
Kaum war das Finale von Ms. Marvel gelaufen, eine neue Marvel/Disney+-Serie, welche sich auch im Marketing vorab schon an eher eine jüngere Zielgruppe zu richten schien, entbrannte eine Diskussion über das aktuelle Marvel-TV im Vergleich zu früher, die sich dann auf Comicfilme und -serien generell ausweitete. Was bedeutet denn "jüngere Zielgruppe" heutzutage, und welche Erwartungshaltungen werden geweckt und eventuell auch enttäuscht? Was erwarten wir denn alle insgesamt heutzutage im Kino und TV in dem Bereich?
"Ms. Marvel" Season 1 Trailer 1 (dt.)
Hier der Diskussionsverlauf, wie er fast 1:1 stattfand (und zu diesem Debatten-Special animierte) - ihr dürft die Debatte natürlich gern in den Kommentaren fortführen. Diskutiert haben in der Redaktion vor allem Frank, Steffi und André (in der Reihenfolge ihres Einstiegs in die Diskussion ;-) ), aber nicht nur.
Steffi und Frank haben sich das Finale von Ms. Marvel angeschaut, die Review wurde von Steffi rausgehauen, und dann eröffnete Frank mit seinem ersten Kurzfeedback zum Finale die Diskussion:
Frank: Hallo allerseits^^ Dieses Gif spiegelt nicht nur meine aktuelle Befindlichkeit gut wieder, es ist leider auch Ausdruck meiner Meinung zu Ms. Marvel. Diese sechs Folgen hätte wirklich keiner gebraucht.
Mr. MJ: So schlimm?
Frank: Schlimm ist das falsche Wort. Eher belanglos. Es passiert nicht so wirklich etwas. 3 Folgen hätten ausgereicht, finde ich. Und teilweise erinnert es an eine Serie vom Disney Channel.
Mr. MJ: Bis auf ein wenig bei WandaVision und Loki ist das doch bei allen Marvel-Serien so. Oder? Es darf eben nirgendwo hinführen, somit sind es immer nur Füllelemente. So ist mein Eindruck.
Steffi (reagierend auf Frank): Naja, das finde ich jetzt übertrieben. Ms. Marvel ist nicht ganz so "Wow" wie Loki oder Moon Knight, aber belanglos? Sie führt eine neue Superheldin ein, nicht mehr und nicht weniger. Mitsamt ihrer Welt, Hintergrund, etc.. Das hätte ich nicht in 3 Folgen gequetscht sehen wollen. Sie ist eben eine Teen-Superheldin, das beeinflusst auch den Look und die Themen. Siehe auch DCs Stargirl, da ist es ähnlich.
"Stargirl" Season 1 Trailer 4
Frank: Ich weiß ja, dass die Serie sich eher an Jüngere richten soll. Aber ehrlich gesagt, macht mich diese Aussage mittlerweile eher wütend (nicht nur in diesem Fall). Denn mal ehrlich: Alle Marvel-Serien und Filme richten sich an Jüngere, das ist gemacht für 12-Jährige, was auch ok ist. Aber dann zu sagen: Diese Serie im Speziellen richtet sich an Jüngere. Also noch jüngere? 3-Jährige?
Mein Problem ist: Die Goonies ist ein Kinderfilm. Und ein richtig toller. Vergleicht das mal mit heutigen "Kinderfilmen" oder -Serien. Da müsste man eigentlich im Vergleich den Goonies nachträglich eine FSK 18-Altersfreigabe verpassen. Ich finde das nur noch lächerlich mittlerweile.
