Einigkeit und Gerechtigkeit sind bei der Justice League Programm. Die Realität für den einst am Projekt beteiligten Joss Whedon und seiner Darsteller erscheint demgegenüber nicht ganz so strahlend.
Neben den kürzlich getroffenen Aussagen vom bisherigen Batman-Darsteller Ben Affleck, stehen Wonder Woman Gal Gadot und Cyborg Ray Fisher an vorderster Front, wenn es um die Aufarbeitung der Geschehnisse am Justice League-Set geht. In den letzten Monaten haben sie wiederholt von systematischer Unterdrückung und einer toxischen Arbeitskultur unter Whedon gesprochen. Die entsprechenden Vorwürfe lassen sich unter anderem hier und hier nachlesen.
Nun äußerte sich Ersatz-Justice League-Regisseur Whedon in einem Interview mit dem New York Magazine zu den vorgebrachten Vorwürfen seiner ehemaligen Crew. Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass die dargebotenen Kommunikationsweisen durchaus verstörend wirken können!
"Ich misshandle keine Menschen" lässt der Regisseur die Leser wissen, als er auf Gadots Anschuldigungen reagiert. Die aufgeheizte Stimmung begründet er mit sprachlichen Missverständnissen, die aus seinen martialischen Sprachanwandlungen und Gadots fehlendem Muttersprach-Bezug resultiert seien.
Konkret sei es bei einer Diskussion über eine Szene zum Eklat gekommen, die Gadot für Justice League geschnitten haben wollte. Whedon hätte sie daraufhin wissen lassen, dass dies nur dann geschehe, "wenn sie seinen Körper an eine Zuggleise verfrachte und das über seinem toten Körper verrichte". Gadot habe die Situation fehlinterpretiert und verstand, dass "er ihre Leiche zu einer Gleise verfrachten werde, wenn sie den entsprechenden Schnitt wolle."
In der Zwischenzeit hat die israelische Schauspielerin den von Whedon geschilderten Gesprächshergang bestritten und teilt per Mail mit, dass sie ihn "perfekt verstanden" habe.
Für Cyborg-Darsteller Ray Fisher hat der Auftragsregisseur nur abfällige Worte übrig. Er sei wie betäubt gewesen, als er Fishers Vorwurf vernommen habe, dass er vorsätzlich den Teint des Schauspielers bei Justice League durch digitale Farbkorrektur angepasst habe. Diese Behauptung entspräche keinesfalls der Wahrheit. Um den Film einen insgesamt helleren Look zu verpassen, habe er aber in der Postproduktion nachgeholfen. Auch die vorgenommenen Einschnitte von Cyborg hätten nichts mit rassistischen Motiven gemein:
Die von Whedon persönlich vorgenommene Kürzung seiner Leinwand-Auftritte hätte viel mehr damit zu tun gehabt, dass Cyborgs Storyline unlogisch gewesen sei und Fishers Darbietung seinen Ansprüchen nicht genügt habe.
Whedon geht sogar noch einen Schritt weiter, wenn er sagt, dass keine der von Ray Fisher getroffenen Aussagen der Wahrheit entspräche und sie es demnach nicht wert seien, dass man diese überhaupt diskutiert. Abschließend tituliert der Justice League-Regisseur ihn als schlechten Schauspieler im doppelten Sinne und agitiert damit offensichtlich nicht nur seine beruflichen Fähigkeiten, sondern auch seine moralische Einstellung. Lest auf Seite 2, was Whedon über Zack Snyder zu sagen hat...
Zu guter Letzt bezichtigt Joss Whedon in seinem Interview die Fans von Snyder und Fisher, dass diese eine Kontroverse um seine Wenigkeit gestrickt haben, die ihn zum Bösewicht des Projekts stilisierte. Für den Regisseur sei es ironisch zu beobachten, dass die Anfänge des Internets ihn groß gemacht hätten und er nun vom modernen Internet niedergestreckt wurde. Das New York Magazine hält außerdem fest, dass Whedons Eindruck durch erfolgte Test-Screenings bestätigt werden kann. Der ursprüngliche Cut von Justice League mit Fishers Auftritten sei schlicht nicht überzeugend genug gewesen.
Auf die abwertenden Worte Whedons reagierte Ray Fisher übrigens schon mit einem bissigen Twitter-Kommentar:
Looks like Joss Whedon got to direct an endgame after all…
— Ray Fisher (@ray8fisher) January 17, 2022
Rather than address all of the lies and buffoonery today—I will be celebrating the legacy of Reverend Dr. Martin Luther King Jr.
Tomorrow the work continues.#MLKDay
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Durch Fishers und Gadots vorgebrachte Anschuldigungen wurde seitens Warner Bros. im letzten Jahr eine umfassende Untersuchung zum Vorgehen Whedons eingeleitet: So besätigte etwa der Cast von Whedons Buffy - Im Bann der Dämonen, dass das Set eine "toxische Umgebung" gewesen sei. Mittlerweile ruhen sämtliche Projekte des einstigen Wunderkinds. Auch beim HBO-Projekt The Nevers musste er den Posten des Showrunners aufgeben. Demgegenüber kehrt Ray Fisher nicht mehr als Cyborg im kommenden The Flash auf die Leinwand zurück.
Das alles scheint ganz schön harter Tobak für eine Verfilmung, die mittlerweile fünf Jahre zurückliegt. Wie sich allerdings zeigt, scheint das letzte Wort in der Auseinandersetzung zu Justice League noch längst nicht gesprochen zu sein... Fragwürdig bleibt bei alledem, ob eine andere Form der Aufarbeitung nicht anzuraten wäre.