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Der Marathon-Mann

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Der Marathon-Mann Kritik

Der Marathon-Mann Kritik

Der Marathon-Mann Kritik
0 Kommentare - 30.03.2023 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Der Marathon-Mann" ist.

Bewertung: 3.5 / 5

Der Geschichtsstudent Thomas „Babe“ Babington Levy (Dustin Hoffman) verfasst eine Dissertation über die McCarthy-Ära. Der geübte Marathonläufer dreht jeden Tag ein paar Runden im Central Park. Durch einen Zwischenfall, in dem auch sein Bruder Henry (Roy Scheider) involviert ist, wird Babe in eine gefährliche Geschichte verwickelt.

Der mit Spannung geladene Thriller Der Marathon-Mann ist klassisches 70er Jahre Kino. Indessen ist auch die Hauptfigur hier von einer nicht näher bekannten Instanz bedroht, die seine ganze Realität in Zweifel stellt, die das Leben verändert und die diese Figur an den Rand der Existenz treibt. Nicht jede dieser Entscheidungen, die aus einem Film resultieren, der Wendung um Wendung präsentiert, scheint dabei immer zu hundert Prozent nachvollziehbar und so ist es gerade die Geschichte um die von Marthe Keller gespielte Elsa Opel nicht unbedingt immer gut geraten. So lernt der eifrige Student die hübsche Frau in einer Bibliothek kennen und ist sofort fasziniert von ihr. Sogar so sehr, daß er ihr bis nach Hause folgt. Doch da fangen schon die ersten Probleme an. Denn während der Film hier eine anbahnende Romanze impliziert, ist das Verhalten seiner Hauptfigur mehr als nur gruselig. Man stelle sich nur mal vor, daß einem ein wildfremder Mensch bis nach Hause folgt, weil er einen attraktiv findet. Das ist absolut übergriffig. Dazu muss man natürlich nicht die komplette Filmrealität in die eigene, subjektive Realität und Gebräuche verlagern. Und dennoch hat diese Sequenz etwas sehr grusliges, weil sie natürlich auch eine gewisse Denkweise fördert, die patriarchale Strukturen eben über Jahre nicht infrage zu stellen wagten. Zumindest in einem Großteil der Kunstverwertung des Kinos. Vorreiter gab es historisch natürlich immer wieder.

Doch diese Figur der Elsa Opel ist in vielerlei Hinsicht spannend, weil sie einerseits politische Kalkül präsentiert und andererseits auch ganz gut in das Politthriller-Genre passt. Dabei erinnert die Konstellation durchaus auch sehr an Die drei Tage des Condor (1973), wenngleich dieser Film seine weibliche Hauptfigur ein wenig besser in den Film integriert. Ebenso kommen gleich ein paar Erinnerungen hoch, die auch an Indiana Jones und der letzte Kreuzzug (1989) erinnern, wenngleich das ganze Szenario hier ein wenig anders geraten ist. Ihre Figur ist spannend, weil sie zwischen den Fronten steht und gleichsam ist sie auch irgendwo antifeministisch, weil alle Entscheidungen, die getroffen werden, über sie hinweg getroffen werden. Doch gleichsam liegt in der Charakterisierung der Figur durchaus auch ein Problem. Denn während der Film den Zuschauer die Paranoia seiner eigenen Hauptfigur nachvollziehen lassen will und somit natürlich auch die Weichen des Kalten Krieges aufleben lässt, scheint das innerhalb der Konstruktion der Geschichte eher noch gewollt, als wirklich gekonnt zu sein. Denn so richtig erschließen tut sich das Verhalten dieser Figuren da nicht und so bleibt offen, wie etwa Hoffmans Baby Levy überhaupt erahnen kann, daß seine Elsa für Christian Szell arbeitet. Gleichsam bleibt auch weitestgehend offen, warum sie das tut. Nun treibt der Film aber auch auf anderer Ebene, damit seine Geschichte voran, beziehungsweise hält sein Pacing hoch, weswegen der Film somit auch irgendwie seinen Reiz hat.

