Bewertung: 4 / 5
Die Konstellation ist selten: Srdjan Dragojevic hat in den 80er-Jahren eine Ausbildung zum Psychotherapeuten gemacht. Danach wurde er Regisseur - und zwar durchaus mit dem Vorhaben, den neuen und den alten Beruf zu verquicken, um auf positive Weise manipulativ zu wirken. Die serbische Komödie Parada bringt homophobe Ex-Soldaten mit einer schwullesbischen Vereinigung zusammen, die in Serbien eine Demonstration organisieren will und Schutz braucht.
Schon schade, dass der Krieg vorbei ist. Das war eine tolle Zeit. Heldenzeit. Heute ist der ehemalige Soldat Micky Limun (Nikola Kojo) nur Chef seiner kleinen Sicherheitsfirma und Judolehrer. Unter der Dusche singt er fröhlich Lieder, die seine zweifelhafte Gesinnung und seine Vaterlandstreue unterstreichen. Die Kamera umkreist den trällernden Stiernacken, im Seifenschaum schillern die Tätowierungen, Erinnerungen an den Bosnienkrieg.
Während seine Verlobte Pearl (Kristina Popovic) mit Wedding Planer Mirko (Goran Jevtic) an den Hochzeitsvorbereitungen sitzt, geht Micky mit seinem angeschossenen Hund zum Tierarzt. "Wenn es mein Hund nicht schafft, wird es für dich auch eng" eröffnet er dem verschreckten Doktor Radmilo (Milos Samolov), der zufällig mit Mirko liiert ist. Bald werden die vier eine Zwangsgemeinschaft bilden: Weil Neonazis die von ihm mitorganisierte Gay-Pride-Parade bedrohen, bittet Radmillo todesmutig Micky um Geleitschutz. Der Regisseur lässt entspannt die Fäden zusammenlaufen, wechselt zwischen selbstverständlicher Ablehnung zu groteskem Witz, ohne sich nur in Slapstick-Momenten zu suhlen. Besonders Goran Jevtic sorgt für den Realitätschreck und vermeidet es nicht, traurige Wahrheiten auszusprechen.
Es gelingt eine entzückende, durchaus raue Annäherung der Fronten. Die Grenzen werden erweitert, Vorurteile aber längst nicht einfach beiseite gefegt, nur weil Micky und ein paar ganz alte Freunde die Parade beschützen. Der bei der Berlinale mit dem Panorama-Publikumspreis ausgezeichnete Film erhebt nicht den Zeigefinger, um vom zerrissenen Gebiet zu berichten. Der Regisseur mit dem psychologischen Hintergrundwissen macht kein Aufhebens um Serben, bosnische Muslime, Kosovo-Albaner und kroatische Kriegsveteranen. Er steckt sie in einen Sack und schaut, was passiert. Das ist Gesellschaftskritik mit Unterhaltungswert, einem intellektuellen Publikum aber zu wenig differenziert.
Parada bekommt 4 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Claudia Nitsche)
