Bewertung: 5 / 5
Dass Außerirdische als Projektions- und Identifikationsfiguren filmische Verwendung finden ist nichts Neues, nichts Außergewöhnliches, nichts Bemerkenswertes. Selbige aber in so offensichtlicher und leicht durchschaubarer Weise im Sinne einer Fundamentalkritik zu verwerten schon eher. Die Vergleiche zu District 9 bieten sich hier an und werden in den meisten Rezeptionen auch unternommen, das Vergleichsbedürfnis sowohl des Glotz- als auch des Kritikvolkes befriedigt. Aufgrund thematischer und zeitlicher Nähe interessanter scheint sich für ein solch gerne und häufig praktiziertes Unternehmen der Kritik, wie es das Vergleichen darstellt, allerdings eher Machete anzubieten.
Nachdem sich die Menschheit, oder in diesem Fall wohl besser: die amerikanische National Aeronautics and Space Administration, das Unheil selbst eingebrockt hat, muss sie nun mit allen Mitteln versuchen, der eigens produzierten Existenzbedrohung die Stirn zu bieten. Natürlich vorwiegend mit militärischen Mitteln. Die oft gelobte subtil-bedrohliche Stimmung des Filmes wird nicht, wie zumeist behauptet, von den gruseligen Geräuschen aus dem Busch, oder den, wenn man sie überhaupt einmal zu Gesicht bekommt, meist nur angedeuteten leibhaftigen Monstern, sondern eben von den überall präsenten Panzern, mobilen Infanterien und Helikoptern inklusive der dazugehörigen und bereits viel sagenden militanten Geräuschkulissen und Explosionsblitzen hinter den mittelamerikanischen Bergen erzeugt. Das Assoziierte ist hier und über den ganzen Film hinweg entscheidend.
Auch die Mauer, die im Film als 8. Weltwunder bezeichnet wird, fällt unter das Deutungsmittel der Assoziation. Die USA grenzen sich mit ihr vom infizierten Gebiet ab. Dies erscheint auch notwendig, denn die von der - über Mittelamerika abgestürzten - Weltraumsonde verbreiteten Extraterrestrischen vermehren sich wie die Karnickel. Ausgewiesene wissenschaftliche Experten lassen über das Fernsehprogramm verkünden, dass sich deren Population innerhalb von zwei Wochen verdreifacht haben soll – ja, auch Mittelamerika schafft sich in Gareth Edwards Low-Budget-Kinodebüt offensichtlich, oder anscheinend selbst ab! Die Furcht vorm Anderssein, vor dem (oder: den!) Fremden, den Migranten vom Jupitermond Europa (Asien, Afrika, Südamerika, Mittelamerika, Mexico) ist nur ein Teil der vielschichtigen Kritik, die der Film filigran und malerisch an die Leinwand kotzt.
Kollateralschäden, zivile Opfer, Giftgas, Aggression, zerstörte Existenzen, globale Armutsgefälle, Ungerechtigkeit, Grausamkeit, abgestumpfte Menschen … das Interessante ist nicht, dass der Regisseur mit sehr wenig Geld einen solch bemerkenswerten Film produzieren konnte. Bemerkenswert ist nur, dass er es getan hat. Denn anders hätte der Film ohnehin nicht funktioniert. Die viele Kommentatoren verwundernde Authentizität des, mit Ausnahme der Hauptdarsteller, ausnahmslos aus Laienschauspielern bestehende Set, ist, und das ist das Entscheidende, nicht bedingt, sondern Bedingung. Sie ist nicht zu bewundern, sondern zu bedauern. Altbekannte Ironie der Kritik.
Aber auch der Titel des Streifens ironisiert, indem er jene ins Kino zu locken scheint, die das aufdringliche Gemetzel, teure Effektieren, aufgemotzte Blutspritzen und Leichenbegaffen in 3D als einziges Stilmittel würdig des Titels „Monsters“ akzeptieren. Wer den Actionmangel oder die selten sichtbaren Aliens beklagt, wird mit beinahe 100%er Sicherheit auch einige freudschen Fragen stellen, wie beispielsweise, warum der Protagonist Andrew jenes 50000 Dollar wertvolle Bild nicht schießt. Aber ein guter Film zeichnet sich eben nicht durch jene trügerische Logik der möglichst vollständigen Beantwortung aller Fragen aus – es dürfen und sollen Fragen offen bleiben, selbst beantwortet und weitergefragt und weitergedacht werden. Die Qualität jener Fragen, jenes Nachdenkens des Glotz- und Kritikvolkes ist ab jetzt in diversen Foren im weltweiten Internet nachzulesen. Guckt nur! Es reagiert … aber WIE!