Bewertung: 4 / 5
Die nicht mehr so ferne Zukunft. Dürren und andere schädliche Stoffe haben die Nahrungsquellen der Menschheit fast komplett zunichte gemacht, der einzige Lebenszweck ist nur noch, irgendwie zu überleben. Auch der ehemalige Ingenieur Cooper (Matthew McConaughey), der einst nach den Sternen strebte, lebt inzwischen nicht mehr von genialen Ideen sondern vom Maisanbau. Durch einen Zufall bekommt Cooper nun doch noch mal eine Chance und was für eine: Gemeinsam mit einem kleinen Team soll er in die Tiefen des Alls vorstoßen, ein Wurmloch durchfliegen und dort, fern unserer Heimat, ein neues Zuhause finden. Doch den Preis, den er zahlen muss, ist hoch, begibt er sich nicht nur auf eine risikoreiche Mission, sondern muss auch seine beiden Kinder auf einem staubigen Planeten zurücklassen...
VIDEOKRITIK
Trailer zu Interstellar
Der Weltraum, unendliche Weiten. Seit jeher Faszination pur und eines der großen Rätsel, welches die Menschheit noch nicht entschlüsselt hat und vermutlich auch nie entschlüsseln wird. Aber gerade diese Faszination treibt uns an, hat uns durch unzählige Episoden und Filme des Raumschiff Enterprise begleitet, hat uns Odysseen im All durchleben lassen und immer wieder in unzähligen Utopien und Dystopien an unsere Grenzen gebracht. Nun wagt sich Ausnahmeregisseur Christopher Nolan an genau jenen Stoff und ein bisschen darüber hinaus.
Die Erwartungshaltung und Geheimniskrämerei rund um Nolans Interstellar war und ist gigantisch. Was Inception im Kleinen war, soll Interstellar im Großen darstellen. Eine Idee über Mut, Pioniergeist, Wissensdurst und Menschlichkeit, verpackt in einer Science Fiction-Geschichte, wie wir sie schon sehr viele Jahre nicht mehr im Kino erlebt haben. Das Fundament für den Film ist dabei über jeden Zweifel erhaben, ein talentierter Regisseur, eine große Idee und eine fantastische Besetzung. Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Matt Damon, Michael Caine, Jessica Chastain und viele andere. Genauso faszinierend wie das All ist es, jenen Darstellern bei der Reise zuzusehen und immer wieder verwundert festzustellen, wie die Qualität eines Films allein durch die Präsenz einzelner Darsteller steigen kann. Nolan greift sogar eine alte Tradition des Genres auf und baut Roboter-Sidekicks in den Film ein, Lautlos im Weltraum, Das schwarze Loch & Co. lassen grüßen. Diese sind für viele gelungene Gags zuständig und das in einem Film, der sich über seine komplette Laufzeit ernst gibt. Eine beachtliche Leistung, denn nicht ein Gag im Film wirkt deplatziert oder störend.
Doch so groß und breit Nolan sein Interstellar auch aufzieht, stolpert auch er immer wieder über Kleinigkeiten. Vollgepackt mit vielen Ideen, übernimmt er sich dabei hin und wieder, kann viele Gedanken nur andeuten, kurz einwerfen und muss sich dann schon wieder anderen Dingen widmen. Einzelne Gedanken im Film sind hochspannend und teils erschreckend, werden aber dann schnell wieder im Keim erstickt, da sich Nolan der Masse verschreibt und demnach auch das Ende konzipieren muss. So radikal wie es viele SciFi-Regisseure in den 70ern vorgemacht haben, ist Nolan dann doch nicht. Hier fehlt auch der Mut, mit einem Film wie Sunshine zu konkurrieren. Viele Fragen bleiben unbeantwortet, manche Logiklöcher sind offensichtlich, manche Regieentscheidung ist fraglich.
Und dennoch ist der Film fesselnd, fesselnd trotz streckenweiser Langatmigkeit, fesselnd allein schon durch seine Einzigartigkeit in der heutigen Kinolandschaft. Dabei nimmt sich Nolan vor allem zu Beginn Zeit, die Geschichte aufzubauen und schafft dabei etwas, was wir von ihm in der Art gar nicht gewohnt sind, nämlich eine extrem emotionale Bindung aufzubauen. Über den dritten Akt wird noch viel diskutiert werden und auch wir sind uns nicht sicher, ob dieser uns nun gefällt oder nicht, denn der Film hätte auch eine andere Richtung einschlagen können, dann aber auch mit anderer Wirkung. Das Ende verfehlt diese nicht, doch andere Szenen wirken stärker nach, haben eine tiefere emotionale Reaktion zufolge.
Der Interpretationsspielraum bei Interstellar mag im Vergleich zu Inception geringer sein, dafür sind die Ideen im Film größer und gewaltiger. Er will mehr sein, komplexer, vielschichtiger und ambitionierter als die meisten Filme die wir üblicherweise zu Gesicht bekommen. Nolan will den Blick schärfen für Größe und nichts macht dies deutlicher als der Moment, wenn das kleine Raumschiff in atemberaubender Schönheit durchs All gleitet, so winzig klein ist es verglichen mit den Gestirnen um es herum. Unterstrichen wird das Ganze durch einen geradezu opernhaften Soundtrack von Hans Zimmer. Kritisieren müssen wir an der Stelle jedoch die Tonabmischung, die streckenweise unausgewogen ist, in einigen Szenen schwenkt der Soundtrack zu einer bombastischen Epik um, so dass die gesprochene Sprache im Film kaum mehr zu verstehen ist. Ob dies ein generelles Problem mit dem Film oder einzelner Kinos ist, können wir nicht sagen.
Ohne Frage, Interstellar wird das Publikum im Kino spalten. So sehr es am Ende auch ein typischer Nolan geworden ist, werden viele Zuschauer bei diesem Film deutlich zwiegespaltener sein. Dennoch reiht er sich nahtlos in die lange Liste herausragender Filme von Nolan ein, er ist ein wagemutiger Schritt nach vorn in der heutigen Kinolandschaft, so abenteuerlich wie die beschriebene Reise selbst. Ein wenig lässt sich Interstellar wie ein modernes 2001 - Odyssee im Weltraum beschreiben, nur in spannend. Interstellar steckt voller Ecken und Kanten, könnte noch viel mehr sein, wenn sich Nolan nur getraut hätte - und doch inspiriert er uns und er lässt uns hoffen, dass es eines Tages wieder mehr solcher Geschichten gibt. Ambitionierte Filme voller Ideen, die den Zuschauer gebannt an den Sitz fesseln und ihn inspirieren, den Blick nach oben zu richten, nach oben hinauf zu den Sternen...