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Der Leuchtturm

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Der Leuchtturm Kritik

Der Leuchtturm Kritik
23 Kommentare - 01.12.2019 von MB80
In dieser Userkritik verrät euch MB80, wie gut "Der Leuchtturm" ist.
Der Leuchtturm

Im späten 19. Jahrhundert setzt Ephraim Winslow (Robert Pattinson) als Gehilfe mit einem rätselhaften, leicht reizbaren Seebären (Willem Dafoe) zu einer kleinen felsigen Insel an der Spitze Nova Scotias über, um eine vierwöchige Schicht als Leuchtturmwärter anzutreten. Dort angekommen wird schnell klar, dass die beiden Männer wenig verbindet, und sie beide ihre eigenen Prioritäten bei der Verrichtung ihres Dienstes haben. Während Winslow versucht, seine Arbeit einfach zuverlässig zu machen, fühlt er sich mehr und mehr von seinem herrschsüchtigen Kollegen bedrängt, welcher zu allem Ungunsten noch eine unheimliche Affinität zum Leuchtfeuer des Turmes entwickelt zu haben scheint. Isoliert und bald erheblich alkoholisiert nehmen Misstrauen und Paranoia bald Überhand.

Der Leuchtturm ist eine Adaption der nie fertig gestellten Kurzgeschichte "The Light-House" eines gewissen Edgar Allan Poe durch Robert Eggers, der durch den hochgelobten The VVitch 2016 bereits ein klares Signal auf dem Radar hinterließ. Sein Folgeprojekt ist interessanterweise kein direkter Horrorfilm, sondern eher eine nicht klar zu klassifizierende "Buddy-Horror-Seemannsgarn-Komödie" mit offensichtlichem Lovecraft-Flair. Ein schicker Alternativtitel wäre auch "Pattinson vs Dafoe: At the (sexy) Lighthouse of Madness" gewesen (und ja, das ist der zweite schräge Film mit eindeutigen Sex-Inszenierungen dieses Jahr, in dem der Pattinson glänzt).

Trailer zu Der Leuchtturm

Schon am Anfang wird klar, dass Eggers offenbar ein echtes Talent für das Medium Film hat: in wunderbarem, kontrastreichem schwarzweiß und einer altmodischen 1.19 : 1 aspect ratio gefilmt fängt der Film die Ästhetik des vergangenen Zeitalters (oder besser unsere Vorstellung davon, die Welt war damals ja schon farbig) und die Beklemmung auf dem Eiland perfekt ein. Ähnlich wie bei The VVitch wird dies noch durch die Verwendung des damals gängigen Dialektes und Redewendungen verstärkt, sodass man von einem vollkommen eindringenden (immersive) Kinoerlebnis reden kann (aus genau dem genannten Punkt würde ich sogar, anknüpfend an eine kürzliche Diskussion, unbedingt den Genuss in OV mit original Untertitel empfehlen). Eggers hat außerdem ein paar Tricks auf Lager: wegen seinen perfekt zentrierten Einstellungen wurden bereits beim Erscheinen von The VVitch ein paar Vergleiche zu Kubrick gemacht, und diese finden in diesem Film eine Fortsetzung, allerdings diesmal auch gepaart mit einer gewissen Distanz zu den Charakteren. Das soll nicht heißen, dass diese schwach geschrieben wären, aber der Mangel an vermittelter Sympathie hilft dabei, die aufkommenden Paranoia zu intensivieren, da man sich als Zuschauer nicht so recht auf eine Seite stellen kann. Gleich am Anfang gab es eine Einstellung, die mich an eine ähnliche aus seinem letzten Film erinnerte: Pattinson und Dafoe starren eindeutig in die Kamera, sodass man gleich einen "fourth-wall-break" erwartet. Stattdessen schneiden wir zum abfahrenden Versorgungsschiff, aufgrund der Perspektive bleib es aber mehr als fraglich, ob dieses auch wirklich die Aufmerksamkeit der beiden auf sich gezogen hat. Bei The VVitch gab es eine vergleichbare Szene am Anfang, in der die Familie die Siedlung verlässt: die Kamera filmt rückwärts aus dem Wagen auf die schließenden Tore, nur dass wir in der Einstellung danach sehen, dass alle Familienmitglieder auf dem Wagen sitzen. Die Perspektive war die eines weiteren Mitreisenden. Die Szene aus dem Leuchtturm spiegelt diese Szene: Beiden Wärtern ist bewusst, dass sie noch etwas anderes zur Insel mitgebracht haben, aber sie sprechen es vor dem anderen nicht aus.

