Bewertung: 1.5 / 5
2045: Der Waise Wade Watts lebt bei seiner Tante in den „Stacks“, einer senkrechten Trailerparksiedlung. Um der Tristesse des Alltags zu entfliehen, zieht er sich in das Onlinespiel „OASIS“ zurück. Dort kann man, wenn man die Rätsel des verstorbenen Schöpfers Halliday löst, nicht nur dessen Erbe von rund einer halben Billiarde, sondern auch gleich die Kontrolle über die OASIS selbst erlangen. Da die OASIS aber mittlerweile das reale Leben so gut wie abgelöst hat und Erfolg im Spiel sich im realen Vermögen niederschlägt, will auch das böse Unternehmen IOI unter der Leitung des zwielichtigen Nolan Sorrento das Spiel übernehmen. Gut, dass Wade nicht alleine ist, denn er kann sich auf seine Freunde Aech, Daito, Sho und die geheimnisvolle Artemis verlassen, die ihm beim Wettlauf gegen IOI helfen. Allerdings hat IOI es zusätzlich noch in der realen Welt auf Wade abgesehen...
Noch vor Veröffentlichung von Ernest Clines Roman „Ready Player One“ geriet dieser in die Hände Steven Spielbergs, der sich umgehend die Rechte an einer Verfilmung sicherte. Der Appeal dürfte sogleich klar sein, ist Clines Roman nicht weniger als eine ziemlich offensichtliche Feier der 1980er Popkultur, die Spielberg wiederum entscheidend mitgeprägt hat. Da die 80er seit ein paar Jahren wieder schwer in sind, man muss sich nur den Erfolg von „Stranger Things“, „Es“ oder die schon ewig andauernde Remakewelle anschauen, schien die Zeit wohl nun endlich reif, um die Adaption des Bestsellers in die Lichtspielhäuser zu bringen. Gespickt mit zahlreichen popkulturellen Referenzen kann der geneigte Zuschauer nun „Ready Player One“ bestaunen. Ob er das will, oder ob er dabei gar Spaß hat, das bleibt die Frage...
Trailer zu Ready Player One
Referenzen sind für den Filmemacher was tolles, immerhin sind sie eine angenehme Abkürzung. Statt selber eine Idee zu kommunizieren, kann er eben kurz verweisen und weiß so den Zuschauer auf seiner Höhe. Im besten Falle nutzt er eine Anspielung, um seinen Film mit einer Verständnishilfe auszustatten. So tat es zum Beispiel David Lynch in „Lost Highway“, als er Patricia Arquette mit einer Doppelrolle ausstattete, die offensichtlich an Kim Novak in Hitchcocks „Vertigo“ erinnern sollte. Referenzen können aber auch einfache Insidejokes sein, kleine Freudenspender für den Filmkenner, wie die Anspielung auf „Cannibal Holocaust“ in „Kong: Skull Island“. Oder sie können simpelste Anbiederung sein, ein verzweifeltes „Bitte, findet mich cool!“ - so wie hier. „Ready Player One“ ist eine Checkliste gängiger Popkultur, die jeden mit dem wohligen Gefühl der Nostalgie belohnt, der in den letzten 30 Jahren mal den Fernseher angemacht hat. Sollte eine Referenz dann doch mal zu obskur sein, muss sich der Durchschnittszuschauer übrigens nicht fürchten, die Charaktere werden sie erklären.
Wenn dann am Ende die Moral ausgepackt wird, man solle sich nicht in Scheinwelten vergraben (denn: „Nur die Realität ist real!“), hat das ganze einen fahlen Beigeschmack. Denn „Ready Player One“ ist dazu designt den Zuschauer zu belohnen, der die meisten Anspielungen erkennt. Nahezu jede Einstellung ist gefüllt mit popkulturellen Ikonen, die unmöglich beim ersten Sehen alle erfasst werden können. Die Anspielung ist hier keine Erweiterung des Filmvergnügens, sie ist das Hauptverkaufsargument, sie wird zum Selbstzweck. Gerade weil der Zuschauer bereits Sympathie für den Giganten aus dem All mitbringt, braucht Spielberg sich im letzten Akt nicht darum kümmern, ihm eine Persönlichkeit zu verschaffen. Da macht es wenig aus, dass er eigentlich nur ein Avatar ist. Dazu passt Alan Silvestris Musik, die sich gelegentlich in Zitaten zu verlieren scheint. Schließlich verbindet der Zuschauer ja angenehme Erinnerungen an die Musik aus „Zurück in die Zukunft“, die eine eigene Leistung überflüssig machen. Deswegen ist die Moral hinter „Ready Player One“ auch eine aufgesetzte, die man kaum ernst nehmen kann. Vor allem widerspricht der Film dieser Moral auch, wenn er die OASIS als nicht real behandelt. Denn er zeigt, dass Wade bedeutungsvolle Freundschaften innerhalb der OASIS schließt, die in der realen Welt quasi ohne Umschweife weitergeführt werden. Andererseits weiß von den Filmemachern anscheinend keiner, wie echte Menschen funktionieren.
Das wird besonders deutlich, sobald man die zentrale Liebesgeschichte um Wade und Sam betrachtet. Sam ist unter dem Namen Artemis in der OASIS berühmt, Wade ist ein Fan ihrer Twitch-Streams, und lässt sich von Wades Entschlüsselung des ersten Rätsels schwer beeindrucken. Bald schon ist ein Date ausgemacht, das natürlich arg in die Hose geht, weil die Soldaten von IOI auftauchen, um Wades Avatar abzuknallen. Im Laufe dieses Dates eröffnet Wade nun Sam, dass er in sie verliebt ist. Diese entgegnet ihm, er würde sie gar nicht kennen, er wäre nicht in die Person verliebt, sondern nur in ein Bild, das er von ihr hat – und sie hat Recht, denn immerhin haben sich beide erst zweimal gesehen, das auch nur online. Der Film sieht das jedoch ganz anders, stattdessen soll Wade Recht behalten und Sam am Ende erobern, indem er die OASIS übernimmt. Dass Ogden Morrow seinem ehemaligen Weggefährten Halliday über all die Jahre die Treue gehalten hat, obwohl dieser ihn aus dem gemeinsamen Unternehmen gebotet hat und von dessen verstorbenen Frau besessen war, davon sollte man gar nicht anfangen...
Technisch betrachtet ist an „Ready Player One“ wenig auszusetzen, manche Szenen in Hallidays Museum sehen nach schwachem Green Screen aus, obwohl die Bilder komplett aus dem Computer stammen, was den Gesamteindruck kaum schmälert. Den Actionszenen kann man, ganz typisch für Spielberg, selbst im größten Chaos noch vernünftig folgen. Der finalen Schlacht um Burg Anorak fehlt es jedoch ziemlich an Rhythmus, es werden nur Pixelhaufen gegen Pixelhaufen geklatscht, man darf Spielberg beim Spielen mit allerhand Actionfiguren zuschauen. Zur schauspielerischen Leistung kann nur wenig gesagt werden, denn der Film spielt über weite Strecken in der virtuellen Welt, die per Motion Capture verwirklicht wurde. Dementsprechend sind die Darsteller unter ihren virtuellen Gegenparts begraben, ihre Leistung vom Effektteam manipulierbar.
Letztendlich ist „Ready Player One“ ein leeres Unterfangen, das seelenlos und zynisch die Nostalgie der Zuschauer ausnutzt. Das Publikum soll grinsend vor der Leinwand sitzen und das Popcorn in sich reinschaufeln - ruhig wie die Hindu Kühe.