Bewertung: 4 / 5
Wir schreien Cowabunga, denn die Turtles sind wieder da! Die berühmtesten mutierten Ninja Schildkröte der Popkultur kehren endlich mit einem neuen Film zurück auf die große Leinwand. Gelingt ihnen mit Teenage Mutant Ninja Turtles - Mutant Mayhem endlich das längst überfällige Comeback?
Teenage Mutant Ninja Turtles - Mutant Mayhem Kritik
Nachdem sie von der menschlichen Welt abgeschirmt wurden, machen sich die Turtles mit ihrem Lehrmeister Splinter auf, um die Herzen der New Yorker zu erobern und durch ihre heldenhaften Taten endlich als normale Teenager akzeptiert zu werden. Ihre neue Freundin April O’Neil hilft ihnen dabei, ein berüchtigtes Verbrechersyndikat zu bekämpfen. Doch schon bald geraten sie in Schwierigkeiten, als eine Armee von Mutanten auf sie losgelassen wird...
Trailer zu Teenage Mutant Ninja Turtles - Mutant Mayhem
Wir müssen hier etwas ausholen. Beziehungsweise ich, der Autor dieser Filmkritik, muss dies tun. Ja, dies wird ein etwas anderer Text, als ihr es gewohnt seid. Wir wechseln ausnahmsweise zur Ich-Form. Denn manche Filme können für den einzelnen eine ganz besondere Bedeutung haben. Und dies hat dann auch Auswirkungen auf die Betrachtung eines Films.
Es war der Sommer im Jahr 1991, als mein Vater mich mit zu meinem allerersten Kinobesuch begleitete. Bis heute kann ich mich an den Kinosaal erinnern und wie groß die Leinwand mir damals erschien. Mittlerweile weiß ich längst, dass es der kleinste Saal mit der kleinsten Leinwand des ansässigen Kinos war. Tatsächlich war es gar die kleinste Leinwand, die ich in meinem bisherigen Leben im Kino antreffen sollte. Doch damals, als kleines Kind, wirkte sie riesig. Der Film, den wir damals zusammen sahen: Turtles 2 - Das Geheimnis des Ooze, mein erster Kinofilm. Und ja, ich finde ihn bis heute toll. Gerade als damals großer TMNT-Fan war ich einfach begeistert.
Mein Vater verstarb nur wenige Jahre nach diesem gemeinsamen Kinobesuch. Wohl mit ein Grund, warum dieser erste Kinobesuch bis heute ein so einprägsames Erlebnis für mich ist und eine meiner schönsten Erinnerungen. Und warum mir dieser Film von damals auch heute noch so viel bedeutet. Kino ist dann eben doch mehr als bloß eine Aneinanderreihung von Sitzen und eine große (oder kleine) Leinwand. Es kann ein Ort sein, an dem besondere Momente passieren und schöne Erinnerungen entstehen. Erinnerungen, für die man ein Leben lang dankbar sein wird. Und da ich die beiden letzten Realverfilmungen im Kino ausgelassen habe, war Teenage Mutant Ninja Turtles - Mutant Mayhem tatsächlich mein erster Turtles-Film im Kino seit 32 Jahren. Und dadurch auch der Erste, den ich im Kino ohne meinen Vater gesehen habe, was eine merkwürdig anfühlende Erkenntnis war.
Als Fan der Turtles waren die 90er wirklich toll. Eine legendäre Zeichentrickserie und die ersten Realverfilmungen. Wenngleich durch Nickelodeon in den letzten Jahren die ein oder andere Animationsserie erschien, konnte der Turtles-Hype der frühen 90er bislang nicht mehr erreicht werden. Auch die beiden von Michael Bay produzierten Realverfilmungen haben, nett formuliert, keinen neuen Hype ausgelöst. Noch waren sie die besseren Realverfilmungen.
Trotz des geringen Erfolgs haben die Turtles bis heute nichts von ihrer Faszination verloren. Dies sah ich auch wieder im Kinosaal, denn nicht nur saßen dort Erwachsene, welche die Turtles vermutlich noch aus der eigenen Jugend her kannten, sondern natürlich auch viele Kinder, die heutigen Fans der mutierten Riesenschildkröten. Und dann sah ich, genau in der Reihe hinter mir, einen Vater mit seinem Sohn sitzen. Der Sohn, vielleicht nur wenige Jahre älter als ich damals, und der Vater, etwa im selben Alter wie ich jetzt. Es war wie ein Blick in die Vergangenheit und auch wie ein Kreis, der sich schließt. Die Kinder von einst sind jetzt selbst die Väter und früher wie heute sitzen sie im Kino, um die Turtles zu sehen. Dass eine Marke dermaßen generationenübergreifend ist, kommt nicht allzu oft vor.
Und dies war sogar etwas, was im Film selbst zu sehen war. Denn ja, Teenage Mutant Ninja Turtles - Mutant Mayhem richtet sich natürlich in erster Linie an die eher jüngeren. Aber man scheint sich der Bedeutung der Marke durchaus bewusst zu sein und so gab es auch die ein oder andere Anspielung, die wohl nur die Älteren unter uns wirklich verstehen werden. Zum Beispiel ein gewisser Vanilla Ice-Song, den man plötzlich hört. Dies war natürlich gerade für mich ein sehr surrealer Moment, den ich so nicht erwartet habe und der einige Emotionen in mir auslöste, wenngleich dieser Moment im Film nur kurz war. Aber es waren eben auch diese Momente, die den Film für mich abgerundet haben, denn Teenage Mutant Ninja Turtles - Mutant Mayhem ist ein ganz fantastisches Werk geworden.