Wenn The VVitch ein sehr femininer Film über das (abstrakte) Erwachsenwerden der Tochter war, und seine zentralen Themen Selbstzweifel und Misstrauen waren, dann ist Der Leuchtturm ein ausgesprochen maskuliner Film über zwei Männer, die sich gegenseitig überlassen wurden. Das Thema des Misstrauens nimmt starke paranoide Wendungen, und der Versuch der beiden, Macht über einander zu erringen, ob physisch oder durch Wissen über den anderen, nimmt die zentrale Rolle ein. Eggers schichtet langsam und abwechselnd Seemannsgarn, Legenden und ihre jeweilige Herkunftsgeschichte, die die beiden sich erzählen, übereinander, und schmeckt das Ganze mit den scheinbaren Wahnvorstellungen die Winslow schon bald heimsuchen ab. Ein wirklicher roter Faden ist in der Erzählung auf ersten Blick nicht zu erkennen, was aber durchaus kalkuliert sein kann. Wenn die beiden kurz davor sind, den Verstand zu verlieren, sind wir es auch.

Aber was wäre ein klaustrophobisches Kammerspiel ohne die beiden zentralen Darsteller, und es freut mich schreiben zu können, dass sich Pattinson und Dafoe mit überbordender Energie in ihre Rollen werfen. Würde man Set-Fotos mit den beiden entsprechend altern lassen, könnte man diese auch leicht als "antik" verkaufen. Defoe sah schon immer wie ein grummeliger Seebär aus, ihn in schwarz-weiß zu filmen und möglichst oft furzen zu lassen war für Eggers offensichtlich eine natürliche Wahl. Jede Nuance der beiden ist eigentlich perfekt, von besoffener Kameraderie bis zu mörderischem Wahnsinn, sodass man eigentlich auf Auszeichnungen wetten müsste wenn es sich nicht um so einen kleinen Release handeln würde. Die Ausstattung ist minimalistisch-authentisch, die Horroreffekte angenehm grotesk-abstoßend, und die ganze Inszenierung wird von einem düsteren, atmosphärischen Soundtrack untermalt. Das gesagt sollte man allerdings noch, wie anfangs angedeutet, erwähnen, dass der Film überraschend humorvoll und witzig ist. Es handelt sich dabei allerdings um eine bestimmte Art von abstrusem, vollkommen trockenem Humor, der sich hervorragend in die Situation einbettet.

Wenn man dem Film etwas vorwerfen kann dann, dass er sich vielleicht etwas übernimmt, und nicht alles komplett ausarbeitet. So fügen sich die beiden letzten, offen gesagt phantastisch gefilmten Szenen schön in die Anspielungen auf die Sage von Prometheus ein, und Winslows scheiternde Ambitionen passen von der Handlungsweise auch gut hier rein, aber man wird auch das Gefühl nicht los, dass Eggers einfach viel an die Wand schmeißt um zu sehen was hängenbleibt. Nichts desto trotz ist Der Leuchtturm ein voll realisierter Fiebertraum, den man am liebsten direkt nochmals sehen will, und der sich im Kopf der Zuschauer manifestiert wie attraktive Meerjungfrauen in Robert Pattinsons Phantasien. Ein nie langweilig werdender, lustvoller Mindfuck, der eigentlich nur einen Wunsch übriglässt: Warum gibt es hier keine Version von „Black Phillip“ mit Tentakeln?

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23 Kommentare
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eli4s : : Moviejones-Fan
04.12.2019 14:51 Uhr | Editiert am 04.12.2019 - 14:54 Uhr
0
Dabei seit: 22.02.12 | Posts: 2.703 | Reviews: 31 | Hüte: 115

@MB80 / Marietrin / alle

So, nun kann ich es sagen: eine tolle Kritik. Insbesondere deine Beobachtungen im Vergleich zu The Witch, haben mich auch angeregt nochmal genauer drüber nachzudenken. Allein das zeigt schon eine unheimliche Qualität des Films. Kein anderer dieses Jahr nagt seit dem Abspann so an mir, wie dieser.

