Bewertung: 3 / 5
Auf ihrer ersten Etappe schickt Regisseur Peter Jackson seinen Zauberer Gandalf (Ian McKellen) und ein gutes Dutzend Zwerge auf den Weg ihre einstige Heimat im Einsamen Berg zurückzuerobern. All zu weit kommen sie im ersten Teil der Trilogie trotz fast drei Stunden Laufzeit allerdings nicht voran, sodass sich schon jetzt Zweifel an der Dreiteilung ergeben. Kompakter und kürzer mit mehr Konzentration auf das Wesentliche wäre für den Auftakt der Saga vielleicht vorteilhafter gewesen. "Der Hobbit" ist entgegen mancher Schwarzmalerei aber keineswegs zum Pendant zu "Star Wars Episode I" geworden - der "Herr der Ringe" ist er aber auch nicht ... und dann leider doch. Der Vorgeschichte zur vielfach oscargekrönten Fantasyreihe fehlt es an entscheidenden Qualitäten was Tiefe und atmosphärische Dichte anbelangt. Langeweile kommt zwar kaum auf, aber das Vergnügen ist doch eher leichtere, oberflächliche Kost. Auf der anderen Seite fühlt sich vieles einfach zu sehr nach bereits bekanntem an. Das Set up ist dem großen Bruder all zu ähnlich, gerade im Vergleich zu "Die Gefährten". Die sicherlich immer noch toll anzusehenden Landschaften lassen schnell das Gefühl erwachsen, das selbe Unternehmen bereits zuvor mitgemacht zu haben. Der Hobbit erreicht dabei weder die Immersivität noch die Spannung, die wir an der Seite der Gefährten spürten. Ein Grund dafür sind ebenda die Teilnehmer des munteren Trotts. Abgesehen vom tapferen Zwergenanführer Thorin (Richard Armitage), der seine Pflicht und Bestimmung in der Aufgabe sieht, sein Volk wieder zu seinen Wurzeln zu führen, selbst wenn das den Tod bedeutet, gibt es keinen anderen seiner Sippe, der nicht völlig eindimensional erscheint. Er hat seine Prinzipien, seine Ehre, aber auch seinen Stolz, der ihn immer wieder auch zur Sturheit neigen lässt. Außerdem wird der Beginn seines Kampfes in Rückblenden näher beleuchtet und unterfüttert - wenngleich diese Art der Exposition oft eher zweckmäßig als elegant im Film untergebracht ist. Alle anderen Zwerge bleiben Stereotype ohne distinkte Persönlichkeiten. Daraus resultiert eine fehlende Dynamik in der Gruppe. Gerade Protagonist Bilbo (Martin Freeman) bleibt in der ersten Hälfte des Films eher blass allein unter den Zwergen. Der Hobbit schließt sich nach erstem Zögern der Expedition an, von der er mehr oder weniger überrumpelt wird. Thorin zweifelt an ihm, genauso wie er selbst. Aber er hat keinen richtigen Partner um seinen Konflikt auf der Leinwand auszutragen. Gandalf ist meist anderweitig beschäftigt und so steht Bilbo oft allein und etwas fehl am Platz da. In Frodos Fall war sein treuer Gefährte Sam nur ein Ventil das Innere des Charakters nach außen zu tragen. Auch im Zusammenspiel mit anderen Gefährten wie Boromir und Aragorn wurde Spannung aufgebaut. Hier fehlen weitestgehend starke, präsente Figuren. Im Falle Bilbos ändert sich das erstmals, wenn Andy Serkis alias Gollum auf den Plan tritt - bis dahin sind allerdings schon geschätzt gute eineinhalb Stunden investiert. Die beiden teilen die beste Szene des Films; vielleicht der einzige tiefschürfendere emotionale Moment. Gerade zu Anfang des Films schleicht sich die ein oder andere Länge ein. Nach der angemessenen Backstory um das Schicksal des Zwergenvolkes sammelt sich die Gruppe im Auenland. Nach ausgiebiger Begrüßung und