Bewertung: 4.5 / 5
Wieder einmal eine etwas andere Kritik zu einem besonderen Film. Diesmal muss der auf den ersten Blick etwas hinkende Vergleich mit Logan herhalten!
Logan
Trailer zu Mad Max - Fury Road
Logan ist der Schwanengesang von Hugh Jackman als Wolverine. Jahrelang hat er die Rolle geprägt wie kaum ein zweiter eine andere Rolle und trotz mehrfach von Kritikern und Fans gescholtener Filme sich immer vorbildlich über seine Rolle geäußert. Er hat immer was in seinen Mächten gelegen hat, dafür gesorgt, dass der dann vorliegende Film der bestmögliche war, trotzdem war keiner seiner Solo-Filme bisher der ganz große Wurf. dann hat er zusammen mit James Mangold nach dem überragenden Erfolg von Deadpool, endlich die Freigabe für ein R-Rated Abenteuer bekommen. Und man war sich recht schnell einig, dass das der Schlußpunkt unter Jackmans Wolverine-Kapitel sein solle. So hat man sich dann die vermeintlich letzte Wolverine-Story ausgesucht - Old Man Logan - und sie der Rechtelage und dem Kinopublikum anpassend entsprechend etwas abgeändert. Und heraus kam dann ein Abgesang auf die Comic-Helden von einst in Form eines Spät-Western, sorry Spät-Comic-Verfilumg gepaart mit den Mitteln des Road-Verfolgungs-Movies.
Wir befinden uns in einer nicht ganz genau definierten evtl. Parallel-Zukunft, in der ein schrecklicher Vorfall die meisten Mutanten dahingerafft hat, Wolverine/Logan hält sich mehr schlecht als recht über Wasser und sorgt für einen verkümmerten Prof. X. In dieser ohnehin schon ausweglosen Situation bekommt er die Aufsicht über ein Mädchen, hinter dem gewisse dunkle Mächte her sind.
Was daraus entspinnt, ist ein Road-Movie mit allerlei herzlichen Momenten, wo die beiden X-Men Haudegen Patrick Stewart und Hugh Jackman sich stilvoll von ihren Rollen verabschieden können, die eine oder andere Krokodilsträne inklusive.
Logan wird hierbei in die Ecke des lonesome Cowboy manövriert und darf in ganz großen Gesten den Shane geben. Aber damit hat es sich nun wirklich nicht. Um endlich zu den Parallelen zu Mad Max zu kommen:
Postapokalyptische Filme sind auch immer - wenn sie gut sind - auch Filme mit Aussagen zur Jetzt-Zeit. Da wird eine karge trostlose Zukunft gezeigt, um eine Aussage zur Menschheit von heute abzugeben. Logan ist da keine Ausnahme. Aber die Message ist keine viel versprechende: Die Messsage lautet nämlich, dass wenn du keine Idee hast, warum ein Film groß sein soll, dann klau dir die Ideen, und mach es möglichst blutrünstig.
Logan klaut an allen Ecken und Kanten aus anderen Filmen: Das fängt bei Shane an, geht über Hitman, geht über 2022, Omega Man und schließlich sogar Roots (letzte Einstellung!), aber was wirklich ärgerlich ist: Er bedient sich ganz dreist bei Mad Max jenseits der Donnerkuppel.
Ich habe mich lange gefragt, warum mir eigentlich kein Wolverine Film wirklich sehr gefällt, obwohl ich Fan der ersten Stunde bin (ich war schon Fan von Wolverine als er in den Gruppe X Taschenbüchern aus dem Condor Verlag sein Unwesen trieb, lang lang ist es her), warum mir ausgerechnet der erste Film - der von Kritikern und Fans am meisten gehasste - am besten gefiel und gefällt.
Ich habe mir immer gesagt, dass es daran liegen muss, dass der Film eine gute Story haben muss, und keiner der Logan Filme tatsächlich eine gute Story hätte. Doch das war nur die halbe Wahrheit.
Wir haben hier einen wirklich halbwegs brauchbaren Film, der richtig gut geklaut hat und damit auch in sich stimmig ist, und der zudem das alles entscheidende R-Rating hat. Aber für mich stimmt hier nichts. WARUM?