@MB80

SPOILERRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRR - die Funktion will gerade nicht.

dass Wake eigentlich eine Metapher für Winslows Vergangenheit ist, die er zwar überwinden oder zumindest hinter sich lassen will, ohne sich ihr ehrlich zu stellen.

Den Grundgedanken teile ich, finde ich sehr spannend. Ich hatte ebenfalls kurzzeitig die Idee, dass die beiden Figuren eigentlich Versionen von sich selbst zeigen sollen. Hätte es dann eher andersherum gedacht. Wake ist der alte zurückgezogene Seemann, der vor Schuld und was sonst noch aus seinem alten Leben geflohen ist, es aber nie verarbeiten konnte -> dementsprechend taucht Winslow auf und bringt ihn letztlich um.

Aber wie anderswo gesagt, auf der Plotebene, wer jetzt der verrücktere ist und wer nun genau welche Leichen im Keller hat, habe ich letztlich irgendwie in den Hintergrund gestellt und den Film eher als auf der metaphorischen und oder "viszeralen" Ebene angenommen.

Nur zwei Kleinigkeiten überraschen mich:

"interessanterweise kein direkter Horrorfilm"

Ich finde, das war mehr als zu erwarten...

Außerdem kann ich nicht nachvollziehen, warum du es eine Komödie nennst. Auch wenn die ein oder andere absurde Szene zum Schmunzeln einlädt, so ist der Film in meinen Augen niemals eine Komödie.

Ich fand, dass der Film nach hinten raus durchaus noch verrückter hätte werden können. Gerade die tollen assoziativen Montagen hätte ich mir gerne noch mehr gewünscht. Während sich die Figuren weiter und weiter von der Realität entfremden.

@Marietrin

Gerade, weil man sich zwischenzeitlich fragt, was denn nun wirklich passiert und was nicht. Irgendwann habe ich mich dann eigentlich damit abgefunden, dass es darauf eigentlich keine klare Antwort gibt.

Ich habe tatsächlich schon beim Schauen darauf verzichtet, zu sehr in die unzähligen Details zu gehen und habe den Film eher im Gesamten betrachtet und auf mich wirken lassen.

Zudem fand ich es schade, dass der Film einfach nicht mehr aus der unterschwelligen Spannung gemacht hat.

Das ist, wie an anderer Stelle vermerkt, auch so ziemlich mein einziger größerer Kritikpunkt. Ich hatte gerade in der zweiten Hälfte des FIlms das Gefühl, dass man nicht so recht die Leinen loslassen wollte.

Die Eskalation driftete mir auch insgesamt zu sehr ins Abstruse ab.

Dem folgend, war mir die Eskalation fast nicht abstrus genug.

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MB80 : : Black Lodge Su
03.12.2019 21:45 Uhr
1
Dabei seit: 01.06.18 | Posts: 2.919 | Reviews: 44 | Hüte: 261

MarieTrin:

Ich denke, der Film lässt durchaus mehrere Lesearten zu. Was derzeit mein Favorit ist, ist dass Wake eigentlich eine Metapher für Winslows Vergangenheit ist, die er zwar überwinden oder zumindest hinter sich lassen will, ohne sich ihr ehrlich zu stellen. Das würde sich anbieten, da Wake tatsächlich (oder, hat er...?) jemanden umgebracht hat, und Winslow zumindest in seinem Bewusstsein ebenfalls. Da würde dann wunderbar die Szene hineinpassen, in der Wake wie so eine bedrohliche, Poseidon-esque Figur hinter Winslow auftaucht, während sich dieser gerade selber identifiziert hat. Und er selber diagnostiziert ja Winslow, dass er auf der Flucht ist... Inwiefern jetzt die Szene, in der Winslow die Möwe (Wakes letzter Gehilfe) tötet, sowie die ganze Prometheus-Geschichte da rein passen, da bin ich mir gerade allerdings auch unsicher. Es rattert noch im Kopf ;)

"Fanatical legions worshipping at the shrine of my father’s skull."