Steffi: Naja, jüngere Zielrichtung ist ja gemeint angesichts einer Teen-Superheldin, das ist Loki nicht, Moon Knight nicht, und das sind auch die anderen Superheld:innen der Marvel/Disney+-Serien zuvor nicht. Die Vorherigen sind alle erwachsen und daher auch im Look und den Themen in manchem viel düsterer und härter, und auch erwachsener. Ms. Marvel ist verspielt, bunt, sehr Social Media-lastig - eben passend zu dieser jungen Superheldin... weiter auf Seite 2
Frank: Nee, Steffi, genau das meine ich ja. "Düsterer", "härter", nee, sorry. Das sind ALLES Kinderserien. Genau da liegt mein Problem heutzutage. Wenn jetzt schon so etwas wie Loki als Erwachsenen-Serie angesehen wird, stimmt einfach etwas nicht. Jüngere Zielrichtung heißt nicht, dass etwas nicht düster und härter sein kann. Erneut: Siehe die Goonies. Das hat auch nichts damit zu tun, ob die Protagonisten Kinder oder Erwachsene sind. Star Wars ist auch hauptsächlich für Kinder gemacht, das ist auch teils düster und hart. Das ist dieselbe Alterszielgruppe wie Ms. Marvel!
Steffi: Nee, so manche Szene in Moon Knight wäre viel zu verstörend und hat auch eine entsprechende Warnung, meine ich, bzw. Kindersicherung. Loki wiederum ist natürlich Fun wie Marvel nun einmal eher insgesamt, aber es ist dennoch ein Unterschied, ob du eine Serie für Teenies machst oder nicht, das ist Loki ganz sicher nicht, das ist auch Stranger Things und die Goonies nicht. Bei Ms. Marvel geht es jedoch gezielt um eine junge Superheldin, dass man das mal so aufzieht, liegt nahe. Siehe auch Stargirl oder auch Marvels Runaways.
"Marvels Runaways" Sesaon 1 Trailer 2
Und der Disney Channel? Das ist so etwas wie diese The Descendants-Märchenfilme, wo es um die Söhne/Töchter bekannter Märchenfiguren geht, wo man bei den Kostümen schon Augenkrebs bekommt (jaja, ich übertreibe), wo sie auch singen, das habe ich keine 2 Minuten ertragen.
Frank: Moon Knight mag hier ein Grenzfall sein. Dennoch finde ich, dass heutzutage alles viel zu brav und weich ist, wenn es um Kinder geht. Seit wann geht man davon aus, dass Kinder nichts mehr vertragen? Wieso traut man Kindern nichts mehr zu? Also auch bezüglich Story.
Steffi: Weil es Disney und nicht Netflix ist. Disney traut sich eben nicht so viel, aber erwartet man ja auch eigentlich nicht. Vergleich auch mal ABC mit AMC, HBO und Co., ABC wird niemals so eine düstere Serie abliefern wie andere US-Sender. Entsprechend bekommt man eben Marvel-Märchen und SW-Märchen geliefert - mit ein paar Grenzfällen.
Frank: Es tut mir leid, aber wenn ich mit angucken muss, wie erwachsene Menschen (Achtung kleiner Spoiler) mit Baseball-Bällen auf bewaffnete Truppen werfen, und das der große Kampf im Finale ist, ist bei mir eine Grenze erreicht. Und die gesamte Story davor war leider auch zum Einschlafen. Das spannendste und interessanteste war diese Rückblende ins alte Indien. Da gab es endlich mal eine Story, einen Konflikt, Gefahren, persönliche Schicksale. Diese 20 Minuten waren besser als alles andere davor und danach, was einfach nur sehr traurig ist für diese Serie.
Und ich hätte Ms. Marvel gerne gemocht. Die Serie bietet viel Potenzial auch mal für was Neues. Aber sie machen daraus überhaupt nichts. Alles dümpelt nur vor sich hin. Das, was ich positiv hervorheben möchte, ist die Musik. Die war mal gut, stach aus dem Marvel-Einheitsbrei heraus und unterstützte zudem die Szenen.
Steffi: Ich finde, du siehst das zu streng, aber da sind wir eben verschiedener Meinung. Der Showdown passte so, das ergab sich ja so. Ich hatte Spaß, fand es visuell sehr originell gemacht, mit sympathischen Charakteren, die man ja erstmal kennenlernen musste, alle sind neu - das haben sie weitaus besser gemacht in 6 Folgen als manch andere TV-Serie vor ihr mit mehr Folgen.
Recht gebe ich dir zum Teil aber auch, mir fehlte so etwas wie ein großer "Wow"-Moment wie in den vorherigen Marvel/Disney+-Serien, auch wenn Folge 5 wirklich cool war. Daher würde ich Ms. Marvel beim Ranking der neuen Serien definitiv auch mit ans Ende setzen, aber schlecht ist sie nicht oder belanglos. Und die Musik ist generell sehr gut in den Marvel/Disney+-Serien.