zwei musikalischen Einlagen, von denen eine in jedem Fall verzichtbar gewesen wäre, geht das Abenteuer los. Anders als beim Herr der Ringe fehlt aber in der gesamten ersten Hälfte des Films das Gefühl wahrer Bedrohung und Anspannung. Erste Hindernisse wie drei (zu) trottelige Trolle werden überwunden. Bald schon sind den Reisenden Orks auf den Fersen. Einen kurzen Auftritt erhält auch ein zweiter Zauberer namens Radagast, der im Vorfeld von wenigen mit Jar Jar Binks aus dem ersten Star Wars Prequel verglichen wurde. Er ist glücklicherweise keineswegs so nervtötend und kann sich vor einer Auslöschung durch besorgte Fans in Sicherheit wiegen. Das Problem mit seiner Figur ist, dass er einen Subplot einleitet, der in diesem ersten Part gar nicht weiter behandelt wird. Das allerdings ist schlicht unvermeidbar. Vermeidbar wäre aber sicher gewesen, die Wanderung etwas eintönig zu gestalten. Von einer kurzen Ruhepause in Bruchtal, wo es ein paar alte Freunde zu treffen gibt, abgesehen, wirken die Ereignisse zunächst eher aneinandergereiht und wenig fesselnd. Klare Gegenspieler treten zunächst nicht (aktiv) in Erscheinung und so sind die Actionszenen auf Dauer eher ermüdend und befinden sich in mindestens einem Fall vollkommen zusammenhangslos als reiner Schauwert im Film. Auch hier hätte gekürzt oder gar auf ein oder zwei der Begegnungen verzichtet werden können, aber sei es drum. Die beste Sequenz des Films beginnt mit dem Auftritt der dürren, schizophrenen Kreatur Gollum, dem aktuellen Besitzer des Ringes. Parallel zu dieser kleinen Therapiesitzung gibt es die unterhaltsamste Action des Films serviert. In einer furiosen Achterbahnfahrt durch Scharen von Orks lässt Peter Jackson seinem Einfallsreichtum und seiner Verspieltheit freien Lauf ohne dabei lächerlich zu wirken. Hier macht es Spaß zuzusehen. Dennoch ist der Film nicht ganz frei vom Kitsch, wenn auch weit weniger albern als befürchtet. Ein oder zwei Stimmungskiller sind allerdings wie schon im den letzen beiden Herr der Ringe-Filmen dabei. Einmal ist es Gandalfs Schuld. Seine Rolle in der ganzen Geschichte ist darüberhinaus problematisch. Ohne zuviel verraten zu wollen, wirkte Gandalf in seiner Funktion bis zum Ende hin mehrmals fast wie eine Art "Deus Ex Machina". Er ist wiederholt für entscheidende Wendungen verantwortlich und fördert so unbefriedigende Entwicklungen des Konflikts - wie es so ein Deus Ex Machina oft an sich hat. Das hat doch sehr gestört. [b]Kleiner SPOILER[/b] Er ist es auch, der den Zuschauern so einen ersten Höhepunkt verweigert. Dem lange mangelnden Konfliktpotenzial folgt, dass es am Ende des Films selbst für den Auftakt einer Reihe zu wenig Pay-off gibt. Während sich die Gefährten an einem ersten emotionalen Höhepunkt ihrer Geschichte trennten, findet der Hobbit einen weit weniger bewegenden und markanten Schluss. [b]SPOILER-ENDE[/b] Richtig entführt wird man vom Hobbit also (bisher) nicht. Er bietet zwar über die meiste Zeit nette Popcornunterhaltung, die aber einfach über weite Strecken zu bekannt und zu unbedeutend daherkommt und große Erinnerungsmomente vermissen lässt. Und so endet die Reise dann vorerst auch - mit einer Einstellung, die sich bereits lange vorher erahnen lässt und mit dem Gefühl, dass man sich zumindest bisher eher im Kreis bewegt.
Der Hobbit - Eine unerwartete Reise Bewertung