Bewertung: 4.5 / 5
Ich musste erstmal ein paar Tage den Film sacken lassen, um meine Gedanken dazu formulieren zu können. Ich wusste nach dem Besuch erstmal nicht, was genau ich jetzt davon halten sollte.
Ich muss zugeben, wenn der Film nicht von Chris Nolan gemacht worden wäre, hätte ich ihn mir wahrscheinlich nicht im Kino angesehen, normalerweise finde ich Biopics nicht so spannend für eine Sichtung im Kino.
Trailer zu Oppenheimer
Der Film ist lang, fordern, teilweise verwirrend, trotzdem war mir zu keiner Zeit langweilig.
Die Erzählstruktur ist manchmal fordernd, da nicht immer der Zeitpunkt der gezeigten Szenen anfangs richtig einzuordnen ist, nach und nach ergibt sich dann aber das Gesamtbild. Ich denke, nach einer 2ten Sichtung wird das einfacher fallen. Im Nachhinein betrachtet hat diese Struktur den Film wahrscheinlich sogar interessanter gemacht, als wenn er in einer chronologischen Weise dargestellt worden wäre.
Es lässt sich natürlich darüber streiten, ob man unbedingt die Nebenhandlung von Lewis Strauss gebraucht hätte in einem Film, der von Oppenheimer handelt, ich fand es trotzdem interessant, vor allem kommt man dadurch in den Genuss vieler Szenen mit Robert Downey Jr.
An anderer Stelle wurde bemängelt, dass es auch zu viel um die „Verhandlung“ um Oppenheimers Sicherheitseinstufung ging, ich persönlich finde das nicht schlimm, der Film hat genug Laufzeit und dadurch kommt auch immer etwas Abwechslung rein.
Besetzungstechnisch wurden keine Kompromisse gemacht, in jeder Szene ist irgendjemand mehr oder weniger bekanntes. Wenn ein Chris Nolan ruft, lehnt man das nicht ab.
Vor allem Cillian Murphy und Robert Downey Jr. muss ich hervorheben, die haben echt was auf dem Kasten. Ich hoffe, da springt eine Oscar Nominierung raus.
Der Part mit feierndem Publikum bei Oppenheimers Rede nach dem Hiroshima-Abwurf ist natürlich sehr makaber, aber traurigerweise Realität, sowas muss gezeigt werden.
Nun komme ich zu dem Teil, der mich am meisten beschäftigt hat, ich hadere auch etwas, meine Gedanken dazu zu schreiben, aber das war ein Grund, weshalb ich den Film sehr gut finde.
Ich konnte während dem Film gut mit der Figur Oppenheimer mitfühlen, ich fand seine Entscheidung, die Bombe zu entwickeln sogar nachvollziehbar aus seiner Sicht. Natürlich ist das Ergebnis absolut grauenhaft, und hätte nie stattfinden sollen, trotzdem muss man mal versuchen, sich in diese Lage reinzuversetzen, während eines Krieges vor der Wahl zu stehen, entweder der Feind entwickelt eine Waffe, die alles zerstören kann, oder ich bin schneller und versuche etwas noch schlimmeres zu verhindern. Es war natürlich naiv von ihm zu glauben, dass die Bombe nur als Abschreckung dienen soll, aber den Grundgedanken verstehe ich, passiert wäre die erfolgreiche Entwicklung der Bombe früher oder später auf jeden Fall von irgendjemandem.
Ich mag es, wenn das „Böse“ oder böse Taten in Filmen einen nachvollziehbaren Hintergrund/Motivation bekommen, weil es in der Realität einfach wirklich so ist, es ist in den seltensten Fällen so, dass Menschen von Geburt an böse sind. In den meisten Fällen haben sie persönliche Ereignisse oder Tragödien, die sie schließlich tun lassen, was sie tun, oftmals sind auch wir als Gesellschaft daran beteiligt. Das soll die Taten natürlich nicht entschuldigen oder rechtfertigen, aber dadurch wird man zum Hinterfragen angeregt.
Diese Gedanken lassen mich immer wieder grübeln, ist das moralisch falsch, teilweise sogar Mitleid für solche Menschen zu empfinden? Ist es menschlich? Ich würde 2teres behaupten.
Mein abschließendes Fazit ist, der Film hat mir sehr gut gefallen, trotzdem hoffe ich als nächstes Projekt von Nolan wieder auf einen Action-Thriller ala Inception oder Tenet.