Bewertung: 5 / 5
Achtung: Hier handelt es sich mehr um eine Kombination aus Kritik und Special zu Star Trek – Der Erste Kontakt. Auch wenn nicht sämtliche Handlungsstränge bis ins kleinste Detail beschrieben wurden, hier die Spoilerwarnung!
Nach den beiden grandiosen Filmen Star Trek II – Der Zorn des Khan und Star Trek VI – Das Unentdeckte Land gehört Star Trek – Der Erste Kontakt, als achter Teil der Kinofilmreihe, ebenfalls in den Bund meiner, mit voller Punktzahl bewerteten, liebsten Star Trek Filme.
Trailer zu Star Trek 8 - Der erste Kontakt
Nachdem die "alte Crew" um Captain Kirk mit dem Ende des sechsten Teils in die wohlverdiente Rente geschickt und das Zepter im siebten Teil (Star Trek - Treffen der Generationen) etwas holprig in die Hände der Besatzung des "Nächsten Jahrhunderts", übergeben worden war, durften Captain Picard (Patrick Stewart) und Co. nun endlich ihr erstes, eigenes großes Abenteuer bestreiten. Auch hier setzte der Film die Tradition der "besseren Episoden mit gerader Nummer" (2, 4, 6 und hier 8) fort. Nachdem die Fans im siebten Teil noch eine klassische Zeitreise-Story im Stile der Raumschiff Enterprise – Das Nächste Jahrhundert Episode "Die Alte Enterprise" erwarteten, in der die beiden Captains (Kirk & Picard) mit ihren Schiffen aufeinander treffen, wurde eine Story entwickelt, die zwar auch irgendwie funktionierte, aber letztlich mehr als Fan-Service zu begreifen war.
Mit Der Erste Kontakt konnte man sich nun endlich wieder auf die alten Stärken konzentrieren. Die Enterprise-Mannschaft im 24sten Jahrhundert ist uns über sieben Serien-Staffeln ans Herz gewachsen und muss nicht weiter vorgestellt werden. Der Film kann grundsätzlich auf eigenen Beinen stehen, aber es ist dennoch nicht verkehrt, sich ein wenig im Star Trek Universum auszukennen, da viele Handlungen und Nebenhandlungen aus verschiedenen Serien und des Vorgängerfilms aufgegriffen werden und entweder fortgeführt, oder wiederbelebt werden.
Hier ist Vorwissen empfohlen (aber nicht vorausgesetzt)
Der Hauptplot dreht sich rund um einen der größten Feinde der Föderation: Die Borg – eine kybernetische Lebensform, halb Humanoid, halb Maschine. Aus zahlreichen Episoden der Serie Raumschiff Enterprise – Das Nächste Jahrhundert und Star Trek – Voyager bekannt, kommt es hier zum großen Showdown. Wichtig ist, dass die Borg ein kollektives Bewusstsein haben, sich Technologien anderer Spezies durch Eroberung aneignen und die Lebewesen "assimilieren" – vergleichbar mit Vampiren, Zombies, etc. Dadurch eignen sie sich auch das Wissen anderer Spezies an, was sie zu einer extrem effizienten und gefährlichen Lebensform in der Galaxis macht. Interessant ist hierbei, dass Captain Picard bereits einmal assimiliert wurde und von seiner Besatzung gerettet werden konnte (Folge In den Händen der Borg am Ende der dritten Staffel und Cliffhanger zu Angriffsziel Erde am Anfang der vierten Staffel). Dies, und die Tatsache, dass Picard noch Erinnerungen aus jener Zeit besitzt, und somit wichtiges Wissen bezüglich der Borg, sind praktisch der "MacGuffin" des Films.
Ein alter Bekannter stößt auch wieder zur Crew der Enterprise hinzu: Der Klingone Worf (Michael Dorn). War er zu Zeiten der Serie Das Nächste Jahrhundert noch der taktische Offizier auf der Enterprise, wurde er kurzerhand nach Ende der siebten Staffel auf die Raumstation Deep Space Nine versetzt, deren Serie durch seine Anwesenheit nochmals deutlich an Qualität gewinnen konnte. Mit dem "tapferen kleinen" Schiff USS Defiant darf Worf dann auch in das Geschehen in Der Erste Kontakt eingreifen und schließlich seinen Dienst an Bord der Enterprise wieder aufnehmen.