André: Ohne die Serie gesehen zu haben, finde ich es wichtig, dass man mit unterschiedlichen Stilen aufwartet. Natürlich könnte man nun argumentieren, dass das dann ein Köder ist, um jüngere Menschen mit Marvel und Co. vertraut zu machen, aber ich finde es im Sinne der Franchises berechtigt. Man darf gern unterschiedlichere Richtungen bedienen. Ich würde gern bei Marvel auch mal mehr im Stile von Logan sehen. Ein alternder Peter Parker könnte beispielsweise echt spannende Ideen liefern, die sich auch mal an Ü-30er und -40er richten. Das würde mir im Umkehrschluss gefallen.
Denn auf der anderen Seite kann ich mich als Kind noch gut an die recht düstere Batman-Animationsserie und New Spider-Man im Vormittagsprogramm (*ich werde alt*) erinnern. Trotzdem denke ich, dass düster nicht immer gleich erwachsen bedeutet. Das ist ein Argument, dass ich nicht so mag, weil es mich an Videospiele erinnert, wo man oft die Gleichung liest "blutig/brutal = erwachsen".
Man muss doch auch sagen, dass man den Jüngeren früher ähnlich viele unterschiedliche Stile angeboten hat. Frank hat den Disney-Channel angesprochen. Sowas darf es doch auch heute noch geben? Ein Bekannter von mir mag die Serie auch sehr, was zeigt, dass es eine Stilfrage ist. Ich verstehe aber, dass Marvel-Produktionen oft sehr bunt und bekömmlich daherkommen. Das ist auch etwas, das mich stört, weshalb ich mich auch seit der ersten Spidey-Trilogie und Blade nicht mehr zur unmittelbaren Zielgruppe zähle. Ich muss da selbst öfter mal mit den Augen rollen, aber da unterscheidet sich mein Geschmack eben von der Masse... weiter auf Seite 3
Frank: Mir geht es ja nicht explizit um Ms. Marvel. Hier ist es mir nur mal wieder stark aufgefallen, wie kindgerechte Programme heute definiert werden. Ich finde das auch für die Kinder bedenklich, denn gerade Kinder wollen und müssen herausgefordert werden.
Als es hieß, Ms. Marvel wird eine Serie, die sich eher an Jüngere richtet, war ich gespannt. Denn wie ich schon deutlich machte, richten sich nahezu alle Filme und Serien von Marvel meines Erachtens an Jüngere. Wo sollte also hier der große Unterschied liegen? Nachdem ich alle sechs Folgen gesehen habe, offensichtlich darin, Kindern keinerlei Herausforderung mehr zu bieten.
Ms. Marvel lässt sich daher für mich am ehesten als reduzierte, heruntergefahrene Marvel-Serie definieren. Sie hat im Grunde all das, was man kennt, nur eben noch reduzierter, noch einfacher, noch simpler. Halt einfach langweiliger als der Rest. Selbst aus den ganzen Tagträumereien, was visuell echt hätte cool werden können, macht man nichts. Ich sehe hier einfach nicht viel, was mich damals als Kind abgeholt hätte.
André sprach die Batman-Animationsserie an. Da hatte man es als Kind wöchentlich mit Psychopathen zu tun. Auch die Spider-Man-Serie. Oder die X-Men-Serie. Da wurden teils schwere Themen behandelt. Ms. Marvel ist für mich nur ein weiterer Beweis dafür, dass sich das alles in eine völlig falsche Richtung entwickelt.
Steffi: Naja, Animation ging schon aufgrund ihres Formats immer weiter als Realserien, die eben dann auch "echter" wirken bei härteren Sachen. Das Taggeträume wurde in der Premiere von Ms. Marvel schon gut ausgeschöpft, das muss man sich nun auch nicht 6 Folgen lang immer wieder angucken, gerade das fand ich visuell ziemlich cool z.B.. Aber sie kommt ja flott in der Realität als tatsächliche Superheldin an, da ist es vorbei mit Geträume und die echte Action da - mit ihren Fallstricken, die in Tagträumen eben nicht vorkommen. Das ist ja gerade das Thema, Wunsch vs. dann Realität.
