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Die Liebesfälscher

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Szenen (k)einer Ehe

Die Liebesfälscher Kritik

Die Liebesfälscher Kritik
0 Kommentare - 10.10.2011 von FBW
Hierbei handelt es sich um eine Kritik der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW).

Bewertung: 3.5 / 5

Wie verschrecke ich einen Mann an einem Tag? "Sie" (Juliette Binoche), weibliche Hauptfigur im französisch-italienischen Film Die Liebesfälscher, hat eine gute Taktik: Sie gibt James (William Shimell) schnell und deutlich ihr Interesse an ihm zu verstehen, um ihn dann an den romantischsten Orten in der Toskana aufs Übelste anzuzicken. So, als wären sie schon 15 Jahre verheiratet. Missglücktes Drehbuch müsste das Urteil heißen, wäre dies eine Romantic Comedy. Der Iraner Abbas Kiarostami gehört jedoch zu den intellektuellen Filmemachern und setzt hier ein Vexierspiel rund um Schein und Sein, Original und Fälschung in Gang.

Bevor Kiarostami sein verschlungenes und immer interessanter werdendes Rätselspiel beginnt, serviert er den Zuschauern einen trockenen Diskurs zum Thema Original und Kopie. Der englische Schriftsteller James stellt auf einer Lesereise in Italien sein neues Buch vor, das sich mit dem Verhältnis von Original und Kopie auseinandersetzt. Juliette Binoche besucht in der Rolle einer Kunstexpertin seinen Vortrag. Schon beim ersten Kennenlernen wirken sie sehr vertraut, als sei schon ein Funke übergesprungen. Sie verabreden sich für einen gemeinsamen Ausflug nach San Gimignano.

Wie so oft in Kiarostamis Filmen (Ten, Der Geschmack der Kirsche) folgt eine Autofahrt. Äußerlich passiert nicht viel, Zeit für Inhalt statt Handlung. Und so bricht zwischen "ihr" und James eine Diskussion darüber aus, ob Fälschungen neben Originalen bestehen können und ob perfekte Kopien nicht die gleiche Wirkung auf den Betrachter haben können. Prompt zieht die Handlung nach: In einer Bar hält sie jemand für ein Ehepaar - "das sieht man gleich" - und beide korrigieren den Irrtum nicht. Können sie als Kopie bestehen, besser als das Original? Oder beobachten wir etwa zwei Menschen, die sich schon lange kennen, und war der erste Teil des Films eine Fälschung? Nachdem Die Liebesfälscher anfangs etwas Geduld erforderten, reizen sie dann durch das gekonnte Spiel mit der Wahrnehmung, auch wenn man den Figuren emotional nie besonders nah kommt.

Vor den Augen der Zuschauer durchläuft diese Beziehung an einem Tag alle Stationen der Liebe. Von erster Anziehung über das Kennenlernen, Abrutschen ins Drama, gespeist durch das ewige Missverständnis zwischen Männer und Frauen, und schließlich das wehmütige Ende. Vor der wunderbaren Kulisse einer romantischen Stadt in der Toskana, in die es viele Liebespaare zieht, in der geheiratet und das Leben genossen wird, sorgt vor allem die namenlose Frau als treibende Kraft in diesem Spiel für eine unangenehme Stimmung.

Während sie darüber verzweifelt, dass ihr Gegenüber sie nicht versteht, läuft Juliette Binoche in ihrer Rolle zur Höchstform auf. In Cannes erhielt die französische Schauspielerin dafür 2010 den Darstellerinnenpreis. Neben ihr wirkt der Filmdebütant William Shimell, ein britischer Opernsänger, wie eingefroren. Wie die beiden Figuren denn nun wirklich zueinander stehen, verrät der Film nicht. Aber ist es denn überhaupt wichtig, die Wahrheit zu kennen, wenn gleichzeitig viel "Wahres" über die Entfremdung zweier Liebender in einer langen Beziehung erzählt wird?

Die Liebesfälscher bekommt 3,5 von 5 Hüten.


(Quelle: teleschau - der mediendienst | Diemuth Schmidt)

Die Liebesfälscher Bewertung
Bewertung des Films
710

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