Auch ein anderer Serien-Bekannter bekommt einen Kurzauftritt auf der Enterprise: Der Holo-Doc (Robert Picardo), bekannt aus der Serie Star Trek – Voyager. Selbstverständlich ist er nur eine Kopie, des standardmäßigen "medizinischen Notfallprogramms" das nunmehr auf jedem Schiff der Föderation installiert zu sein scheint, dennoch ist es ein willkommenes Wiedersehen, da er bereits auf der Voyager sein ungewollt humoristisches Talent unter Beweis stellte.
Mit dem standardmäßigen "medizinischen Notfallprogramm" a.k.a. Holo-Doc kommen wir zu einigen anderen evolutionären Weiterentwicklungen: Das Vorgängerschiff, die USS Enterprise NCC 1701-D, wurde im siebten Teil geschrottet und ein neues, moderneres Schiff wird in Dienst gestellt. Vom Design her ähnelt es tatsächlich wieder eher der alten Raumschiffe mit dem Namen Enterprise, mit dem Unterschied, dass das Schiff mit der Registrierung "E" etwas schnittiger daher kommt. Große Neuerung: Es gibt neue Torpedos. Wurde bisher noch mit den guten alten Photonentorpedos geschossen, so dürfen jetzt auch Geschosse mit dem wohlklingenden und beinahe schon martialisch anmutenden Namen "Quantentorpedos" Richtung Gegner geschleudert werden. Ich persönlich habe mich direkt in diese neue Waffe verliebt, schon des Namens wegen – der geht einfach geschmeidiger von der Leber.
Weitere Evolution technischer Natur erfuhren Chefingenieur Geordi La Forge (LeVar Burton) und "Pinocchio" (bzw. Androide) Commander Data (Brent Spiner). Nach neun Jahren darf der blinde Geordi sein "Visor" (der nicht nur aussah, wie eine Haarspange) gegen Implantate austauschen. Ein tolles Spielzeug, wenn man Fernglas, Spektral-, Wärme- und Nachtsichtkamera direkt in den Augen eingebaut hat. Commander Data machte den großen Schritt in Richtung "Echter Junge" bereits im siebten Film, indem er sich einen sogenannten Emotions-Chip einsetzte, allerdings hatte er mit Nebenwirkungen und bautechnischer Probleme zu kämpfen. Mittlerweile darf er ganz komfortabel selbst bestimmen, welche Emotionen er, wann, fühlen will.
Zu guter Letzt bekamen auch die Borg ein Upgrade, welcher sowohl gut, als auch schlecht ist. Hatte man bislang angenommen, dass die Borg tatsächlich ein Kollektives Individuum sind – das als großes ganzes wirkt und zusammenarbeitet, so wird man in Der Erste Kontakt eines besseren belehrt. Es bleibt zwar beim "Kollektiv", es gibt jedoch eine Art "Brain Bug" (siehe Starship Troopers), die Borg-Königin (Alice Krige), die alle Drohnen koordiniert. Die eigentlich tolle Grundidee eines autonomen, redundanten Netzwerks aus eben diesem Kollektivbewusstsein, wird somit ad absurdum gebracht. Wird eine Drohne ausser Gefecht gesetzt, wird sie mit allen Fähigkeiten und demselben Wissen durch eine andere Drohne ersetzt. Stirbt jedoch die Königin in diesem Master-Slave-Konstrukt, bricht die gesamte Ordnung zusammen. Einzig durch die geniale Darstellung der Borg-Königin und der tolle Twist, zwischen ihr und der Besatzung, kann dieses Dilemma mehr als ausgeglichen werden.
[EDIT: Unser User MD02GEIST hat darauf hingewiesen, dass diese "Master-Slave-Annahme" zwar impliziert wird, jedoch nicht ganz der Wahrheit entspricht, da die USS Voyager auch nach dem Ersten Kontakt noch auf die Borg und eine Borg-Königin trifft. Genau genommen ist es nicht ganz klar, was aus den übrigen Drohnen auf der Enterprise passierte, nachdem die Königen getötet wurde.]
