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The Flash

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Kunst im Kampf gegen das Multiversum: "Man of Steel" vs. "The Flash"

The Flash Kritik

The Flash Kritik
1 Kommentar - 19.08.2023 von Entenverlag
In dieser Userkritik verrät euch Entenverlag, wie gut "The Flash" ist.
The Flash

Bewertung: 0.5 / 5

Spoiler- & Triggerwarnung:
Gewalt, Tod, Genozid


Kunst im Kampf gegen das Multiversum:
"Man of Steel" vs. "The Flash"
Ein analytischer Vergleich.
In Zusammenarbeit mit meiner besten Freundin Lucy.

Trailer zu The Flash


Superhelden sind, was wir ihnen zu sein erlauben. Eine Abstraktion der Menschheit, im Guten wie im Schlechten. So divers unsere Gesellschaft ist, so vielfältig sind unsere Idole. So unterschiedlich sind ihre Interpretationen. Ob Paradebeispiel oder Bedrohung, ob Kunstwerk oder Kapitalanlage. Seit Jahrzehnten sind Superhelden fest in der Popkultur verankert.
Doch mit dem Aufstieg des Marvel Cinematic Universe und dem einhergehenden Trend, Filme nur als Einzelschritte großer Franchises zu begreifen, ist die Kinolandschaft zu einem Spielplatz für Konzerne verkommen. Wenn sich Disney, Warner Brothers, 20th Century Fox und Sony gegenseitig aufkaufen oder die Pläne ihrer Universen kurzfristig ändern müssen, um den Anforderungen der Marktwirtschaft nachzukommen, schlägt sich das zwangsläufig in den jeweiligen Filmen nieder. Und um den ständigen Wechseln des Repertoires an Figuren, auf die ein Studio Zugriff hat, nachzukommen, greift man gern auf ein Konzept zurück, das in den Comicvorlagen schon lange von guten Diensten ist: Das Multiversum.
Ein erzählerischer Kniff, um bekannte Figuren neu zu deuten, mit den Erwartungen von Fans zu brechen und sich ungeachtet des etablierten Kanons alles zu erlauben. Nur verlieren Filme wie "Spider-Man: No Way Home" oder "Doctor Strange in the Multiverse of Madness" völlig aus den Augen, dass man ebendas ohnehin schon immer konnte. Statt frei von der Logik eines übergeordneten Universums Filme zu schaffen, die für sich stehen, und deren Handlung keinem größeren Plan folgen muss, unterwirft man sich bloß erneut einem Regelwerk, pflastert den Weg mit Rechtfertigungen und Expositionen und scheitert daran, eigenständige Kunst zu schaffen.

So ist "The Flash" von Andrés Muschietti der Antagonist seiner Vorbilder. Er verkörpert die Schattenseiten der modernen Popkultur, steht gegensätzlich zur Bedeutsamkeit, die sich einst in Superhelden finden ließ. Aller Respekt der Kunstform gegenüber ist dem größtmöglichen Einspielergebnis gewichen. Was bleibt, zeigt sich im direkten Vergleich mit "Man of Steel": Ein grausamer Missbrauch von Zack Snyders Kunst.
Denn für diesen sind Superhelden ein Symbol. Ein Mythos. Er ist sich ihrer Tragkraft bewusst, versteht sie als Spiegel menschlicher Probleme. In "Man of Steel" wirft bereits die bloße Existenz Supermans Fragen über unseren Umgang mit eben jener auf - seine Origin Story ist geprägt von Mobbing, von Furcht, von Verlust. Der Film nimmt sich die Zeit, Clark Kents Kindheit zu beleuchten, und interessiert sich ebenso für dessen amerikanische Familie wie für dessen außerirdischen Heimatplaneten. Für Snyder ist der Niedergang Kryptons in erster Linie eine politische Frage: Konflikte müssen nicht aus Unachtsamkeiten oder Missverständnissen konstruiert werden, sondern entstehen aus konträren Überzeugungen der Figuren.
In dem Sinne ist das Handeln Supermans und seiner Gegenspieler*innen auch immer eine ethische Überlegung. Der Genozidversuch eines General Zod begründet sich in dessen Moralvorstellung, dessen Herkunft, dessen Vergangenheit. Er ist Kolonialist und Militarist, statt bloß böse zu sein; und Clark Kent trauert um ihn, nachdem er ihn töten musste. "Man of Steel" sieht in Superman eben nicht nur einen Träger für Amüsement und Nostalgie, sondern fragt nach ihm als Individuum.
Und was dieses für die Menschheit bedeutet: "Es geht um mehr als um unser Leben [...] oder das der Menschen um uns herum. Wenn die Welt [...] von deinen Fähigkeiten erfährt, wird das alles ändern. Unseren Glauben, die Vorstellung davon, was es bedeutet, ein Mensch zu sein, alles", erklärt Clarks Vater.
Eine Einstellung, für die er sein Leben gibt, und mit der er recht behält. Politik und Journalismus sind nicht umsonst zwei zentrale Themen des Werkes, immer verbunden mit einer unterschwelligen Kritik am Imperialismus der USA. Die Macht, welche Superman innewohnt, wird nicht nur gefürchtet, sondern soll korrumpiert werden; ein Interesse, das selbige umso greifbarer erscheinen lässt. Ja, "Man of Steel" nutzt seine Titelfigur als künstlerisches Motiv - auf allen Ebenen.

