Bewertung: 4 / 5
Regisseur Taylor Sheridan hat mit Wind River seine (als Drehbuchautor initiierte und inoffizielle) "American-Frontier-Trilogie" ausgehend von Sicario über Hell or High Water auf faszinierend stimmige Weise geschlossen. Ob im Staub Texas´ oder in winterlicher Kulisse des amerikanischen Nordwestens, seinen Filmen sind persönliche Schicksale anheim, er zeigt echte Menschen, Charaktere, die aufeinandertreffen und ihr Leben versuchen zu meistern - und so wie in Wind River das Leben weitergehen muss, wünschen wir uns von Sheridan weitere Geschichten.
Wind River Kritik
Cory (Jeremy Renner) ist in den eisigen Höhen von Wyoming als Jäger dafür verantwortlich, Jagd auf Raubtiere wie Kojoten zu machen, um die Nutztiere der umliegenden Farmen zu schützen. Der Einzelgänger muss sich von einem schweren Schicksalsschlag erholen und wird brutal an diesen erinnert, als er eines Tages ein totes junges Mädchen, eine Ureinwohnerin, in den Wäldern findet. Nach Verständigung der zuständigen Behörde erscheint die junge FBI-Agentin Jane Banner (Elizabeth Olsen) auf der Bildfläche, die gerade frisch der Ausbildung entsprungen ist. Gemeinsam mit Cory und dem ansässigen Sheriff (Graham Greene) versucht sie, Licht ins Dunkel zu bringen...
Trailer zu Wind River
Wind River ist eine würdige und sehr stimmige Abrundung von Taylor Sheridans inoffizieller Trilogie, die jeweils Filme in unterschiedlichen US-Regionen verortet. Besticht Sicario mit intensiven Bildern an der Grenze zwischen dem US-Bundesstaat Arizona und Mexiko, finden wir uns in Hell or High Water im tiefsten Texas wieder, um nun in Wyoming Fuß zu fassen. Fuß zu fassen für knapp 110 Minuten und das gelingt trotz all der Widrigkeiten im eisigen Nordwesten der USA, wo die Uhren anders zu laufen scheinen und die Wintermonate das Leben noch trister machen, deren Kälte man bis in den Kinosessel zu spüren scheint.
Sheridan, der mit diesem Film sein Regiedebüt feiert, gelingt es, die Tristesse und Ödnis als starke Versatzstücke zu nutzen mit ihren Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung. Viele ansässige Familien leben nicht selten in Armut und Hoffnungslosigkeit, denn wo nichts ist, kommt nichts her, die reichen Metropolen sind fern und das Zuviel an Zeit muss anderweitig gefüllt werden. Speziell die Widrigkeiten, mit denen sich die amerikanischen Ureinwohner konfrontiert sehen, schwingen mit, doch erlebt man würdevolle Menschen, die kein Mitleid wollen, sondern einfach nur eine Chance wie jedermann.
Die Wind River zugrundeliegende Story ist nicht tiefgründig und weltbewegend, aber trotz ihrer ruhigen Erzählweise und Verortung im Nirgendwo spannend und viel zu real. Die einfachen, aber unterschiedlichen Persönlichkeiten, allen voran Renner und Olsen, treiben die Aufklärung voran und das auf erfrischend alltägliche Weise. Weder sind hier Übermenschen am Werk, noch ist die Lösung hinter der nächsten Biegung zu finden. Die beiden sind aufgrund der ihnen fehlenden Alternativen aufeinander angewiesen und damit ergeben zwei Einzeljäger ein schlagkräftiges Team. So gedämpft Wind River dabei auf weiter Strecke daherkommt - und damit ist sicher kein langweiliges Abspulen einer ermüdenden Handlung gemeint - so heftig geht es im letzten Drittel zu, wenn der Showdown näher rückt und sich der Vorhang lüftet.
Mit kleinen Abstrichen tragen sowohl Inszenierung als auch Kamera sehr viel dazu bei, dass es sich bei Wind River um ein sehr starkes Regiedebüt handelt, wobei die Darsteller ebenso Erwähnung finden müssen. Neben der anerkennenswerten Leistung von den schon erwähnten Olsen und Renner, tragen auch Graham Greene, Jon Bernthal, Julia Jones (The Ridiculous 6) und besonders Gil Birmingham (Hell or High Water) zur Intensität des Thrillers mit ihrem Schauspiel bei, egal wie groß ihre Rolle ist. Es sind starke Rollen, starke Persönlichkeiten, deren Schicksale die Bitternis des Films wirklich spürbar machen. Man möchte erfahren, was geschehen ist und hofft darauf, dass Rookie Jane Banner den Fall lösen kann - und wünscht sich insgeheim, dass mehr Menschen diese Kraft, wie Cory zu überleben und vorwärts zu gehen, hätten. Ein Film, geerdet und ergreifend, und für interessierte Kinogänger unbedingt eine Option.