Die Entstehung
Rick Berman war als Producer wieder an Bord, sowie die beiden Autoren Brannon Braga und Ronald D. Moore, die bereits das Drehbuch für Treffen der Generationen beigesteuert hatten. Da Jonathan Frakes (William Riker) sehr viel Star Trek Erfahrung, nicht nur vor der Kamera, vorzuweisen hatte, wurde er kurzerhand als Regisseur verpflichtet – sicherlich auch nicht zuletzt, da er eine entsprechend geringe Gage verlangte. Dies sollte Frakes` erster abendfüllender Kinofilm werden. Als Besatzung konnte die gesamte Belegschaft aus der Serie gewonnen werden und der Soundtrack wurde einmal mehr von Jerry Goldsmith, der die Musik bereits im ersten Film, sowie im fünften Kinoabenteuer schrieb, komponiert – und eine wunderbare Arbeit ablieferte.
Im Grunde ist Star Trek – Der Erste Kontakt eine Zusammenfassung der besten Handlungsplots aus vergangenen Star Trek Filmen: Zeitreisen und Moby-Dick. Dazu gesellen sich die größten Feinde der Föderation: Die Borg. Mehrere Genre werden hier zusammen gewürfelt: Science Fiction, Endzeitdrama (die Zeitreise führt die Enterprise geradezu in die post-apokalyptische Zeit nach dem dritten Weltkrieg), Rache-Thriller, Action und sogar Horror – so wurde Jonathan Frakes beispielsweise durch die Alien Filme und sogar Der Weiße Hai inspiriert. Da Patrick Stewart gegen eine Romanze seiner Figur war (zu unrealistisch ^^), wurde dieses Genre unter den Tisch fallen gelassen.
Die Effekte
Zum ersten Mal kam in Star Trek – Der Erste Kontakt auch eine CGI-Version des Raumschiffs Enterprise zum Einsatz. Zum größten Teil wurden die Effekte durch George Lucas` Effektschmiede Industrial Light and Magic produziert. Die hohe Qualität ist durch den gesamten Film erkennbar, so wurde zum Beispiel ein Spaziergang auf der Außenhülle des Raumschiffs ein besonderer Augenschmaus. Die Interkontinentalrakete, die als Unterbau für das erste Warpschiff dient ist tatsächlich eine ausgediente Atomrakete, die mitsamt dem Raketensilo in einem Museum in Arizona zu bewundern ist. Für den Film wurde lediglich eine entsprechende Kapsel gebaut und auf die Spitze der Rakete montiert. Für den entstehenden Rauch beim Start jener Rakete, wurde ein CGI-Partikelsystem wiederverwendet, welches ursprünglich für den Film Twister entwickelt wurde.
Gerade durch die Kombination aus CGI-Effekten, realen Modellen und Kulissen erzeugt der Film ein intensives Mittendringefühl, das einfach mitreist. Ein besonderes "Schmankerl" ist die Raumschlacht zu Beginn des Films, die schon beinahe an eine Schlacht im Star Wars Universum erinnert. Bei all dem Gewusel ist dann auch ein kleiner Cameo von Han Solos Millennium Falcon nicht verwunderlich.
Auch die Inszenierung der Borg-Königin ist eine Augenweide. Als einzige Borg im gesamten Kollektiv besitzt sie keine Implantate im Gesicht, dafür besteht ihr humanoider Teil lediglich aus Kopf, Schultern und Wirbelsäule. Der Rest des Körpers ist praktisch eine steuerbare Maschine, von der sie sich komplett entkoppeln kann. Ein damals tricktechnisches Meisterwerk, das auch heute noch zu überzeugen weiß.