Doch der den Regeln eines Multiversums entsprechende Aufgriff des Filmes überführt ihn in einen neuen Kontext. Und wo Zack Snyder Bedeutung sah, sieht Andrés Muschietti bloß Spektakel. "The Flash" hat, obwohl er den gleichnamigen Superhelden zu seinem Protagonisten erklärt, kaum etwas für diesen übrig. Weder dient Barry Allen als Abbild unserer Welt noch vertritt er politische Ideale oder kann menschliche Facetten aufarbeiten. Seine persönliche Motivation soll über seltene, emotionale Momente gerechtfertigt werden, verkommt jedoch zum Platzhalter für das eigentliche Interesse des Filmes: Oberflächlichkeit.
Schließlich fungiert der Auftritt berühmter Schauspieler*innen und bekannter Helden ausschließlich als Checkliste, als Obolus für Fans. Gal Gadot, Jason Momoa, George Clooney - keiner davon darf einen Charakter darstellen, sie alle bleiben Gimmicks. Selbst der emotionale Wert, welcher für Michael Keaton nach wie vor in Batman steckt, ist für "The Flash" rein referenziell. Seine Figur, die einst den Mythos eines gutmütigen Kapitals, das ganz märchenhaft im Sinne der Bevölkerung agiert, verkörperte, taugt unter all den selbstzweckhaften Metaebenen nicht einmal mehr als Illusion.
Kein immanenter Wert, nur Vorwissen hält den Film zusammen. Man ruht sich auf der Kunst anderer aus, versteht Superhelden lediglich als austauschbares Element wiederkehrender Uni- oder Multiversen. Ein Makel, dem man sich sogar bewusst ist, ihn aber nicht überwinden kann und so mittels ironischer Selfawareness zu überspielen versucht. Selbst der nie verwirklichte "Superman Lives" von Tim Burton, für den Nicolas Cage in der Hauptrolle angedacht war, muss als Cameo herhalten. Doch wer die Comics oder damalige Filme nicht gut genug kennt, versteht auch "The Flash" nicht. Zu leer ist das Werk.
Und so ist jeder Verweis auf Zack Snyders "Man of Steel" seiner Bedeutung beraubt. Die Konfliktsituation ist keine Frage politischer Überzeugungen mehr, sondern entsteht nur daraus, dass Figuren einander belügen oder nicht zuhören. General Zod ist kein zweiseitiger Antagonist mehr, sondern ein gesichtsloses Monster, das keiner Auseinandersetzung bedarf. Und Superhelden sind kein Symbol, kein Mythos mehr - alles, was ihnen bleibt, ist vor der Kamera zu posieren, ihrer eigenen Existenz mit ironischer Brechung zu begegnen und einen Anlass für effektverseuchte Action zu bieten. Auch weil die eigens aufgestellten Regeln all der Zeitlinien und parallelen Realitäten besagen, dass die Handlungen der Figuren nur einen Zweck haben: Wieder rückgängig gemacht zu werden. Was doch Bestand hat, wird hingegen für einen plumpen Scherz missbraucht. Nichtssagender kann Kunst kaum sein.