Im Kern hat man hier eine klassische Coming-of-Age-Geschichte von vier Brüdern, die sich nichts lieber wünschen, als einfach zum Rest dazuzugehören. Und eines Vaters, der aus Sorge um seine Kinder und der Angst vor den Gefahren der ihnen unbekannten Welt, mit seinem Vorgehen Gefahr läuft, seine Kinder zu verlieren. Denn am Ende sind die Turtles normale Teenager und diese tun mitunter dumme Dinge und mögen es gar nicht, wenn man versucht sie von Sachen fernzuhalten. Und hier unterscheidet sich dieser Film von seinen Vorgängern, wo die Turtles meist eher älter wirkten, als wären sie mindestens bereits in ihren 20ern. Hier sind es dagegen tatsächlich Teenager, die auch genau als solche dargestellt werden, inklusive den Komplikationen der ersten Liebe. Dies alles führt zu einigen emotionalen Szenen, die trotz des Humors die nötige Zeit zum Atmen bekommen. Auch dies ist etwas, was Teenage Mutant Ninja Turtles - Mutant Mayhem von seinen Vorgängern unterscheidet, denn dort wurde diese emotionale Komponente zwar angedeutet, aber nie wirklich ausgespielt.
Generell gelingt dem Film ein für einen Ninja würdiger Balanceakt. Er bietet sowohl Humor als eben auch Emotionen und das ohne, dass sich das eine mit dem anderen beißt. Etwas, dass bekanntlich nicht jeder Film der letzten Jahre hinbekommt. Zudem gelingt es dem Film, die Kinder zu unterhalten und gleichzeitig auch den Erwachsenen etwas zu bieten und lässt sie vielleicht sogar mit so manch nostalgisch angehauchter Szene das Kind im Innern wieder spüren.
Entscheidend für den Film sind natürlich die vier Ninja-Schildkröten selbst und diese funktionieren hier wunderbar miteinander und es macht jede Menge Spaß, ihnen bei ihren typisch brüderlichen kabbeleien zuzusehen. Sie vermitteln tatsächlich dieses Turtles-Gefühl, welches zumindest ich zuletzt in den 90ern hatte. Es ist dabei sicherlich auch kein Zufall, dass man sich beim Design stark an die damalige Zeit orientierte. Gleichzeitig hat man aber auch etwas ganz Eigenes geschaffen und nicht jede von einst bekannte Figur sieht hier so aus wie früher. Vor allem April und Splinter erhalten ein neues Design, aber auch neue charakterliche Eigenschaften. Vor allem mit Splinter könnten sich einige schwertun, da er hier nicht so ganz die weise alte Ratte ist, wie man sie von früher gewohnt ist.
Auffallend ist natürlich der Animationsstil, der durchaus Erinnerungen an die Spider-Verse-Filme weckt. Ob die Macher davon inspiriert wurden? Wer weiß. Wenngleich der Stil sehr ähnlich ist, ist er aber auch keine reine Kopie. Generell ist es schön, zuletzt immer öfters Filme zu sehen, die auch mal Neues wagen, statt immer nur den seit Jahrzehnten gewohnten Stil. Und mit den Spider-Verse-Filmen und mehr noch mit Teenage Mutant Ninja Turtles - Mutant Mayhem kommt allmählich auch der gezeichnete Stil wieder mehr zum Tragen, von dem man sich in Hollywood ja im Grunde schon verabschiedet hatte.
Fazit
Mit Teenage Mutant Ninja Turtles - Mutant Mayhem wagt man einen Neustart, bei dem vieles vertraut, aber auch vieles ganz neu ist. Vor allem das Ende dürfte einige überraschen, denn hier geht man wirklich neue Wege mit der vertrauten Geschichte. Ich weiß noch nicht, ob mir jede Änderung gefällt. Aber am Ende ist dies eben eine neue Geschichte und keine Wiederholung von etwas, dass es früher schon gab. Dieser Film und seine möglichen Sequels könnten endlich für einen neuen Hype sorgen, der mehr als willkommen wäre. Bei all den Universen an Geschichten, die in den letzten Jahren über die Leinwände flimmerten, war dieses Comeback längst überfällig.
Für mich war es zudem ein ganz spezielles Erlebnis. Und ich bin glücklich sagen zu können, dass Teenage Mutant Ninja Turtles - Mutant Mayhem ein Film ist, auf den die Kinder von heute in 30 Jahren vielleicht ähnlich zurückblicken können, wie ich und vielleicht ja auch einige von euch es heute auf andere Filme von früher tun. Und vielleicht wird sich dieser Sohn in der Reihe hinter mir in Zukunft mit Freude an genau diesen Kinobesuch mit seinem Vater erinnern, als sie zusammen Teenage Mutant Ninja Turtles - Mutant Mayhem sahen. Kino ist eben doch so viel mehr.
Wiederschauwert: 75%