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Pulp Fiction

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Pulp Fiction Kritik

Pulp Fiction Kritik

Pulp Fiction Kritik
0 Kommentare - 03.02.2023 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Pulp Fiction" ist.
Pulp Fiction

Bewertung: 5 / 5

Das kleinkriminelle Ehepaar Pumpkin (Tim Roth) und Honey Bunney (Amanda Plummer) überfällt ein Diner in L.A. Dumm nur, daß dort der Auftragsmörder Jules (Samuel L. Jackson) sitzt, welcher zuvor mit seinem Partner Vincent Vega (John Travolta) eine Leiche für ihren Boss Marcellus Wallace (Ving Rhames) entsorgen sollten. Zudem hat Wallace noch eine Rechnung mit dem Boxer Butch (Bruce Willis) offen, welcher versucht hat, ihn hinters Licht zu führen. Außerdem beauftragt Wallace Vega auf ein Date mit seiner Frau Mia (Uma Thurman) zu gehen.

Als in den frühen 1970er Jahren das Bild der Mafia durch Werke wie Der Pate (1972) erneut geprägt wurde, sprach man von gebildeten Männern in guten Anzügen. Man sprach von Gewalt, die nur im Wechselspiel mit purer Liebe zur eigenen Familie stattfinden kann. Und man lauschte dort schweren, unsagbar verletzenden oder auch bedeutenden Gesprächen, die mit tiefen, verträumten und beherrschenden Blicken vom Tod berichteten. Der Verlust der Menschlichkeit, durch das Verlangen nach Kapital und dem endlosen Mehr. An diesen Themen orientiert sich Quentin Tarantino in Pulp Fiction und stellt das gesamte Genre, wenn es denn überhaupt nur ein Genre gibt, in welches der Film passt, gleichsam auf den Kopf. Der Episodenfilm erzählt mehrere Geschichten von Menschen in Los Angeles und lässt seine Zuschauer etwas ratlos zurück. Es gibt scheinbar kein Thema, denn die Geschichte um einen Koffer, dessen Inhalt alle Beteiligten ins Staunen verletzt, ist so umspielt durch vermeintliche Trivialitäten, daß der Episodenfilm eigentlich als pseudoprovokanter Nonsens abgetan werden könnte und doch genau das Gegenteil der Fall ist. Ständig passiert etwas und dennoch scheint es keinen Sinn zu ergeben, doch dadurch, daß alles a-chronologisch verläuft, führt Tarantino den Zuschauer bewusst von der übergeordneten Handlung weg, hin zu einzelnen, kleineren und intimeren Geschichten. Nun würde man vielleicht denken, daß das ein Trick ist, um von der eigentlichen Geschichte abzulenken und den Zuschauer dahingehend zu manipulieren, daß er über das Gezeigte nicht weiter nachdenkt. Doch wer so denkt, der tut dem Film unrecht, weil der Film den Zufall und die inhaltliche Befreiung zu einem nihilistischen Mantra erklärt. Der Film findet eine Faszination darin, sich vom Herkömmlichen zu lösen, auf das der Zuschauer eigentlich warten würde, um ihm dann eine Nebensächlichkeit vorzuhalten. Ähnlich taten es ja auch The Big Lebowski (1998) und Jahre später Everything Everywhere All at Once (2022). So etwa in den Dialogen über Burger oder auch Fußmassagen zu erkennen. Man könnte dann so weit gehen und behaupten, daß einige Charaktere ein latententes Aufmerksamkeitsproblem in Form von ADS hätten, allerdings wäre das falsch. Der Film spielt mit der Erwartung der Zuschauer und vermenschlicht dabei seine eigenen a-moralischen Figuren, die ganz nebensächlich Auftragsmorde begehen.