Die Musik
Im ersten Star Trek Kinofilm konnte Jerry Goldsmith bereits dem Franchise seinen persönlichen Stempel aufdrücken. Die bekannte Melodie, die später auch als Intro einer jeden Raumschiff Enterprise – Das Nächste Jahrhundert Episode genutzt wurde, darf man spätestens im Abspann jedes Films mit Goldsmith-Score hören. Gerade durch den Einsatz in der Serie ist diese Musik quasi ein Bestandteil, eine Hymne der Crew um Captain Picard geworden, auch wenn der eigentliche Score in den Kinofilmen ein anderer ist. Aber auch hier konnte Goldsmith einmal mehr Akzente setzen. Bombastische Hornfanfaren geleiten uns in die Handlung des Films. Bedrohliche elektronische Musik begleiten die Borg und der klassische "Klingonen-Sound" führt Worf in die Handlung ein. Als Fan der Filme und Serien fühlt man sich praktisch wie zu Hause.
Der Plot
War es bei Star Trek II – Der Zorn des Khan noch der Antagonist, der in die "Captain Ahab Rolle" aus Herman Melvilles Moby-Dick schlüpfte, darf dies in Der Erste Kontakt der Held selbst machen. Mehr noch als im zweiten Kinofilm werden hier die Verbindungen geknüpft. Captain Jean-Luc Picard, der vor Jahren von den Borg assimiliert, sprich "verletzt", wurde, wird bei jenem Ereignis im achten Kinofilm, in dem die Borg die Erde angreifen mitsamt Schiff und Besatzung abkommandiert, um irgendwelche langweiligen Messungen am Rande des Föderationsgebietes durchzuführen – jetzt, da die Menschheit in einer großen Schlacht am Rande des Untergangs steht.
Schweigend lauscht die Brücken-Crew der Funkübertragung der Schlacht. Es scheint ein Gemetzel zu sein, das niemand überleben wird, bis die Übertragung durch die typische Borg-Ansprache überlagert wird:
"Wir sind die Borg. Deaktivieren sie Ihre Schutzschilde und ergeben sie sich. Wir werden ihre biologischen und technologischen Charakteristika den unsrigen hinzufügen. Ihre Kultur wird sich anpassen und uns dienen. Widerstand ist zwecklos!"
Alleine diese drei Worte: "Widerstand ist zwecklos!" (engl. "resistance is futile"), werfen den Star Trek Fan direkt ins Geschehen. Ähnlich, wie solch prägnante Sätze, wie "Möge die Macht mit Dir sein", "Hasta la vista, baby", "Wir werden ein größeres Boot brauchen", "Yippie-Ya-Yeah, Schweinebacke" oder "Lebe lang und in Frieden", die so unverwechselbar mit ihren entsprechenden Filmen verbandelt sind und längst den Einzug in die Umgangssprache erhalten haben, sind die Worte "Widerstand ist zwecklos" mit dem Nächsten Jahrhundert von Star Trek verbunden. Die Borg, die sich ihrer Überlegenheit – zu Recht – so sicher sind, lassen gar keine andere Annahme zu, als die Niederlage, dass sie von ihren Gegnern die direkte, kampflose Kapitulation erwarten. Der Wiederstand ist zwecklos.
Aus diversen Konfrontationen in vergangenen Folgen der Serie, sind wir uns der großen Gefahr wohl bewusst, die da draußen lauert. Ironischer Weise ist Captain Picard, den die Sternenflotte, gerade wegen seiner Erfahrungen mit den Borg, aus der Schlacht heraushalten will (wie zurechnungsfähig ist ein Raumschiffkommandant, der möglicherweise Rachegelüste hegt?), die einzige Chance Herr über diese Schlacht zu werden. Er kennt die Borg. Er weiß, wie sie ticken und wie und wo man sie verletzen kann. Nach eben dieser "Borg-Ansprache" wird kurzerhand die Entscheidung in eigene Hände genommen: Sowohl Picard, als auch der Rest der Enterprise-Besatzung, die entschlossen ihre Heimat verteidigen will, machen sich auf den Weg, in der Schlacht zu intervenieren.
