Bewertung: 3.5 / 5
Vielversprechend wird der gespannte James Bond-Fan in Sam Mendes' neuestes Werk Spectre mit Daniel Craig, inzwischen zum vierten Mal in der Rolle des berühmtesten Agenten aller Zeiten, eingeführt. Selbst wer den Sam Smith-Song "The Lonely Hour" nicht mag, zusammen mit den atemberaubenden Introbildern macht er Sinn und bekommt plötzlich eine ganz neue Magie. Diese Magie hält auf leicht gruselige und sexy Weise auch eine ganze Weile nach dem eigentlichen Filmstart noch an, und es wird klar, warum der Kinostart um Halloween herum passend gewählt ist. Doch dann beginnt sich die Story zu verzetteln ... dennoch ein guter Bond?
James Bond aka Agent 007 (Daniel Craig) befindet sich auf geheimer Mission in Mexico City, von der selbst der MI6 nichts weiß. Im Verlauf führt ihn seine Mission mehr durch Zufall als gewollt über die Witwe (Monica Bellucci) eines Killers in Rom auf den Weg in das Herz der bekannten kriminellen Organisation SPECTRE. Derweil herrscht Umbruchstimmung beim MI6, der neue Sicherheitschef Max Denbigh (Andrew Scott), den Bond gern als "C" bezeichnet, will modernisieren und schaut dabei auch mit kritischem Blick auf das Agenten-Programm. Das führt letztlich dazu, dass Bond mehr allein dasteht als je zuvor, und das bei einer Mission, die weitaus persönlicher wird als er zu Beginn hätte erahnen können...
Trailer zu Spectre
Spectre Kritik
Gleich vorneweg, Spectre hätte tatsächlich der beste Craig-Bondfilm werden können, das Potenzial ist deutlich vorhanden. Das Intro wie auch die ersten Szenen in Mexico City und Rom entfalten eine düstere und coole Magie, die an alte Bond-Filme gemahnt. Und dennoch mit moderner fetter Action vereinbar ist, bei der man Logik natürlich daheim lassen muss. Übertreibung war seit jeher Programm. Sexy Gruselstimmung und die ersten Eindrücke der Schattenorganisation SPECTRE bauen eine spannende Mysterythrillerstimmung auf, die durch coolen Humor und Action aufgelockert wird. Insgesamt sind die Lacher wohl dosiert eingesetzt, daran hapert es nicht.
Woran es aber hapert, ist, dass die Storyline von Spectre auf die Grundelemente runtergebrochen ziemlich simpel ist, und wer vorher das Footage zum Film gesehen hat, kann sich leider so einiges flott zusammenreimen. Doch selbst wer nichts davon gesehen hat, ahnt recht schnell voraus, wohin die Reise geht. Das gilt auch für die Entwicklungen beim MI6. Um die eigentlich schlichte Story etwas komplexer zu gestalten, werden einige Umwege eingebaut, die jedoch dazu führen, dass sich die Dramaturgie zu verzetteln beginnt und dabei etwas zu konstruiert rüberkommt. Dass sich Bond manchmal etwas dumm verhält, macht es nicht besser. Wenn man schon in eine blinkende Kamera starrt, sollte man wohl auf die Idee kommen, dass jemand zuschaut und vor allem das Ganze aufzeichnet, so dass das sicher nicht nur für den Augenblick Folgen hat. Auch die Mischung aus Action und ruhigeren Momenten wirkt im Verlauf weniger rund, manches zieht sich, manche Actionszene wirkt weniger stark als sie hätte wirken können. Dazu wird manches als große Sache angedeutet, was dann aber zu wenig oder gar nichts führt.