Fast bei allen TV-Comicserien wurden die Schurken auch erst Schritt für Schritt finsterer, mit Ausnahme der Netflix-Serien. Das ist auch bei Stargirl oder z.B. Supergirl so, das wird meist erst von Staffel zu Staffel erwachsener - Loki & Co. gehen eben nicht mehr zur Highschool, Kamala schon. Und naja, die Schurkenriege ist so ohne ja nun auch nicht in Ms. Marvel, Stichwort (Achtung Spoiler) Rückkehr mit Gang über die Leichen einer ganzen Welt.
Muss ein Schurke immer irre aussehen wie ein Joker? Ich finde es erfrischend, dass es mal so gestrickt ist wie hier mit finsterer Motivlage ohne schon wieder schrägem Psycholook oder Ähnlichem, das kennt man doch auch alles schon. Als älterer Erwachsener hat man zudem einen anderen Blick, man schaue sich heute mal die originale Flash-Realserie an oder auch Smallville - da würden wir jetzt auch sagen: Kinderkram.
Es kommt ja auch immer auf die Art der Helden an, Batman muss finster sein, die X-Men waren auch nie fröhlich. Ms. Marvel dagegen ist eher eine Art Supergirl-Typ. Siehe auch der Unterschied Arrow vs. The Flash. Wer eher Richtung Batman will, muss halt Moon Knight gucken, oder Doctor Strange und später Blade, wenn es endlich soweit ist. Und apropos Animation - Marvels Hit Monkey ist ziemlich cool... und so gar kein Kinderkram^^.
"Marvels Hit Monkey" Season 1 Trailer 1
Star Wars wiederum richtet sich nicht nur an Kinder, sondern auch an Ü-40er, der Nostalgiefaktor eben, das ist bei Ms. Marvel ganz sicher nicht das Ziel. Da sind schon die Comicvorlagen noch recht neu im Vergleich zu anderen, wie Moon Knight, bei diesem Superheld sind auch die Comics kein Kinderkram (habe reingelesen).
André: Ich finde auf jeden Fall, dass Frank ein paar interessante Bemerkungen zur heutigen Film- und Serienlandschaft getätigt hat. Besonders in Hinblick darauf, dass Kinder auch bei Unterhaltungsformaten (auf moderate Weise) gefördert und gefordert werden wollen, wählt Disney schon verdächtig oft den "sicheren Weg", anstatt auch einmal ungewohnte Kost zu bieten.
Steffi: Naja, wenn man sagt, sowas wie Loki und WandaVision ist doch schon für Kinder, dann ist zum Beispiel gerade WandaVision ein ziemliches Wagnis. Beginnend als Schwarz-Weiß-Marvel-Comedy mit Mystery, die durch die Brüche, die anteasen, dass da mehr hintersteckt, schon für Kids auch einen gewissen Gruselfaktor und für alle Altersklassen einen Spannungsfaktor hat. Das ganze Format der Serie ist eine Herausforderung und ein Wagnis gewesen.
Überhaupt, all die Serien mit nicht den typischen gut bekannten Helden wie Moon Knight und Ms. Marvel oder auch She-Hulk - Die Anwältin als Mix aus Comedy und Anwaltserie sind alles Wagnisse schon im Format und Grundthema, angesichts einer leidenschaftlichen Fanbase durch alle Altersgruppen hindurch, die sich das anschauen. Aber hier würde Disney wohl ähnlich wie bei Star Wars antworten: "Wir decken den Tisch reichlich, man nehme sich, was einem schmeckt." Was einem nicht schmeckt, schmeckt dafür anderen. Disney hat nunmal auch einen gewissen Ruf, warum sollte man sich hier gravierend verändern? Was man von Disney nicht bekommt, bekommt man woanders, dafür weiß man so grob, was man vom Mauskonzern zu erwarten hat.