All die Welten, auf welche sich "The Flash" bezieht, liegen zwischen ihm und "Man of Steel". Eine qualitative Antithese, formal wie ästhetisch. Denn während Muschiettis Gestaltung nicht minder plump als sein Film erscheint, schlägt sich Snyders vielfältige Perspektive auch in dessen Bildsprache nieder. Der Dynamik seiner Kameraarbeit wohnt eine Diversität inne, von der "The Flash" nur träumen kann. Sie formuliert die Handlungen von Charakteren aus, wenn Zooms, als klimatisches Element, ihren Bewegungen folgen. Sie spiegelt die Macht von Superman, wenn seine Flüge in hektischen Schwenks oder exzessiver Zerstörung resultieren. Und sie unterstreicht die Wirkung von Explosionen, wenn diese das Bild erschüttern, uns blenden. Der Fokus auf Details und Übertreibungen kreiert einen comichaften Look, für welchen es "Man of Steel" nicht erst nötig hat, seine Vorlage selbstironisch zu zitieren.
Hingegen kann Muschietti kaum mehr tun, als seine Shots den Figuren hinterherjagen zu lassen und ihnen ein artifizielles Antlitz zu verleihen. Anstatt mit seinen Superhelden zu arbeiten, stellt er sie aus, missversteht ihre Symbolik als Comicreferenzen. Nur fehlt damit gerade Batmans Sinnbild, sei es auch noch so penetrant in Szene gesetzt, jeder inhärente Sinn. Woran nicht einmal der dröhnende Score etwas ändern kann: Die Momente der Stille, welche Snyder noch so gezielt zu nutzen wusste - auch wenn man seinem Film, ob der ständigen Wackelkamera, vorwerfen kann, nie genügend zur Ruhe zu kommen -, zerbrechen in "The Flash" an der eigenen Belanglosigkeit.
Wo "Man of Steel" mittels Lensflares noch die narrative Bedeutung der Sonne betonen konnte, wo Synders Color Grading und Zweifarbigkeit seinem Film noch eine bleierne Schwere verlieh, mischen sich die Farben des Flashs ganz plakativ in das Graublau von Metropolis. Die Highlightfarben überlagern den Hintergrund, statt mit ihm in Wechselwirkung zu treten, können keinerlei Aussagekraft aus den Komplementärkontrasten ziehen. So räumlich wie die Motive in Snyders enormer Tiefenunschärfe wirkten, so flach, so gleichförmig erscheinen sie in "The Flash". Ein austauschbarer Background unästhetischer CGI-Bewegungen.

Ja, jede reproduzierte Szene aus "Man of Steel" beweist erneut, dass Muschietti jegliches Verständnis für Snyders Ästhetik fehlt. Seine Shots können weder ihren Vorbildern gerecht werden noch sind sie in der Lage, sich formal als etwas Eigenes zu emanzipieren. In "The Flash" sind Superhelden vollständig entweiht, ihrem Wert beraubt. Weil sie eben immer nur das sind, was wir ihnen zu sein erlauben.

"Man of Steel": 6,5 von 10 Enten.
"The Flash": 1 von 10 Enten.

The Flash Bewertung
Bewertung des Films
110

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1 Kommentar
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Entenverlag : : Moviejones-Fan
19.08.2023 13:17 Uhr
1
Dabei seit: 20.02.23 | Posts: 103 | Reviews: 21 | Hüte: 17

Nicht wundern, das ist dieselbe Kritik wie jene, die ich zu "Man of Steel" gepostet habe. Da ich beide Filme analysierend vergleichen wollte, habe ich den entstandenen Text bei beiden betreffenden Filmen mit der jeweiligen Wertung eingetragen. Eine bessere Lösung fiel mir nicht wirklich ein. xD

Naja, ich hoffe, die Analyse gefällt jenen, welche sie lesen, würde mich freuen uwu

"Je poetischer, je wahrer."
~Novalis

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