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MarieTrin : : Mrs. Justice
03.12.2019 03:00 Uhr
0
Dabei seit: 11.09.11 | Posts: 1.907 | Reviews: 27 | Hüte: 46

@eli4s

Ich würde ja sagen: Lass dich doch von mir nicht verunsichern! Interessant ist The Lighthouse auf jeden Fall, ich kann ihn nur nicht einordnen und vll. nicht wertschätzen. Ich bin gespannt auf deine Meinung.

@MB80

Wenn der Film das Gefühl von Isolation und Delirium nicht vermittelt hätte, dann wäre ich außerordentlich enttäuscht gewesen. Das Setting, Schwarz-Weiß, nur zwei Charaktere, das ist doch eine Steilvorlage. Und die Deliriumszenen sind ja auch klasse gemacht, das Spiel mit der Mythologie und das Thema der Meerjungfrau, wie es mehrfach aufgegriffen wird. Gerade, weil man sich zwischenzeitlich fragt, was denn nun wirklich passiert und was nicht. Irgendwann habe ich mich dann eigentlich damit abgefunden, dass es darauf eigentlich keine klare Antwort gibt. Damit bricht aber m.M. nach das Ende. Zudem fand ich es schade, dass der Film einfach nicht mehr aus der unterschwelligen Spannung gemacht hat. Auch die Rückkehr von Dafoe aus seinem halben Grab war absehbar. Die Eskalation driftete mir auch insgesamt zu sehr ins Abstruse ab.

Que la loi soit avec toi!

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MB80 : : Black Lodge Su
02.12.2019 21:32 Uhr
0
Dabei seit: 01.06.18 | Posts: 2.919 | Reviews: 44 | Hüte: 261

eli4s:

"Aber ich schaff es frühestens morgen ins Kino. Also lasst mich alle in Ruhe!!"

Geh einfach rein, du wirst es nicht bereuen wink Kannst mir später noch nen Hut runter hauen...

"Fanatical legions worshipping at the shrine of my father’s skull."

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eli4s : : Moviejones-Fan
02.12.2019 12:43 Uhr
0
Dabei seit: 22.02.12 | Posts: 2.703 | Reviews: 31 | Hüte: 115

Oh man, im einmal schnell rüberscrollen, klingt es nach einer tollen Kritik. Der ein oder andere Kommentar an anderer stelle, MARIETRIN, hat mich schon verunsichert.

Aber ich schaff es frühestens morgen ins Kino. Also lasst mich alle in Ruhe!!

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MB80 : : Black Lodge Su
02.12.2019 07:11 Uhr
1
Dabei seit: 01.06.18 | Posts: 2.919 | Reviews: 44 | Hüte: 261

Luhp92, MarieTrin:

Danke fürs Lesen erstmal ;)

"...aber jetzt kann ich den stellenweise besser einordnen."

Ja, der Film wehrt sich auch fleißig dagegen, in eine Schublade gepackt zu werden. Er ist auf jeden Fall erfolgreich darin, dieses Gefühl der Isolation und des Deliriums zu vermitteln. Womit ich eher noch Probleme habe ist halt, ob die letzte Szene auch verdient ist und so...

"Fanatical legions worshipping at the shrine of my father’s skull."

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MarieTrin : : Mrs. Justice
02.12.2019 02:15 Uhr
0
Dabei seit: 11.09.11 | Posts: 1.907 | Reviews: 27 | Hüte: 46

Ich stimme zu, eine sehr gut geschriebene Kritik, die auch nach Kinogang noch sehr informativ ist. Jedenfalls für mich ^^ Wirklich begeistert von dem Film bin ich immer noch nicht, aber jetzt kann ich den stellenweise besser einordnen.

Ich würde auch deine Empfehlung, den Film in der OV zu schauen, auf jeden Fall unterstreichen und wenn man es nicht mit dem Seemanns Dialekt hat, dann besser mit Untertitel.

Que la loi soit avec toi!

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
01.12.2019 22:53 Uhr
0
Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.409 | Reviews: 180 | Hüte: 635

Schönes Review. Leider läuft der Film bei mir nicht im Kino.

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

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