Bewertung: 3.5 / 5
Der erfolgreiche neuere deutsche Heimatfilm spricht Bayerisch - und wird auch jenseits des Weißwurst-Äquators gern gesehen (trotz einiger Verständigungsprobleme). Den Grundstein für den Siegeszug skurril unterhaltender Eigenbrötler-Geschichten legte sicherlich Marcus H. Rosenmüller mit seiner augenzwinkernden Lausbuben-Komödie Wer früher stirbt, ist länger tot (2006). Und die Landlust steigt und steigt: Der Hinterwäldler-Sexhotline-Schwank Eine ganz heiße Nummer (2011, Regie: Markus Goller) lockte über 1,2 Millionen Besucher in die Kinos. Nicht weiter überraschend also, dass Christian Lerch, der mit Rosenmüller einst das Drehbuch für dessen legendäres Kinodebüt schrieb, bei seinem prominent besetzten Regie-Debüt Was weg is, is weg auf ein aufgeschlossenes Publikum vertrauen darf. Seine teilweise recht schwarzhumoriger Bauernhof-Possen entfalten liebenswerten Charme, wenn auch das Abseitig-Makabere überzubrodeln droht.
Es ist eine latent verstörende Zeitreise zurück in ein nicht näher lokalisiertes Niederbayern, in dem eine Satelliten-Schüssel noch den Anschluss an die große weite Welt versprach. Und dabei hätte die Moderne auf dem Einöd-Hof fast allzu rasant Einzug gehalten: Onkel Sepp (Johann Schuler) brütete bereits in den späten 60er-Jahren an einer reichlich "alternativen" Lösung aller Energiesorgen. Als er seine Wundermaschine endlich in Gang setzen will, trifft ihn ein Stromschlag - und er stürzt von der Leiter. Seitdem liegt Sepp im Koma und wird liebevoll von seiner aufopferungswilligen Schwester Erika (wie so oft großartig: Johanna Bittenbinder) gepflegt. Und seine drei Neffen quält ein lebenslanges Trauma.
18 Jahre nach dem tragischen Unfall kommen die drei Bauernbrüder im April 1986, dem Monat des Tschernobyl-GAUs, durch merkwürdige Zufälle wieder zusammen: Öko-Aktivist Lukas (Florian Brückner) will eigentlich gerade das Land verlassen, um am anderen Ende der Welt Wale zu retten. Sein schnöseliger Bruder Hansi (genial gegen den Strich besetzt: Ex-Tatort-Ermittler Maximilian Brückner) ist kaum von seinem Schuhschachtel-großen Handy zu trennen und dreht als windiger Versicherungsmakler krumme Dinge. Und auch der adipöse, verschlossene Paul (Mathias Kellner) wird in eine haarsträubende Handlung hineingezogen: Alle vereint eine mehr oder weniger geradlinig verlaufende Rettungsaktion, bei der es darum geht, einen durch ein dummes Missgeschick Schwerverletzten (Jürgen Tonkel) und seinen in der Metzgerei-Kreissäge abgetrennten Unterarm wieder zusammenzubringen.
So weit, so drastisch, so eigenartig unterhaltsam: Regisseur und Drehbuchautor Lerch gelingt es, über weite Strecken die Fäden parallel geführter Erzählstränge stringent zusammenzuführen. Zugutehalten muss man ihm eine souveräne Schauspielerführung, die vor allem die von Johanna Bittenbinder und Heinz-Josef Braun gespielten verschrobenen Eheleute glänzen lässt. Leider zünden nicht alle Pointen, und wie bei vielen Debüts wurde zu viel gleichzeitig gewagt: Die temperamentvolle Fabulierlust, die oft allzu wild wuchern darf, stand etwas konzentrierter Komik gelegentlich im Weg.
Was weg is, is weg bekommt 3,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Rupert Sommer)