Ab jetzt überschlagen sich die Ereignisse und der Film nimmt Fahrt auf. Die Schlacht ist in vollem Gange. Euphorie keimt beim Zuschauer, wenn sich die Enterprise geradezu majestätisch, begleitet durch die heroische, musikalische Fanfare, in das Schlachtengetümmel stürzt. Tatsächlich kann die Schlacht unter Picards Führung zu Gunsten der Föderation gedreht werden. Diese Erkenntnis nehmen die Borg zum Anlass, ihre Strategie zu ändern. Mit einem "Rettungsboot" gelingt ihnen die Flucht und eine Zeitreise in die Vergangenheit: Das 21ste Jahrhundert. Das Ziel: Die Erde assimilieren, bevor der erste Warp-Flug durchgeführt wird, der dafür sorgt, dass die Vulkanier den Ersten Kontakt mit den Menschen herstellen – was wiederum Grundstein für die Entstehung der Föderation ist. Grundsätzlich haben die Borg sogar Erfolg – dies bestätigen die Sensoren der Enterprise. Dass die Enterprise dennoch weiter existiert und ihre Crew nicht assimiliert ist, verdanken wir einem kleinen, aber nicht minder genialen Kniff im Drehbuch: Durch die Verfolgung der Borg wird die Enterprise ebenfalls in den Zeitstrudel gezogen, der Schiff und Besatzung vor der Änderung der Zeitlinie schützt.
Kurz bevor das Warp-Schiff "Phoenix" zerstört werden kann, gelingt es der Enterprise die Borg aufzuhalten. Allerdings können sich die Borg vorher noch an Bord der Enterprise beamen und ein spannender Wettlauf beginnt: Schafft es die Enterprise-Besatzung, Zefram Cochrane (James Cromwell), den Erbauer der Phoenix, dazu zu bringen, sein Schiff zu starten, bevor die Enterprise komplett assimiliert und somit in den Händen der Borg ist?
Gerade zu Beginn dieses Rennens, als die Crew der Enterprise noch gar nicht realisiert hat, dass die Borg an Bord sind, wird die Inspiration des Films Der Weiße Hai deutlich. Das Netz eines umfangreichen, schmalen Tunnelsystems auf dem Schiff - sogenannte "Jefferies-Röhren" - repräsentiert den Ozean, in dem ein Crewmitglied nach dem anderen "weggeschnappt" wird. Ähnlich, wie im Weißen Hai denkt man sich "Nein, geh` lieber nicht ins Wasser!", wenn sich wieder eine Person der Öffnung einer Jeffries-Röhre nähert. Eine schweißtreibende Spannung wird aufgebaut, obwohl – oder gerade weil man nicht sieht, wer der Gegner ist und was mit jenen Menschen passiert.
Als dann die bittere Gewissheit eintritt, dass die Borg sich auf dem Schiff einnisten, wird die Spannung ins Unermessliche getrieben. Die engen Korridore in Kombination mit perfekter, in grün gehaltener Lichtsetzung im Bodenbereich, vermittelt, untermalt mit der düsteren Synthesizer-Musik, ein unbehagliches, klaustrophobisches Gefühl. Obwohl die Borg nicht hektisch agieren strahlen sie eine unglaubliche Gefahr aus. Dies rührt nicht nur von ihrem Erscheinungsbild her, sondern vor allem auch durch eine Art Schutzschild, den jeder einzelne besitzt. Anfangs noch wirkungslos, stellen sich die Schutzschilde mit der Zeit auf die "Modulationen" der Phaser-Gewehre der Crewmitglieder ein, womit sie letztlich nur noch mit physischer Gewalt abgewehrt werden können. Zum aller ersten Mal erfahren wir auch, wie die Borg die Menschen assimilieren. Es ist tatsächlich dem Verhalten von Vampiren nachempfunden: Ähnlich, wie Vampire ihre Fangzähne, treiben die Borg kleine Schläuche in den Hals ihrer Opfer. Hier wird allerdings kein Blut gesaugt, sondern "Nanobots" bzw. "Naniten" (mikroskopisch kleine Roboter) in die Blutbahn gepumpt, die umgehend die Veränderungen an den jeweiligen Organismen in Gang setzen. Wurden die lethargisch, assimilierten Menschen früher einfach nur "weggeführt", so erfährt dieser Vorgang des Assimilierens nun eine viel intensivere Note und die Szene wirkt deutlich bedrohlicher und schockierender, als je zuvor.
