzlose und erfolgreiche Karrierist Charlie Babbitt (Tom Cruise) verliert eines Tages seinen Vater, zu dem er lange keinen Kontakt hat und erfährt, daß er einen Bruder namens Ray (Dustin Hoffman) hat. Dieser soll nun drei Millionen Dollar erben, während Charlie so gut wie nichts erhält. Doch Charlie sieht noch Möglichkeiten an das Vermögen zu kommen, weil sein Bruder unter Autismus leidet und unter der Obhut von Dr. Bruner (Gerald R. Molen) in einem Heim für psychisch Kranke lebt. Also macht sich Charlie auf den Weg und um seinen Bruder mitzunehmen und gegebenenfalls die Vormundschaft und damit das Vermögen seines Vaters zu bekommen.

Filme haben viele Aufgaben, sie werden ihnen zugeschrieben, sie werden daran gemessen. Die Macher dieser Werke gehen einen Pakt mit dem Teufel ein, weil sie einerseits als Mediatoren zwischen Kunst und Zuschauer fungieren und immer erklären müssen, wie sie dieses und jenes gemeint haben. Doch wer so denkt, der versteht nicht, was Kunst ausmacht. Daher ist es auch ratsamer, zunächst beim Film vielleicht auch vom Handwerk zu sprechen. Schließlich gibt es feste Regeln, wie man einen Spannungsbogen erzeugt. Das studiert man, man lernt es, ähnlich wie man auch das Schreiben von Drehbüchern lernt. Doch als die Kurse in Sachen Spannung wohl Teil des Studiums der Drehbuchautoren Barry Morrow und Ronald Bass waren, müssen sie wohl geschlafen haben, oder waren gar nicht erst vor Ort. Denn so gut Rain Man auch als rein filmisches Werk inhaltlich ist, so schlecht ist das Pacing. Der gesamte Film hat ein wichtiges Thema und mehr noch, wird dieses Thema gekonnt aufgegriffen. Allerdings fühlen sich diese zwei Stunden, die man da investiert, wesentlich länger an. Und das zu ergründen ist reine Geschmackssache, wie auch der eigenen Wahrnehmung unterlegen. Schließlich muss das auch nicht allen so auffallen. Allerdings bekommt man in Rain Man den Eindruck, man formuliere bestimmte Dinge wiederholt mehrmals aus. Die Bindung der Brüder, ein sich anbahnender Konflikt mit einer Frau verläuft irgendwie ins Leere und es hat sicherlich einen Zweck, doch es unterhält in diesen Punkten nicht.

In Deutschland gab es mal den Anspruch inklusive Filme zu machen. Das freut einen zunächst, weil die Zahl der Menschen mit körperlichen, wie auch psychischen Leiden doch verschwindet gering ist und die Zahl wird sogar noch geringer, wenn es nicht explizit um die Krankheit oder die Hinderung geht. South Park (seit 1997) ist inklusiv, Fack ju Göhte 2 (2015) hat es versucht und war eine Frechheit. Das große Problem ist, eine Krankheit darzustellen und diese dramatisch aufzuarbeiten, denn so bleibt der Mensch nur seine Diagnose und wird auf diese reduziert. Nun stellen Filme aber nie ganzheitliche Menschen dar. Das ist schon klar. Doch die Kritik gab es natürlich. Autismus, eine Krankheit – ich nenne es ab jetzt nur noch Phänomen – die nicht so einfach zu fassen ist. Man spricht in diesem Fall auch von einer sogenannten Spektrumsstörung, weil sie eben ein breites Spektrum ausfüllt. Eine Spektrumsstörung bedeutet salopp gesagt, daß eine Diagnose nicht einfach durch Abhakten einer Liste gestellt werden kann, sondern durch ganzheitliche Analyse kaum mit anderen Diagnosen vergleichbar ist. Kurz um, es gibt nicht den Autisten. Es gibt hier den frühkindlichen Autismus, den Asperger, den a-typischen Autismus und so weiter und so fort. Und ab dem Punkt kommt dann Rain Man ins Spiel, den man an der Stelle wirklich in Schutz nehmen muss. Die Darstellung des Autisten hier durch Dustin Hoffman wird je nach Kreisen entweder geliebt, oder verachtet. Gründe hierfür liegen wohl auf der Hand und so stört man sich vor allem daran, daß der dort porträtierte Autismus nicht der Realität entspräche.