Trailer zu Pulp Fiction

Die Handlung zu entziffern, wäre an der Stelle tatsächlich völliger Nonsens. Der Film präsentiert sie in einer nicht chronologischen Reihenfolge und sobald man sie entwirrt hat, merkt man, daß das zum einen nicht sonderlich komplex war und dabei auch keinen Mehrwert hat. Viel interessanter ist dabei, was der Film aus den Charakteren macht. So etwa in der Dynamik zwischen Boxer Butch und Marsellus Wallace. Der Gangsterboss Wallace möchte Rache an Butch dafür, daß dieser ihn bei einem Handel hintergangen hat und lässt ihn suchen. Dann findet er ihn plötzlich. Ein Zufall, der auch Jahre später im Kino noch rumgeistern würde. Die beiden führen einen erbitterten Kampf bis hin zu einem Geschäft, während sie plötzlich von dessen Besitzer überrumpelt werden. Daraus entsteht eine eher ungewöhnliche Zusammenarbeit und gleichsam führt das zu einer Napoleon-Verbrüderung der Figuren. Und hier spricht der Film vielleicht sein banalstes Thema an, weil es eben um das Vergeben geht. Das wird dann mit einer Art Ehrenkodex unter den Gangstern erklärt, was im Film auch ziemlich stimmig ist. Übergeordnet ist diese Szene aber durchaus spannend, weil sie ziemlich grotesk ist. So werden Vergewaltigungen, Rache und Gewalt hier zu den Kernmotiven, was natürlich auch eine Anspielung auf das filmische Subgenre des Rape-and-Revange, sowie den Italo-Western ist und dabei künstlerisch zum hochwertigsten im gesamten Film gehört. So wird hier zwar nach dem Motto Auge um Auge gehandelt und viel geschossen und dennoch kann Tarantino diesen Szenen etwas unglaublich komisches beifügen, weil man völlig von den eigenen Erwartungen überrumpelt wurde. Ohnehin halt Pulp Fiction vieler solcher Szenen, die die pure Gewalt darstellen, dabei aber immer etwas sehr cartooneskes haben. Wenn eine Figur stirbt, dann ist das nicht etwa mit einer Schwere untermalt, sondern humoristisch. Und das funktioniert gut, weil die Gewalt eben kaum einen Realismus zu sich hat und die Ausführenden der Gewalt immer auch etwas vertrottelt wirken und/oder ihre eigene Strafe erhalten werden.

Präsent zudem, ist das Thema des Glaubens. Wobei nicht nur der Glauben im Film platz findet, sondern auch eine Bestätigung dessen. Nach einem Auftragsmord, den Jules und Vern ausgeübt haben, blieben sie auf wundersame Weise von Kugeln, die auf sie geschossen wurden, verschont. Die Tatsache, daß selbst der Zuschauer bestätigen könnte, daß diese eigentlich die beiden hätten töten müssen, beweist, daß eine höhere Macht hier keineswegs nur angedeutet wird. Sie wird bestätigt und führt letztlich auch dazu, daß der von Samuel L. Jackson verkörperte Jules nun endgültig vom vermeintlich falschen Weg abkommt. Nun ist es aber auch so, daß Jules ohnehin schon ein gläubiger Mensch war, der zwar den besten Willen hatte, die Bibel zu zitieren, diese aber eben auch falsch zitierte. Damit greift der Film nicht nur ein weiteres Thema des Gangsterfilms oder auch von Filmen über Straftaten auf, sondern parodiert diese zugleich. Während viele Filme über Verbrecher auch darin münden, daß diese Figuren eine Lehre aus ihrem vermeintlichen Fehlverhalten der Gesellschaft gegenüber ziehen müssen, ist Pulp Fiction eher daran interessiert, diese These zu persiflieren. Indem der Film nämlich den Glauben entmystifiziert und dabei zu einer Tatsache erklärt, macht er sich auch gleichsam über Filme lustig, die eine staatliche Moral vertreten, daß gut und böse klar definiert sind. Dabei ist der Film nicht frei von Moral, so passieren denjenigen, die sich eben nicht geläutert wissen, teils auch grauenhafte Dinge. Dennoch ergeht es nicht allen so und auch ist der Glauben nicht zwangsläufig Auslöser bei einigen dieser Dinge. Indessen werden dieser Wandel in Jules und das Bestreben, sich zu verändern, großartig von Samuel L. Jackson verkörpert.