André: Ich frage mich auch, ob der Anspruch der Herausforderung so allgemeingültig auf heutige Medienangebote für den Kinder- und Jugendsektor gemünzt werden kann. Mir ist es wichtig, dass das Pendel nicht in Extremen verharrt, wenn es um Produktionen für jüngere Menschen geht: Gerade in den jüngeren Altersstufen variieren die Grenzen in Hinblick auf das Zumutbare ziemlich. Deshalb sollte es einfach ein reichhaltiges Angebot für sämtliche Bedürfnisse geben.
Eine Reihe wie Star Wars richtete sich beispielsweise erst im Verlauf an jüngere Menschen. Auch so etwas wie Jurassic Park würde ich da verorten, weil das Schema der Blockbuster seit deren Siegeszug so ziemlich alle Menschen von 0 bis 99 Jahren zur Zielgruppe erklärt hat. Nur weil Erwachsene ihre Kinder für solche Filme mit ins Kino nahmen, sind sie nicht automatisch für genau diese junge Zielgruppe zu verstehen.
Man darf auch nicht vergessen, dass es unter den jungen Menschen auch solche gibt, für die die von euch beschriebenen Szenen aus Ms. Marvel schon purer Thrill sind. Und sind wir mal ehrlich: Über mangelnden Content mit unterschiedlichen Schwerpunkten können sich auch jüngere Menschen wahrlich nicht beschweren.
Steffi: Sehe ich auch so - der voll gedeckte Tisch, wo jeder auswählen kann. Also ich bin noch mit wenigen TV-Programmen aufgewachsen, da war so etwas wie die Der unglaubliche Hulk-Realserie z.B. ein Mega-Highlight. Star Trek ist auch keine Kinderserie, und doch hab ich es als Kind gesehen - so ziemlich jedes Kind wird mal etwas schauen, was sich eigentlich an Ältere richtet und dadurch zusätzlich gefordert.
André: Ich sehe da im Endeffekt nicht den großen Verfall hinsichtlich fordernder oder düsterer Plots, denn wenn ich mich an das Kinderprogramm meiner Kindheit erinnere, denke ich nicht nur an Batman, New Spider-Man oder The Real Ghostbusters, sondern auch an Bibi Blocksberg, Benjamin Blümchen oder Nils Holgersson. Die letztgenannten Beiträge fand ich zwar persönlich nicht so doll, aber die gab es und sie werden bis heute wegen ihrer friedlichen Atmosphären und Botschaften von tausenden Kindern geliebt. Deshalb braucht es dafür ebenso moderne Entsprechungen, wie für die "düsteren" Sachen.
Vielleicht ist das also bei Ms. Marvel der Fall? Ist das wirklich so schlecht? Denn was mir bei der Diskussion noch ein wenig zu kurz kam: Eine junge Heldin darf auch einfach mal nur sympathisch und nett sein. Sie muss bei ihrem ersten Auftritt nicht gleich das ganz große, düstere Drama ereilen oder eine tiefgreifende Wandlung durchmachen. Das zugehörige Marketing von Disney hat mir im Übrigen nie etwas anderes suggeriert, wenn ich ehrlich bin. Und wenn die Serie tatsächlich hoffnungslos belanglos ist: Solche Produktionen kennen wir leider alle auch unter den erwachseneren Formaten der Zunft. ;-)
Na toll: Nachdem ich nun eine solche Brandrede für seichte Kinderserien gehalten habe, verspüre ich nun mächtig Lust auf Doug. kennt das überhaupt noch wer?^^ Weiter auf Seite 4
Steffi: Jepp, und über Vielfalt kann man sich heutzutage echt nicht beklagen. Ms. Marvel will ja auch tatsächlich gar nichts anderes sein als die Origin einer netten, sympathischen Superheldin, ein sich ausgeschlossen fühlender Teenie, der seinen Platz und Sinn in der Welt sucht - der Plot bleibt für jede Teenie-Generation aktuell, auch wenn es Ältere eben schon x-mal so oder so ähnlich gesehen haben.