So ist Monica Belluccis Lucia nur der Motor, der die Story von Spectre eine Stufe weiter in Gang bringt, das war es dann auch schon an Screentime. Haupt-Bondlady bleibt Léa Sedoux (Blau ist eine warme Farbe) als Madeleine Swann, deren Entwicklung von einer zu schützenden Person zum helfenden Love Interest leider im letzten Drittel plötzlich stecken bleibt, obwohl deutlich mehr drin gewesen wäre. Denn eigentlich ist sie eine gute und erfrischend wirkende Wahl. Hätte man hier in den ersten Schritten ihrer Storyline etwas flotter vorgelegt, hätte man sie im Verlauf dann vielleicht noch etwas aktiver erleben können.
Ralph Fiennes als "M" passt hervorragend und bietet in Spectre einen schönen Gegensatz zu Andrew Scotts (Sherlocks Moriarty) ebenso gut gespielten arroganten Unsympath "C", die gesamte MI6-Storyline kommt viel ausgewogener rüber als Bonds eigentliche Mission. Herrlich sind auch alle Szenen mit Ben Wishaw als "Q". Zum Part von Christoph Waltz ist es schwer, etwas zu sagen, ohne zu spoilern, also sagen wir mal nur, dass er darstellerisch seine Sache hervorragend macht, seine Storyline aber doch mehr verspricht als sie halten kann.
Die neue Bondkarre in Spectre macht Eindruck, bekommt aber leider nur einen großen Auftritt. Mehr spielt sich in der Luft ab, später auch mal zu Wasser. Ein bisschen hat man das Gefühl, dass das meiste Budget für Hubschrauber und Explosionen drauf ging, so dass die klassische Autoverfolgungsjagd etwas kürzer treten musste. Auch wenn sie ihre Highlightmomente und witzigen Parts hat. Am meisten enttäuscht jedoch der eigentliche Showdown.
Da hat man schon die titelgebende finstere Organisation SPECTRE so schön gruselig und mysteriös eingeführt, ist der Showdown dann doch etwas zu schlicht geraten. Dabei hätte die Storyline gerade wegen der persönlichen und finsteren Note einen wirklich perfiden Höhepunkt verdient. Nicht falsch verstehen, es geht schon böse zur Sache, doch da wäre mehr drin gewesen. So ist das Ende zwar passend, aber irgendwie bleibt zumindest bei uns ein etwas zu lasches Gefühl zurück.
Wirklich gut gelungen sind die Referenzen an frühere Bondfilme, die wir euch natürlich nicht spoilern, aber es gibt da einige schöne und coole Momente. Schön ist auch der Wandel vom in Skyfall eher reagierenden Bond zum aktiven Bond, der sein Ding durchzieht, komme was da wolle. Mehr als gelungen sind die tollen Bilder an den verschiedenen Settings in puncto Kameraarbeit, Licht und Stimmung. Die ruhigen Momente sind schon gut eingefangen, doch bei fast 150 Minuten Laufzeit ist es etwas schade, dass man das Ganze nicht runder hinbekommen hat. Langeweile kommt ganz sicher nicht auf, doch ein epischer Showdown, den man nach der langen Vorgeschichte erwartet, sieht einfach anders aus.
Spectre Fazit
Vor allem zu Beginn wie auch in vielen Momenten im Verlauf kommt in Spectre beste Bond-Stimmung auf und könnte sogar die Fans wieder zurückholen, die noch der Stimmung alter Bondfilme nachtrauern. Und wartet dabei dennoch mit cooler moderner und zum Teil größerer Action auf als sein Vorgänger Skyfall. Auch die persönlichere Note, ein aktiverer James Bond und schöne Referenzen an frühere Bondfilme geben dem neuesten Streifen der Filmreihe eine besondere eigenständige Note. Es ist absehbar, dass der Film spalten wird, wie so oft kommt hier vieles in der Wirkung auf die persönliche Wahrnehmung an. Eigentlich hat Sam Mendes' Werk in einigen Parts - vor allem im letzten Drittel - nicht mehr als 3,5 Hüte verdient, hat aber wiederum auch Stärken, die auf höchstem Niveau sind, auch wenn der Vorgänger Skyfall runder und knackiger war.