Inhaltlich mögen dabei viele der Charaktere gar nicht so spannend sein, weil sie zu der letztlichen Aussage des Werkes nicht viel mehr beizutragen haben. Auf der anderen Seite muss man Tarantino hier durchaus lassen, daß es vermutlich keinen einzigen Charakter gibt, der wirklich den Film in die Länge zöge. Im Gegenteil, die Figuren sind interessant und unterhaltsam. Sie sind zu teilen vielschichtig, aber auch unglaublich einfach gestrickt. Das zeigt sich etwa in der Episode um Bunny und Ringo. Die eigentlich bedrohliche Sequenz der beiden wird durch einen total abgebrühten und unterkühlten Jules durchbrochen. Doch dabei zeigt sich die geläuterte Figur eben durch ihre Reinkarnation nicht als knallharter Mörder, sondern als Vermittler. Das heißt aber auch, daß Tarantino hier klar die Machtverhältnisse verschiebt und zwischen Verbrechern nochmal stark differenziert. Dazu bietet sich auch der Schauplatz der Handlung an, indem der Film sich eben in Los Angeles abspielt, wird hier wieder der starke Kontrast aus einer Traumstadt mit verbrecherischem Charakter zum Thema. Das kann man dann natürlich auch auf Hollywood anwenden, ist aber insgesamt eine eher abstrakte Allegorie. Selbst in zielführenden Plots der einzelnen Episoden, schwelgt der Film dabei in Subplots, etwa um eine heimkehrende Frau, die nicht von den Machenschaften von ihrem Mann und dessen Bekannten erfahren darf. Dabei wird der Film sogar bitterböse und nimmt kein Blatt vor den Mund, ohne tonal unpassend zu wirken. Ähnlich gelungen sind dabei die für Tarantino typischen Anspielungen auf die Filmwelt. Seien es Psycho (1960), Bonnie und Clyde (1967), oder auch Zombie (1978). Der Film ist eine ewige Reminiszenz, ohne dabei irgendetwas seiner eigenen Eigenständigkeit einzubüßen.

Erstaunlich ist zudem, daß Tarantino zunächst losgelöst wirkende Episoden und Szenen, trotz aller Irrungen und Wirrungen schnell zu einem großen Ganzen zusammenfügen kann. Da wird dann plötzlich eine Geschichte um Captain Koons als heimkehrenden Veteranen sinnig in den Film integriert. Daß der Film dabei nicht ausbremst, liegt wohl daran, daß Tarantino hier gekonnt abgepasst hat, wann der Zuschauer bestimmte Informationen braucht, um die Handlung zu verstehen. Gleichsam sind diese Momente dann auch immer recht humoristisch, sodass es ohnehin nicht weiter auffällt, daß die eigentliche Handlung gerade eine Pause macht. Zumal diese sowieso eher nebensächlich ist. Auch stilistisch ist der Film spannend, weil er sich etwas schwieriger zuordnen lässt. So bekommt man zwar das Gefühl ob der Optik und auch der technischen Errungenschaften, daß der Film in der damaligen Jetztzeit angesiedelt ist. Auf der anderen Seite lassen Mode und auch teils die nicht unwesentliche Musik im Film auch eine andere Epoche zu. Das ist dann ebenso eine bewusste Hommage an vergangene Tage, die hier aber eben stilecht und gekonnt in Szene gesetzt wird.

Eine Hommage, eine absurde Geschichte, ein Genre-Mix, falsche Bibelzitate, die Frage der Moral, Tanzeinlagen und noch vieles mehr. Ja, Pulp Fiction ist sicherlich all das, was man ihm nachsagt. Er ist gewagt, er ist anders, er ist unglaublich spannend und wirkt indes teils sinnbefreit. Dennoch würde man ihm das nie nachsagen, weil er eben doch irgendwo einen interessanten Kern hat. Und dieser spielt gekonnt mit dem Zuschauer. Jede Szene wirkt dabei perfekt und auch die Schauspieler sind hier einfach atemberaubend. Dabei entdeckt der Film einen starken Kontrast zwischen audiovisueller und rein visueller Wahrnehmung, die wohl ihresgleichen sucht und dann den Blickwinkel auf subjektive Realitäten bestätigen wird. Das macht Spaß, ist rasant und intelligent.

Pulp Fiction Bewertung
Bewertung des Films
1010

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