Der Moralische Konflikt und andere Charakterentwicklungen
Mit ihrer humoristischen Ader bekommt Counselor Deanna Troi (Marina Sirtis) noch eine relativ kleine Charakterentwicklung in Der Erste Kontakt. Durfte sie in vergangenen Folgen der Serie maximal "fühlen", was andere empfinden, gehört sie im achten Kinofilm zur Bodencrew, die Zefram Cochrane ausfindig machen und ihm ins Gewissen sprechen soll, so schnell wie möglich seinen Warpflug zu absolvieren. In diesem Unterfangen entwickeln sich die aberwitzigsten Situationen, die aber nie ins Lächerliche abgleiten. Überhaupt bietet der Film einige lustige Momente, die jedoch nur dazu dienen, dem angespannten Zuschauer zwischendurch eine kleine Pause zu gönnen, bevor der nächste Blutdrucktreiber gezündet wird. So sind die Szenen auf der sonnigen Erde meistens die willkommene Abwechslung zu den Kämpfen in den düsteren Gängen der Enterprise. Cochrane gewinnt als wahrer Antiheld unsere Sympathie. Während er von den Besatzungsmitgliedern der Enterprise als der große Pionier der Raumfahrt gefeiert wird, will er mit seinem Flug doch einfach nur stinkreich werden. Diese Sichtweise soll sich während des Films zumindest ansatzweise ändern.
Eine wahrlich tiefgreifende Entwicklung macht jedoch Captain Picard durch. War er bisher das seriöse, stets korrekte Aushängeschild der Föderation, entwickelt er sich hier zum krassen Gegenteil.
"Und er bürdete dem Buckel des weißen Wals die Summe der Wut und des Hasses der ganzen Menschheit auf. Wäre sein Leib eine Kanone, er hätte sein Herz auf ihn geschossen."
Gegen Ende des Films zitiert Picard aus Melvilles Moby-Dick, nachdem er von Lily Sloane (Alfre Woodard), Cochranes Assistentin aus dem 21sten Jahrhundert, auf seine blinde Wut hin zur Rede gestellt wird. Captain Picard ist Ahab und die Borg der Weiße Wal. Er wurde damals assimiliert. Er musste Qualen durchleben – und dabei schien er im großen Ganzen Borg-Kollektiv nur ein kleines Rädchen im System. Ein Nichts, ohne jegliche Individualität. Die Borg, ein Virus, das sich unaufhaltbar ausbreitet und alles zur Strecke bringt, was sich ihm in den Weg stellt. Die Borg-Königin nennt diese Eroberung, diese Gleichschaltung aller Lebewesen und Technologien "Ordnung ins Chaos bringen". All diese Arroganz und die Gleichgültigkeit des Individuums gegenüber, all der Schmerz, den die Borg ganz nebenbei verbreiten und all die Belanglosigkeit, die den Humanoiden entgegen schwappt, schürt den unsagbaren Hass in Picard. Er ist derjenige, der eine persönliche Rechnung mit den Borg offen hat! Er ist der Erlöser! Wenn irgendjemand die Borg stoppen kann… dann er!
"Und ich, ich werde sie bezahlen lassen für ihre Taten!"
Damit handelt er den großen Idealen, die er kurz zuvor noch Lily schilderte, zuwider. Die Menschheit des 24sten Jahrhundert, die sich weiter entwickelt habe – zu eben jener idealistischen Vision, die Gene Roddenberry bei der Schöpfung von Star Trek hatte. Es gibt kein Geld mehr. Es gibt keine Rachegelüste. Waffen dienen nur noch der Verteidigung. Sämtliches Handeln sollte der Forschung und Wissenserweiterung dienen.
Hier wird einmal mehr klar, dass der Mensch doch "nur Mensch ist" – egal wie komfortabel sein Leben geworden ist.