Weil Logan oder Wolverine sich durch seine innere Zerissenheit und die Mystik, die diesen Charakter umweht definiert. Er definiert sich eben nicht durch einen extrem hohen Gewaltgrad. Er ist im Prinzip wie Charles Bronson, der in den 1970ern und 1980ern zum Selbstjustizfilmhelden auf- bzw. abstieg und in dieser Schublade verendete. Als er immer noch ein Superstar war, sagte er einst: "Ich bin kein Fan meiner Filme!" - Quasi also auch: "Aber irgendwie muss ich ja Geld verdienen." Und Logan sagt in den Comics immer: "Ich bin der Beste, in dem was ich tue, Aber was ich tue, ist nicht im Geringsten Schön!" Er hat diese brachiale brutale Seite in sich, aber er ist immer im Klinch mit sich selbst, dass er seine Waffen nicht einsetzt. Hinzu kommt, dass er durch die ganzen Experimente an ihm einfach nicht genau weiss, wer er ist, nur mit den Erinnerungen daran, dass er quasi wie ein wildes Tier im Wald gefunden wurde, wodurch er einfach ein umso tragischerer und verzweifelterer Antiheld ist. Ist er womöglich ein Monstrum gewesen? ist er es noch? Dieser innere Zweikampf macht Wolverine aus, und die daraus entstehende Dualität seines Charakters. Nicht umsonst ist die verfilmte Japan-Story aus dem zweiten Teil im Original ein deutlich charakterlastigeres Stück, das damit endet, dass Logan als ein wahrer und ehrhafter Mensch angesehen wird.
Logan als Film gibt dem Charakter Logan kaum Neues mit, sondern läßt ihn enden, zwar bittersüß, aber dann doch wieder auf herkömmliche Art und Weise.
5 Punkte
Fury Road
George Miller macht es ähnlich wie Logan: Er nimmt Versatzstücke aus der Film-Historie und werkelt sie zu einem Flickenwerk zusammen. Hierbei dienen ihm sowohl Westwärts-Trek-Western, in denen Indianer angreifen, als auch seine eigenen Filme (Mad Max 2 und 3) und nicht zuletzt sogar ein gewisser Buster Keaton als Vorbild. Genausowenig wie Logan dem Charakter der Hauptfigur irgendwelche neuen Nuancen gibt, haben wir hier eine Figur in Max, der großartig Reflektionsfläche wäre.
Zu allem Überfluß minimiert er die rudimentäre Handlung seiner Vorgängerfilme noch weiter, indem die Handlung nur noch auf eine Verfolgungsjagd von A nach B und dann von B woanders hin reduziert. Also auch hier ein Road Movie.
Doch während Miller mit Mad Max 2 quasi das apokalyptische Punk-Rock-Wasteland- Action Genre erfand, erfindet er hier gar nichts neu. Und dennoch rufen alle gleich, dass der Film auch inhaltlich extrem modern und innovativ wäre.
Und tatsächlich wirkt er auch kein bißchen altbacken oder zusammen geklaut. Woran liegt das?
Zum einen natürlich daran, dass George Miller ein alter Fuchs von Regisseur ist, der einfach in jedem Genre Zuhause ist und überall seine Fußspuren hinterlassen hat (Die Hexen von Eastwick, Babe, Happy Feet und Lorenzos Öl nur mal als Beispiele auf die Schnelle), der weiß einfach wie man einen guten Film dreht. Und zum anderen dreht er einen derart kinetischen Film, bei dem man ganz klar die handgemachten Effekte selbst bei solch einem Effektgewitter von Film noch sehen und würdigen kann.
Außerdem besinnt er sich auf alte Tugenden, die man heutzutage in den meisten Blockbustern einfach nicht mehr zu sehen bekommt, weil die Effekte einfach nur noch dominieren: Eine einfache Verfolgungsjagd, wenn sie richtig umgesetzt ist, ist das beste was ein Adrenalin- und Testosteron- (bzw. Östrogen) getriebener Jungspund im Kino sehen will. Das war zuletzt in dieser Form höchstens in der letzten halben Stunde in The Good, The Bad and The Weird der Fall und wird hier gleich ungleich höher potentiert.
Hinzu kommt eine Fallhöhe, die nicht höher sein kann, wenn es gefühlt um die letzte menschliche Bastion geht, und dann kommen einfach so mal nonchalant - also ohne erhobenen Zeigefinger! - eine Frauenstärkungsgeschichte und eine Geschichte über die Verführungskünste von falschen Propheten (jeglicher politischer Richtung) bei desillusionierten perspektivlosen Jugendlichen, sowie eine Emanzipationsgeschichte.
Dann noch Männer und Frauen, die sich auf Augenhöhe begegnen und eine adrenalingetriebene Story mit einem Finale, das auf dem absoluten Höhepunkt mit einem Getriebenen endet, der einfach keine Ruhe finden kann, weil es das Franchise so verlangt.
Der Darstellerwechsel funktioniert einwandfrei, die Chemie aller Darsteller ist top, die Inszenierung Big Budget Bombast vom Feinsten.
Während wir mit Logan also einen fleischgewordenen feuchten Traum für R-Rating-Fetischisten haben, die sich in 1980er Peter Pan Fantasien flüchten und alles super finden, weil sie die besser verfilmten Originale einfach auf Grund des noch jungen Alters nicht mehr kennen, haben wir mit dem vierten Teil von Mad Max ein ebenso wenig innovatives Stück adrenalingeschwängerten Actioner, der nicht vorgibt mehr zu sein als er ist, dabei aber deutlich mehr ist.
9 Punkte