Das hat eben gewisse Shyamalan-Züge, wenn Twist um Twist um Twist immer wieder präsentiert werden. Der Film hält somit aber einen unglaublichen Spannungsbogen aufrecht, weil der Zuschauer ab einem gewissen Punkt, dann auch nicht mehr sagen kann, an wen er sich halten soll. Das resultiert zudem in einige sehr effektreiche Momente, wenn es etwa darum geht, daß die Hauptfigur gefoltert wird. Der Film hält sich da nicht zurück und zeigt gleichzeitig ein großartig, subtiles Schauspiel aller Beteiligten auf. Denn während vor allem Hoffman als verfolgter Student, der auch tatsächlich stark mit der eigenen Vergangenheit und der McCarthy-Ära hadert, immer wieder in neue Situationen gerät, ist sein Spiel nie aufdringlich, sondern fußt ganz einfach auf logischem Handeln innerhalb der Situationen. Man spürt förmlich den Wandel, den die Figur durchlebt und wie sie dabei immer wieder unter Druck gerät. Gerade auch, wenn man Babe durch die Stadt folgt, erkennt man dabei ganz subtile Verweise, die stark mit dem Exzess des Kapitalismus hadern. Denn während viele Filme natürlich New York als das Mekka der Kultur und des Progessivismus begreifen, zeigt Regisseur John Schlesinger die Stadt als Moloch, völlig unübersichtlich, beengend, zugleich und beängstigend dadurch. Nicht viele Filme verstehen es, ihre Spielorte zu eigenen Charakteren zu erklären und dabei ganz viel mit Metaphern und Bildern zu arbeiten. Doch dieser Umstand gelingt hier gut, weil auch die Schönheit hier – sofern es denn welche gibt – immer wieder in Kontrast mit Gewalt gerät. So mündet der Film in ein sehr außergewöhnliches Finale, was natürlich rein schauspielerisch auch einfach atemberaubend ist und dabei eben relativ ungewöhnliche Schauplätze bietet, die so eher selten in Filmen stattfinden. Daß man Zahnärzte hier als das pure Böse verkauft, ist natürlich auch berechtigterweise in einer gesellschaftlichen Angst begründet.

Nun spiegelt der Film dabei aber auch einen klaren Generationenkonflikt. Indem Babe nicht nur dem KZ-Arzt Christian Szell gegenübergestellt wird, sondern auch immer wieder Träume von seinem eigenen Vater hat. Dieser Symbolismus ist selbstverständlich ein klassisches Hollywoodstigma und dennoch scheint Der Marathon-Mann ein Film zu sein, der rein politisch nicht aktueller sein könnte. Schließlich geht es hier um einen Ost-West-Konflikt, es geht um die Sünden der Väter, es geht um den Klimawandel und es geht darum, wie scheinbar sorglos die Nachkriegsgenerationen mit den Problemen dieser Welt umgeht. Natürlich ist dieser Ost-West-Konflikt, bedingt durch das Erscheinungsjahr 1976, eben gar nicht anders machbar gewesen. Der Film reagiert aber mit einer relativ intelligenten Hauptfigur, die es sich dabei auch leistet, kritische Fragen zu stellen. Dann wiederum muss man erschreckend feststellen, daß das Thema Klimawandel hier vielleicht genauso gezeigt wird, wie es immer noch wahrgenommen wird. Denn während seiner Streifzüge durch New York trifft Babe immer mal wieder auf Klimaaktivisten, die eigentlich genauso wie heute auf die Straße gehen und vor den Folgen des Klimawandels warnen. Dadurch, daß das immer wieder als Teil einer Rahmenhandlung in Szene gesetzt wird, führt der Film den Zuschauer gar doppelt vor. Zum einen ist natürlich klar, daß der Fokus anders gelegt sein sollte und man zunächst davon irritiert ist, daß das überhaupt Teil der Geschichte ist. Zum anderen scheint sich dieses Thema heute, wie damals kaum einen Schritt weiterentwickelt zu haben und so rechnet der Film auch mit der damaligen Generation ab, die sich kaum darum gekümmert hat, was da auf dem Planeten passiert. Auch die Hauptfigur ist da nicht anders.

Natürlich ist Der Marathon-Mann auch in gewisser Weise berüchtigt dafür, explizite Gewaltszenen zu präsentieren. Nun ist das aus heutiger Sicht natürlich lange nicht mehr die Spitze des Eisbergs, doch zeigt es auf der anderen Seite auch auf, wie brutal letztlich die Nazis vorgehen. Das hat etwas sehr Mechanisches, wenn Babe da auf einem Stuhl gefesselt wird und Fragen gestellt bekommt, die er nicht beantworten kann. Gerade hier können Hoffman und Laurence Olivier zeigen, wie großartig sie spielen. Denn das völlig kalte, berechnende, was Olivier in seinen Charakter legt, hat etwas sehr entmenschlichtes. Dabei ist es natürlich klar, daß hier auch alle Nazis mit gemeint sind. Ebenso sadistisch und großartig verkörpert William Devane seinen Charakter, der hier ebenso kalkulierend, wie auch brutal vorgeht. Der Film baut dabei auch durch die Musik immer wieder eine Anspannung auf. Man bekommt ebenso durch die Bilder das Gefühl vermittelt, daß das nun alles wirklich grauenhaft ist und darin brilliert dieser Film letztlich.

Spannend ist, daß Der Marathon-Mann das verspricht, was der Titel suggeriert. Der Film ist rasant, immer sehr unvorhersehbar und abwechslungsreich. Darüber hinaus brodelt im Hintergrund der Kalte Krieg und aus Menschen wird hier zu Teilen Material. Das bedeutet aber auch, daß nicht immer jede Wendung nachvollziehbar ist. Und dennoch ist der Film sehr unangenehm und gleichsam ehrlich, weil er die Gräueltaten vergangener Tage nicht unter den Teppich kehrt. Währenddessen können auch vor allem die Hauptdarsteller vollends überzeugen und liefern einen packenden Paranoia-Triller.

Der Marathon-Mann Bewertung
Bewertung des Films
710

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