Picard geht auf seinem Rachefeldzug einen moralisch höchst bedenklichen Weg. Das Schiff in die Luft zu sprengen und die gesamte Besatzung im 21sten Jahrhundert stranden zu lassen, kommt für ihn zunächst nicht in Frage. So wird sein Weg zur "Rückeroberung" des Schiffs mit Leichen gepflastert. Auf seinen Befehl hin sollen bereits assimilierte Crewmitglieder rücksichtslos getötet werden: "Glauben Sie mir, sie tun ihnen einen Gefallen". Ein Befehl, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, von einem Mann, dem man eine solche Anweisung nie zugetraut hätte. War es doch gerade er, der von seiner eigenen Crew von den Borg befreit und gerettet wurde. Star Trek erfährt einen neuen, düsteren Höhepunkt.
Commander Datas Eltern
Man muss kein Genie sein, um zu wissen, dass ein Androide, wie Commander Data, keine Eltern haben kann – lediglich, was der Beschreibung am nächsten käme, einen Erbauer. Wie der eingefleischte Star Trek Fan natürlich weiß, wären nach dieser Definition die beiden Wissenschaftler Noonien und Juliana Soong Datas Eltern.
In Der Erste Kontakt bekommen wir jedoch eine ganz andere Herangehensweise an dieses Thema. Während zwischen Captain Picard und Data praktisch eine Vater-Sohn-Beziehung postuliert wird, scheint die Borg-Königin zu Data in eine Art Mutter-Sohn-Beziehung gerückt zu werden. Wie ein Schatten schützt Data seinen Vater, den Captain. Als er von den Borg gefangen genommen wird, wirkt die Familienbande, durch den Ruf Datas im Geiste Picards, noch intensiver. Picard fühlt sich verantwortlich für Data, mehr noch, als für die anderen Besatzungsmitglieder. Er muss seinen Jungen retten.
Auf der anderen Seite haben wir die Borg-Königin, deren dominantes Auftreten, sicher nicht unbegründet, teilweise an eine Femme fatale erinnert. Mit Data hat sie ein Individuum in ihrer Gewalt, das für sie bislang ungewohnt war. Ein Androide, der nicht lebendig ist und dennoch Emotionen fühlen kann. Er kann weder technologisch, noch anatomisch assimiliert werden. Die Lösung liegt auf der Hand: Sie muss Data "Leben einhauchen" – wie es eine Mutter tut. Sukzessive wird Datas künstliche Haut durch echte Haut, Blut- und Nervenbahnen ersetzt, was ihm zum ersten Mal wahre Gefühle erleben lässt: Tastsinn, Gänsehaut, Schmerz!
"Schauen Sie sich an! Da stehen Sie und drücken das neue Fleisch an sich, das ich ihnen geschenkt habe. Wenn es ihnen nichts bedeutet, warum schützen Sie es dann?"
Die Borg-Königin schenkte ihm das Leben und Data war versucht, sie als Mutter zu akzeptieren – wenn auch nur 0,68 Sekunden lang – "… für einen Androiden ist das fast eine Ewigkeit".
Fazit
Der achte Teil der Kinofilmreihe ist für mich gleichzeitig der beste Film mit der Besatzung der Raumschiff Enterprise – Das Nächste Jahrhundert Serie. Der Film hat ein merklich höheres Tempo, als vorherige Star Trek Filme und bietet durch den Genre-Mix für jeden etwas. Die Story kommt dabei nicht zu kurz. Hier werden so viele spannende Entwicklungen und Twists in eine tolle Zeitreise-Handlung gepackt, dass man diverse Logik-Probleme, bedingt durch die Zeitreise-Paradoxien, problemlos verschmerzen kann. Die sympathischen Darsteller hatten sichtlich ihren Spaß an den jeweiligen Rollen und reißen den Zuschauer geradezu in ihre Welt. Besonders hervorzuheben wären Alice Krige und Patrick Stewart, die eine nahezu perfekte Performance ablieferten.
Gespickt mit einer Prise gut getimten Humor, umrahmt durch den grandiosen Goldsmith-Soundtrack und eingefangen durch die hervorragende Kameraarbeit von Matthew Frank Leonetti erhält Star Trek – Der Erste Kontakt von mir 10/10 Rothemden, bzw. 5/5 Pillen.