Man schaue sich auch mal heutzutage insgesamt die Vielfalt nur eines Senders oder Streamers an - dazu gibt es noch das Heimkino der gesamten Film- & Seriengeschichte, das Kino, sowie YouTube und Co.. Erinnert ihr euch an die Kurzserien bzw. kurzen Film-Mehrteiler um Weihnachten herum früher im TV? Miniserien wie Ms. Marvel & Co. sind so etwas übers ganze Jahr verteilt. Und wem Marvel nicht gefällt, der guckt eben Star Wars zum Beispiel oder High School Musical: Das Musical - Die Serie oder sonst was anderes im Angebot. Eine schöne Kinderserie ist zum Beispiel auf Disney+ Die geheime Benedict-Gesellschaft, die auch Erwachsenen gefallen kann.
Frank: Disney und Star Wars ist, denke ich, ein gutes Beispiel. Denn ich meinte explizit die Episoden I bis VI. Davon erschien der letzte Film 2005. Und es waren allesamt Kinderfilme. George Lucas selbst hat oft genug betont, dass seine Zielgruppe die Kinder zwischen ich glaube 9 und 14 Jahre waren. Und gerade die Prequel-Trilogie wurde ja eher dafür kritisiert, eben nicht nostalgisch zu sein. Das Star Wars von Disney dagegen will sich an alle richten und es allen recht machen und dabei vor allem an früher erinnern.
Natürlich gab es auch früher schon sanfte Serien wie Benjamin Blümchen und Co. und solche Serien darf und soll es natürlich auch heute noch geben. Ihr habt vollkommen recht mit dem Einwand, dass es nun mal unterschiedliche Stile gibt und jeder bedient werden möchte.
Den Unterschied, den ich heutzutage sehe, ist folgender: Filme, die für dieselbe Altersgruppe sowohl damals wie heute gemacht werden, wurden selbst vor 20 Jahren noch anders produziert, als es mittlerweile der Fall ist. Filme wie Die Goonies oder auch Die unendliche Geschichte würde man heute gewissen Normen innerhalb Hollywoods anpassen, sodass sie wesentlich verträglicher für alle Altersgruppen wären und auch niemanden schaden. Produzenten würden heute zweimal überlegen, ob man eine Szene, wie Artax im Sumpf aufgrund von Depression versinkt und stirbt, so im Film lässt oder nicht.
Ich habe kürzlich ein Video von Matt Damon gesehen und vielleicht passt dies zu dieser Diskussion. Er erklärt darin, dass die DVD ein wichtiger Teil des Geschäfts gewesen sei. Filme, die man damals gemacht hätte, mussten ihr ganzes Geld nicht zwangsläufig im Kino wieder einspielen. Weil man wusste, dass nach dem Kinolauf die DVD auf den Markt kommen würde und man erneut Geld mit dem Film verdienen würde. Der Fortschritt der Technologie hat dies obsolet gemacht. Als diese Einnahmen weggefallen sind, änderte dies die Art von Film, die man machen konnte.
Damon nennt als Beispiel seinen Film Liberace - Zuviel des Guten ist wundervoll. Er ging damals mit der Idee zum Studio. Der Film sollte ein Budget von 25 Mio. Dollar haben. Das hieße dann nochmal 25 Mio. Dollar für die Werbung zum Film, also insgesamt 50 Mio. Dollar. Läuft er im Kino, muss er die Einnahmen mit den Kinobetreibern teilen. Der Film muss also mindestens 100 Mio. Dollar einnehmen, bevor er überhaupt Profit macht. Und als Einnahmequelle dient seit der Ära des Streamings eben nur noch hauptsächlich das Kino. Für so einen eher speziellen Film ist dies ein sehr großes Risiko. Damon führt weiter aus, dass dieses Risiko mit der Grund ist, warum solche Filme, wie er sie auch in den 90ern öfters gedreht hat, Der Regenmacher zum Beispiel, mittlerweile kaum noch gemacht werden.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass dies auch mit ein Grund ist, warum, zumindest aus meiner Wahrnehmung heraus, Filme und Serien für eher Jüngere heute einfach anders sind, als sie es früher waren. Es muss eben eine gewisse Formel eingehalten werden, um den Gewinn zu maximieren, und gerade Marvel und Disney sind ziemlich gut darin.
Wie seht ihr das alles? Unsere Diskussion fand kein richtiges Ende, ihr könnt sie also gern weiterführen. :-)