Dieses Argument gilt es zu entwerten, weil genau, daß der Grund ist, warum Rain Man ein wirklich guter Film ist. Zum einen wäre da der realistische Anspruch, den man einem Film durchaus ankreiden kann, wenn er das zu seinem Thema macht. Ja, der Film ist da angreifbar, aber das sollte gar nicht der Punkt sein. Viel mehr geht es nämlich in Filmen nie darum, die Realität zu zeigen, zumal es auch zweifelhaft ist, ob es eine objektive Realität überhaupt gibt. Der Mensch bastelt sich seine Umwelt und wird gesteuert von subjektiver Wahrnehmung. Und gerade ein Film darf durchaus abstrakt sein, daß sollte Kunst eigentlich immer. Denn dann regt sie zum Nachdenken an. Ich glaube auch nicht in Raymond Babbit den Autisten zu sehen. Doch darum geht es auch gar nicht. Viel mehr geht es um eine Beziehung zwischen zwei Männern, die ein gänzlich unterschiedliches Leben gelebt haben, unterschiedlichen Alters sind und unterschiedliche Prioritäten setzen. Im Falle von Raymond stellt der Film sogar sehr clever heraus, daß dieser eben in bestimmten Bereichen nur ein Genie ist und dann vielleicht auch bei einfacheren Matheaufgaben versagen kann. Ins Zentrum rückt der dabei immer die Dynamik zwischen ihm und seinem geldgeilen Bruder. Damit schreibt sich auch die systemisch bedingte Kapitalismuskritik von selbst. Doch in diesem Fall ist sie tatsächlich relativ intelligent, weil dieser Film dann in seinem Kern auch den Menschen wieder vor das Kapital stellt.

In seinen besten Momenten stellt Rain Man heraus, wie schwer die Kommunikation zwischen einem Autisten und einem vermeintlich normalen Menschen sein kann, wenn letzter eben nicht darin geschult ist. Da finden sich sehr bekannte Themen, wie das wörtlich verstehen von gewissen Phrasen und eben der Teilhabe am Leben. Tatsächlich lassen sich auch Ironie und dergleichen ab einem gewissen Punkt trainieren. Das großartige ist, daß Rain Man seinen Fokus immer auf das Thema Inklusion legt. Nun waren natürlich die Handhabungen von Menschen mit Autismus, wie auch jeder anderen vermeintlichen Krankheit sehr drastisch. Das, was dort gezeigt wird, hat nichts mit Inklusion gemein. Ärzte, die glauben, man müsse Menschen einsperren, um ihnen adäquat helfen zu können. Die Frage ist immer, ob Autisten Hilfe brauchen und das, was sich hier offenbart, ist keine Inklusion, sondern eine Exklusion. Der inklusive Gedanke ist ja sowieso noch sehr jung und es fällt auf, daß sich Rain Man daran stört, daß Menschen, wie dieser Raymond Babbitt abseits der Gesellschaft stattfinden. Gleichsam will Rain Man auch nie darauf hinaus, daß Menschen mit Autismus Menschen sind, die man von Morgens bis Abends bedauern muss. Auch das ist keine Inklusion. Ein Mensch ist keine Diagnose und sollte innerhalb der Gesellschaft auch keine sein.

Die Beziehung zwischen den Brüdern ist dabei der Kern der Geschichte. Wenn Charlie zunächst nur darauf aus ist, möglichst viel Geld zu machen, wird er im weiteren Verlauf zum therapeutischen Ankerpunkt eines inklusiven Lebens für Raymond. Leben über Kapital, ein Statement, daß man heute weniger denn je trifft. Gerade, auch wenn es um Menschen geht, die kaum eine zweckerfüllende in einer solchen Gesellschaft ausfüllen können. Menschen werden zu Zweckmenschen und diesem Kredo schiebt Rain Man den Riegel vor.

Durchhaltevermögen ist bei Rain Man angebracht. Ein Film, der so vieles über unsere Gesellschaft in Sachen Inklusion und Menschenrechte verrät- Es stimmt traurig zu sehen, wie aktuell das Werk auch heute noch ist und gleichsam ist es dadurch thematisch auch eine Wucht. Unterfüttert wird das durch großes Schauspiel und eine zutiefst menschliche Botschaft.

Rain Man Bewertung
Bewertung des Films
810

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ProfessorX : : Moviejones-Fan
19.06.2023 19:49 Uhr
0
Dabei seit: 17.05.14 | Posts: 944 | Reviews: 1.062 | Hüte: 43

@filmfreak99

Absolut!

Consider that a divorce!

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filmfreak99 : : Moviejones-Fan
15.06.2023 21:34 Uhr
0
Dabei seit: 07.06.23 | Posts: 5 | Reviews: 36 | Hüte: 0

Sehr guter Film, der das Inklusionsthema durchaus ernst nimmt.

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