![Mad Max - Fury Road Mad Max - Fury Road](https://www.moviejones.de/bilder/filme/xlarge/43_xl.jpg)
Bewertung: 4 / 5
Spoiler- & Triggerwarnung:
Sexismus, Missbrauch, Gewalt, Tod
"Mad Max: Fury Road" trägt seine Vorgänger zu Grabe. Denn abseits äußerlicher Ähnlichkeit ist sein Inneres ein fundamental anderer Film. Einer, der das Zepter an eine neue Zeit übergibt. In welchem das Franchise in der Gegenwart ankommt. Er bricht mit früheren Herangehensweisen, erweitert bekannte Wege - und ist zutiefst feministisch.
Trailer zu Mad Max - Fury Road
Schließlich weiß George Miller, dass die männliche Perspektive der Vergangenheit angehört. Kino heute ist über schweigsame Protagonisten und körperbetonte Actionhelden hinaus - oder sollte es sein. Und so entzieht "Mad Max: Fury Road" seiner Hauptfigur nach und nach den Fokus. Es ist Furiosas Geschichte, Max erzählt sie nur. Weder ist er ihr Anlass, noch ihr Gegner. Seine große Tat geschieht offscreen. Sein Hintergrund bleibt angedeutet.
Der Raum gehört Furiosa. Mit jeder Minute ein Stück mehr. Max Visionen werden seltener; und muss ein Schuss sitzen, gibt er ihr das Gewehr. Mehr noch, um Furiosas Leben zu gewährleisten, schenkt er ihr einen Teil von seinem. Eine Geste, welche auch ihn vermenschlicht, ihm einen Namen gibt. Die für Einheit und Gleichheit steht.
Doch der Triumph ist ihrer. Der Film schließt mit einem Shot aus Furiosas Perspektive, gefolgt von einem Shot auf sie. Fünf Frauen, die auf eine Menschenmenge hinabschauen. In "Mad Max: Fury Road" weicht das Patriarchat dem Matriarchat, und weiter der Gerechtigkeit. Es ist Furiosa, die den Antagonisten tötet, aber statt dessen Platz einzunehmen seine Ressourcen umverteilt. Kein Machtwechsel, sondern Befreiung; die jungen Frauen, die lange unter einem misogynen System physischer Ausbeutung gelitten haben, lassen die Gewalt hinter sich. Auf eigenen Wunsch hin.
Eine alte Generation vertraut die Erde einer neuen an. Pflanzensamen werden vererbt, das Grün ein auffälliger Kontrast im kalten Blau. In einer lebensfeindlichen Welt ist das Leben besonders. Auch visuell - "Mad Max: Fury Road" spielt nicht nur in der Wüste, er wendet sie an. Auf seine Ereignisse, seine Gestaltung, seine Figuren.
Die Inszenierung ist charakternah und immersiv. Subjektiv gar, Bild und Ton der Situation angepasst. Explosionen treffen die Kamera, Zeitlupen und optische Unruhe wechseln einander ab. Max Erinnerungen vermischen sich mit der Realität, fallen rauschhaft über Zuschauende her. Und geraten die Charaktere in einen Sandsturm, überträgt sich diese Reizüberflutung mittels flackender Farbwechsel ins Visuelle.
Auch ganz ohne Soundtrack: Schreie und Motoren kreieren das Auditive, die Musik dient mehr als klimatisches Element. Sie kontrastiert treibende Rockmusik mit opulenten Symphonien, charakterisiert die sich nähernde Bedrohung und trägt den Rhythmus physischer Auseinandersetzungen. Bis sie, als expliziter Teil des Filmes, selbst Part einer Kampfchoreografie wird. Wie auch Soundeffekte in direktem Zusammenhang mit Figuren stehen, wenn sich Erlösung, Verwirrung oder Benommenheit in der Geräuschkulisse spiegeln.
Und doch verliert "Mad Max: Fury Road" nie die Übersicht. So dynamisch sich die Kamera der Action hingibt, behält sie dennoch stur das relevante Bilddetail im Blick. Centerframing; schnelle Schnitte verschieben die Perspektive entlang der optimalen Raumaufteilung. Immer wieder reihen sich die Bildelemente in perfekter Harmonie aneinander, ergänzt die Anordnung von Charakteren den Hintergrund. Die Suche nach Ästhetik in einer dreckigen Welt - visuelles Stroytelling.
George Miller formuliert die Entwicklung seiner Figuren implizit. Die Geschichte ist simpel, ihre Ausgestaltung ist es nicht: Die Reise der Protagonisten bringt sie nicht nur in natura, sondern vor allem menschlich voran. Stiehlt Max dem Warboy Nux einen Stiefel, bringt er ihm nach ihrer Verbrüderung einen neuen. Öffnet er sich anderen Personen, verliert er seinen Maulkorb. Als wäre das Biest in ihm nun gezähmt, fortgeführt in seiner Auopferung für Furiosa. Welche wiederum, mit dem Verblassen ihrer Kriegsbemalung, Stück für Stück vermenschlicht wird. Ebenso wie Nux; ein Seitenwechsel, der auch optisch geschieht.
In "Mad Max: Fury Road" gelangt jedes Detail zu späterer Bedeutung. Sein Kino ist ein Progressives, sich Ursprung wie Veränderung bewusst. Da ist es nur konsequent, dass der nächste Eintrag in das Franchise von Anfang an einer weiblichen Hauptrolle folgt. Man ist in der Gegenwart angekommen.
8 von 10 Enten.
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